Stellungnahme vom 16.04.2012
Der Deutsche Notarverein, der Dachverband der Vereine des hauptberuflichen Notariats in Deutschland, ist im Transparenz-Register der Europäischen Kommission unter der Nummer 4214197228-35 registriert. Wir danken für die Gelegenheit zur Stellungnahme und dürfen uns zum Vorschlag wie folgt äußern.
Man hat in der Vergangenheit zuweilen ein Bedürfnis für eine FE verneint. Der Erfolg der SE hat jedoch gezeigt, dass wir die Parameter, die den Erfolg oder Misserfolg einer Rechtsform determinieren, wohl nur ansatzweise kennen. Gleiches könnte auch bei der FE der Fall sein. Wir stellen die Frage nach einem Bedürfnis für die FE daher noch nicht. Dennoch wagen wir die Prognose, dass insbesondere der Übergang vom Konzessionssystem zum Registrierungssystem die FE zum Erfolgsmodell im Stiftungsrecht machen könnte.
Zur Verdeutlichung unserer Stellungnahme zu einzelnen Artikeln des Vorschlags dürfen wir einige Beispielsfälle voranstellen.
Beispielsfälle:
Mehrere Verbraucherorganisationen in EU-Mitgliedstaaten wollen eine „Europäische Stiftung für Verbraucherschutz (FE)“ gründen. Diese soll Aufgaben wie die Stiftung Warentest in Deutschland übernehmen, insbesondere ein mehrsprachiges Print- und Online-Informationsmagazin für Verbraucher in einem als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu führenden Verlag sowie weitere Publikationen herausgeben. Sie soll wie die Stiftung Warentest Produkte testen, bewerten und in eine Rangfolge bringen. Die Einnahmen aus dem Verlagsgeschäft sollen die Arbeit der Stiftung in hohem Maße tragen.
Die Stiftung soll von einem Kuratorium mit 20 Mitgliedern geführt werden, dem Vertreter aller Gründerorganisationen angehören. Vier Vorstände sollen die Geschäfte der Stiftung führen. Daneben gibt es natürlich weitere Bevollmächtigte wie z. B. für das Online-Banking, für die Buchhaltung sowie Rechts- und Steuerberater etc. Je zwei Vorstände/Direktoren sollen die Stiftung vertreten können. Die Stiftung soll ihren Sitz in Luxemburg haben. Die Geschäfte der Stiftung werden jedoch von einem Büro in Brüssel aus geführt.
Variante:
Zweck der FE ist (alternativ):
a) die ideelle und materielle Förderung von Wohngemeinschaften für Senioren,
b) die Pflege der Kultur der Sinti und Roma,
c) die Wahrung der Werte des christlichen Abendlandes.
Hiervon ausgehend dürfen wir Anmerkungen zu einzelnen Punkten des Verordnungsvorschlags machen (Artikel ohne Gesetzesangabe sind solche des Vorschlags):
1. Begriffsbestimmungen, Art. 2
Der Begriff „Verfügung von Todes wegen“ in Art. 2 Nr. 3 sollte konsistent mit der Erbrechtsverordnung definiert sein. Der Begriff ist hier nicht hinreichend von der donatio mortis causa abgegrenzt.
Außerdem wäre die Aufnahme einer Definition von „gemeinnützig“ sowie „Behörde“ sinnvoll. Die Definition des Gemeinwohls erscheint notwendig im Hinblick auf Art. 5 Nr. 2 Satz 1 („Gemeinwohl im weiteren Sinn“). Dann müsste es nämlich auch ein Gemeinwohl im engeren Sinn geben.
2. Anschrift des Satzungssitzes, Art. 4
Der Begriff „Anschrift des Satzungssitzes“ in Art. 4 Nr. 2 b) ist schief – siehe auch Art. 19 Abs. 1 c).
Hierin liegen zwei Probleme:
- Können bei einer Stiftung Satzungs- und Verwaltungssitz auseinanderfallen? Selbst wenn dies nicht möglich sein sollte (wofür vieles spricht – siehe etwa die Rechtslage bei der SE), sollte es doch möglich sein, dass eine Stiftung innerhalb einer politischen Gemeinde ihre Anschrift wechseln kann, ohne dass gleich die Satzung geändert werden muss. Die Anschrift selbst gehört daher nicht in die Satzung.
- Wünschenswert wäre allerdings auch, dass die Stiftung ihre Anschrift in dem Mitgliedstaat/Land haben muss, in dem sie ihren Satzungssitz hat, also etwa bei einem Satzungssitz Belgien von Brüssel nach Antwerpen umziehen kann, ohne dass die Satzung geändert werden muss.
- Könnte eine Stiftung ihren Satzungssitz in einem Mitgliedsstaat haben und ihren Verwaltungssitz in einem anderen, wären Stiftungen etwa mit verfassungsfeindlichen Zielen nur schwer zu bekämpfen, wie folgendes Beispiel zeigt:
Beispiel:
Die „Werte des christlichen Abendlandes FE“ hat ihren Satzungssitz in einem Mitgliedstaat, in dem die Leugnung des Holocaust nicht verboten ist. Ihren Verwaltungssitz hat sie an wechselnden Orten in Deutschland. Unter dem Deckmantel eines der Kultur des Abendlandes verpflichteten Stiftungszwecks verbreitet die FE in Deutschland, nicht aber im Land ihres Satzungssitzes antisemitisches und antiislamisches Gedankengut.
Am Beispiel einer solchen Stiftung werden die Schwierigkeiten besonders deutlich, die mit der Möglichkeit eines grenzübergreifenden Auseinanderfallens von Satzungs- und Verwaltungssitz im Recht der Personenverbände geschaffen werden. Dagegen besteht weder im Gesellschafts- noch im Vereins- noch im Stiftungsrecht irgendein anerkennenswertes praktisches Bedürfnis für eine solche Möglichkeit.
3. Zweck, Art. 5
Der Gemeinwohlbezug der FE wird nur als Programmsatz vorangestellt, jedoch nicht als Generalklausel für den möglichen Zweck. Zwecke sind vielmehr enumerativ und abschließend aufgezählt, was sich aus Art. 5 Nr. 2 Satz 2 („nur“) ergibt.
Die vorangestellten Beispiele sind mit Blick auf Art. 5 allesamt problematisch:
Problematisch ist zum einen, ob der Produkttest noch unter lit. (p) gefasst werden kann, da es nicht nur um Verbraucherschutz geht, sondern auch um Marketingförderung für die Industrie. Möglicherweise steckt hierin auch ein Teil der Zwecke von lit. (l). In lit. (l) würde es im Übrigen reichen, nur „Wissenschaft und Forschung“ zu formulieren, da beides begriffsnotwendig zur „Innovation“ führt. Das Wort „und“ vor Innovation bedeutet, dass nur innovative Wissenschaft und Forschung förderungsfähig sind. Gibt es aber Innovation auch in den Geisteswissenschaften? Ein Geisteswissenschaftler wird dies vorbehaltlos bejahen, ein Ingenieur möglicherweise verneinen.
Die Förderung der Kultur von Sinti und Roma fällt eventuell unter lit. (a), wenn man unter „Kultur“ (auch) die Kultur einer Minderheit versteht und nicht (nur) die Kultur im Sinne des französischen Begriffs „civilisation“. Hingegen fallen die Sinti und Roma nicht unter lit. (h), wobei man sich ohnehin fragt, warum hier nur „Hilfe“ steht und nicht wie in lit. (j) oder lit. (q) „Hilfe und Schutz“. Gleiches gilt für lit. (i), wo statt „Hilfe und Schutz“ „Schutz und Unterstützung“ formuliert ist. Liegt hierin ein Unterschied und wenn ja welcher?
Die lit. (i), (j) und (q) überschneiden sich ohnehin teilweise und könnten möglicherweise zusammengefasst werden, desgleichen der Begriff „humanitäre Hilfe“ in lit. (f).
Die Förderung der Werte des christlichen Abendlandes könnte eventuell der „Kultur“ dienen, wobei sich die gleichen Probleme stellen: Ist „Leitkultur“ denn „Kultur“ im Sinne des Art. 5? Erst recht würde dies für eine „FE zur Bewahrung des Andenkens des Hauses Habsburg“ gelten. Man könnte auch an lit. (d) denken, möglicherweise auch an lit. (n) („Europäische Verständigung“). Sicher ist dies jedoch alles nicht.
Im Übrigen ist aus dem Katalog der Stiftungszwecke der gesamte Bereich der Religion ausgeklammert. Was sind die Gründe dafür? Religion ist mehr als Kultur, Religion ist Glaube und Offenbarung.
Ohnedies zeigt das Beispiel der „Werte des christlichen Abendlandes FE“ die gefährliche Offenheit der Zwecke für Tarnorganisationen des politischen Extremismus. Hinter den „Werten des christlichen Abendlandes“ lässt sich rechtsradikale Rassenideologie trefflich verbergen. Wie schützt man Europa vor einem derartigen Missbrauch der FE (Rechtsextremismus, islamischer Fundamentalismus, Sekten, kriminelle Vereinigungen usw.)?
Empfehlenswert scheint daher in Art. 5 eine Generalklausel voranzustellen und nur einige wesentliche Zwecke beispielhaft aufzulisten.
Die Frage, ob die jeweiligen Zwecke nach jeweiligem Steuerrecht als förderungsfähig und gemeinnützig anerkannt werden können, sollte man ohnehin, um das Projekt nicht zu gefährden, dem Staat des Satzungssitzes überlassen. Ist festgelegt, dass dort auch der Verwaltungssitz zu sein hat, stellen sich die mit dem Auseinanderfallen verbundenen Probleme (Missbrauchsanfälligkeit) ohnedies nicht. Für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gelten die allgemeinen steuerlichen Vorschriften.
Insgesamt sollte das Verhältnis des Vorschlags zu nationalen Steuerbefreiungsvorschriften („Gemeinnützigkeit“) präzisiert werden. In der jetzigen Fassung des Vorschlags könnte Art. 5 etwa mit den Vorschriften der §§ 51 ff. der deutschen Abgabenordnung kollidieren. „Infrastrukturleistungen für gemeinnützige Organisationen“ (Art. 5 Ziff. 2 lit. s) sind z. B. in § 52 Abs. 2 D-AO nicht aufgeführt.
Klärungsbedürftig ist somit zum einen die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine FE in ihrem Sitzstaat als gemeinnützig anzuerkennen ist, zum anderen aber auch die Frage, ob diese Anerkennung Folgewirkungen für andere Mitgliedstaaten hat, in denen die FE ihre Zwecke verwirklicht (hierzu etwa EuGH v. 14.9.2006, C 386/04, DStR 2006, 1736-1741 = NJW 2006, 3765-3769 – Stauffer). Das betrifft insbesondere auch die zulässigen wirtschaftlichen Tätigkeiten nach Art. 11 des Vorschlags. Steuermotiviertes Sitzstaat-Shopping bei der Errichtung von FE sollte nicht zum europäischen Problem werden. Gerade diese Problematik würde durch ein grenzübergreifendes Auseinanderfallen von Satzungs- und Verwaltungssitz an (unnötiger) Brisanz noch gewinnen.
4. Grenzübergreifender Bezug, Art. 6
Ausweislich Art. 9 Abs. 2 entsteht die FE (richtigerweise) mit „ihrer Eintragung ins Register“. Wie die FE nach Art. 6 Alternative 1 zu diesem Zeitpunkt aber bereits in „mindestens zwei Mitgliedstaaten tätig“ sein soll, ist nicht ersichtlich. Zudem ist die Rechtsfolge der Nichtbeachtung von Art. 6 nicht geregelt (Amtslöschungsverfahren?).
5. Stiftungsvermögen, Art. 7
In der Beratungspraxis wird eine Stiftung eigentlich erst ab einem deutlichen höheren Vermögen empfohlen, da sonst die internen Verwaltungskosten keinen nennenswerten Ertrag zur Verwirklichung der Stiftungszwecke übriglassen. Die Grenze wird bei etwa einer Million Euro liegen. Angesichts dessen ist der Betrag von € 25.000,– in Art. 7 völlig unzureichend. In der Genehmigungspraxis zahlreicher Stiftungsaufsichtsbehörden in Deutschland wird ein Mindestkapital von € 50.000,– für die Genehmigung einer Stiftung verlangt, was auch schon viel zu wenig ist. Sinn macht das nur, wenn kurzfristig ein deutlich höheres Stiftungsvermögen eingeworben werden kann. Erst recht gilt das für eine grenzübergreifend tätige FE.
Es empfiehlt sich, das Stiftungskapital (nicht Vermögen) deutlich heraufzusetzen, wobei jedoch bei Stellung des Antrags auf Eintragung nur ein geringerer Prozentsatz einzuzahlen ist und über den Rest bindende Verpflichtungserklärungen der Stifter vorliegen müssen, die durch die Stiftung notfalls einklagbar sind.
6. Registrierung und ultra vires-Doktrin, Art. 9 und 10
Hier erscheint eine klare Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis notwendig, allein schon im Interesse des Verkehrsschutzes. Die Vertretungsorgane der Stiftung sollten nach außen hin in ihrer Vertretungsmacht unbeschränkt sein. Die Zweckbindung ist eine rein interne Angelegenheit. Auch eine etwaige nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 einschränkende Satzungsbestimmung darf sich nur intern auswirken und nicht vom Rechtsverkehr zu prüfen sein. Gleiches gilt für die zweckmäßigen Geschäfte der Stiftung nach Art. 10 Abs. 2: Steht etwa der Eigentumserwerb einer eigenen Büroeinheit mit dem „gemeinnützigen Zweck“ der „FE zur Pflege und Kultur der Sinti und Roma“ in Einklang?
Art. 9 Satz 2 ist sehr zu begrüßen, wobei Satz 1 und Satz 2 unterschiedliche Nummern bekommen sollten. Eine Reform des deutschen Rechts, wonach auch die deutsche Stiftung registerpflichtig wird und man vom Konzessionssystem zum System der Registrierung übergeht, erscheint überfällig. Die praktische – trotz § 80 Abs. 2 BGB – teilweise noch eher obrigkeitsstaatlich anmutende Handhabung der Genehmigungspraxis in Deutschland wird die Attraktivität der FE in der Beratungspraxis steigern, wenn das nationale Stiftungsrecht nicht modernisiert wird.
7. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, Art. 11
Dem Lösungsansatz in Art. 11 ist zuzugeben, dass hierzulande bisher alle Versuche gescheitert sind, ein Nebenzweckprivileg gesetzlich nachvollziehbar zu regeln. Der schematische Ansatz mag willkürlich erscheinen, zudem sind Umsatzgrößen nicht a priori planbar. Dennoch hat eine solche positivistische Regelung etwas für sich.
Allerdings zeigt etwa das Beispiel der deutschen „Stiftung Warentest“, dass ein Nebenzweck notwendig ist (vgl. auch das Ausgangsbeispiel). Die Herausgabe von Publikationen (Verlagsgeschäft) ist eine echte Wirtschaftstätigkeit. Man erkennt, dass die Zehn-Prozent-Grenze in Art. 11 Abs. 2 rechtstechnisch unbrauchbar ist, da eine Stiftung als solche keinen „Jahresnettoumsatz“ hat. Welche Rechengröße soll damit gemeint sein? Hat eine Stiftung etwa sehr großes Vermögen, das (in der derzeitigen Situation verständlich) dank sicherer Anlagen nur wenig Zinsen abwirft, so ist die Summe der Einnahmen relativ gering. Da ist die Stiftung natürlich darauf angewiesen, sich durch Wirtschaftstätigkeiten ein „Zubrot“ zu verschaffen. Hier wird die Zehn-Prozent-Grenze nicht reichen. Steigen die Zinsen wieder, kann eventuell die Zehn-Prozent-Grenze unterschritten werden, ohne dass sich an den Verhältnissen der Stiftung irgend etwas geändert hat.
Hier sollte man den FE den Ausweg eröffnen, diese Aktivitäten in eine Handelsgesellschaft zu verlagern und klarzustellen, dass das reine Halten und Verwalten von Beteiligungen an wirtschaftlichen Unternehmen nicht unter Artikel 11 fällt. Anders wäre es hingegen, wenn die Stiftung in die operative Unternehmensführung eingreifen würde.
8. Gründung, Art. 12 ff., 22
a) Allgemeines
Generell sollte die Gründung einer Stiftung in zwei Akten erfolgen, nämlich
(1) die Stiftungserrichtung (sei es durch Gründung, sei es durch Verschmelzung oder durch Umwandlung) sowie
(2) die auf entsprechenden Antrag erfolgende Eintragung im Register.
Die Errichtungsurkunde wird als Anlage in den eigentlichen Errichtungsakt mit der Stiftungssatzung gegliedert sein.
Inhalt des Errichtungsakts sollte sein:
- die Erklärung über die Errichtung der Stiftung selbst,
- die Feststellung deren Satzung,
- die Bestellung der Mitglieder der Stiftungsorgane,
- die Vereinbarungen zur Erbringung des Stiftungsvermögens.
Insoweit gehört eine Reihe der in Art. 23 aufgelisteten Angaben bzw. Unterlagen in der Verordnung vorgezogen, nämlich in die Art. 12 und 13.
b) Satzung
Anlage der Errichtungsurkunde ist dann die Satzung mit dem Mindestinhalt nach Art. 19. Auch Art. 19 ist erheblich verbesserungsbedürftig.
Auf Art. 19 Abs. 1 lit. (c) wurde bereits oben eingegangen. Lit. (g) wäre an sich überflüssig, da sich mangels anderweitiger Bestimmung der Inhalt bereits aus Art. 27 ergibt (mind. drei Vorstände). Lit. (i) ist nur dann erforderlich, wenn solche Organe tatsächlich vorgesehen sind. Lit. (j) ist ebenfalls nur dann erforderlich, wenn die Satzung durch andere Organe als durch den Vorstand geändert werden soll, was jedoch offensichtlich nicht zulässig ist. Art. 20 und 24 geben das Verfahren der Satzungsänderung eigentlich bereits vor. Deshalb ist hier unklar, ob es sich um eine „drafting task“ handelt, ähnlich wie im gescheiterten Vorschlag der Verordnung für die SPE und, wenn dies der Fall ist, welche inhaltlichen Grenzen für die satzungsmäßige Ausgestaltung dieses Verfahrens bestehen.
Lit. (m) ist überflüssig, da sich dieses Datum bereits aus der Gründungsurkunde ergibt.
c) Formvorschriften
Die Eintragung der Stiftung in ein Register wird der Akzeptanz und der Verbreitung der FE außerordentlich dienlich sein. Dies gilt vor allem dann, wenn mit der Registereintragung Publizitätswirkungen verbunden wären. Denn dann wären die bisherigen Probleme des Existenz- und Vertretungsnachweises bei Stiftungen rechtssicher gelöst. Bestes Mittel hierzu wäre die Eintragung der FE in ein dem Handelsregister vergleichbares Register bzw. in das Handelsregister selbst. Das wäre auch systematisch konsistent. Ein Stiftungsregister ist nur dann von Wert für den Rechtsverkehr, wenn es den gleichen Grad an Zugänglichkeit, Verlässlichkeit und öffentlichem Glauben aufweist wie das Handelsregister.
Art. 22 sollte daher um folgenden Absatz 4 ergänzt werden:
„4. Für das Register nach Absatz 1 gilt die Richtlinie 2009/101/EG.“
Klärungsbedürftig ist weiterhin das Verhältnis des Gründungsrechts der FE zu nationalstaatlichen Formalitäten, insbesondere Formvorschriften bei Schenkungen an die FE. Dies gilt umso mehr, wenn Grundstücke auf die FE im Zuge der Gründung übertragen werden. In Deutschland betrifft das z. B. die Vorschriften der §§ 311b, 518, 925 BGB, in anderen Ländern etwa die besonderen Formalitäten zur Herstellung der Wirkung inter omnes. Auch hier stellt sich, wie z. B. schon bei Vermächtniserfüllung und Teilungsanordnung in der Erbrechts-VO, das Problem der Abgrenzung des Stiftungsrechts zum Sachenrecht.
Aus dem acquis communautaire kann hier etwa auf Art. 19 Abs. 3 RL 78/855/EWG (Verschmelzungsrichtlinie), Art. 17 Abs. 3 RL 82/891/EWG (Spaltungsrichtlinie) oder Art. 14 Abs. 3 der RL 2005/56/EG (internationale Verschmelzungsrichtlinie) verwiesen werden.
Daher sollte in Art. 19 Abs. 2 vor „der Schriftform“ das Wort „mindestens“, vor „den Formerfordernissen“ das Wort „ansonsten“ eingefügt werden.
9. Satzungsänderung, Art. 20
Die Befugnisse zur Änderung des Zwecks der FE sind außerordentlich unklar. Was ist eine „geeignete, effektive Verwendung des Vermögens“ und wie wird der „Wille des Stifters“ festgestellt.
Beispiel:
Bis in die frühe Neuzeit war in Europa die Lepra verbreitet. Demgemäß gab es zahllose Stiftungen zur Unterstützung von Leprakranken. Dank der modernen Medizin und der verbesserten Hygiene haben sich in Europa deren Stiftungszwecke glücklicherweise erledigt. Unabhängig von der Frage, wann eine Vermögensverwendung „effektiv“ ist und wann nicht (der Erkenntniswert dieses ökonomischen Modeterminus ist ohnehin zweifelhaft), sind zwei Dinge klar:
a. Eine Leprosenstiftung hat jedenfalls bezogen auf Europa keinen Zweck mehr;
b. deren Zweckänderung wird jedoch in aller Regel dem Willen des Stifters widersprechen.
In diesem Fall bliebe also zur Abwicklung der Stiftung keine Alternative. Dies ist misslich. Gleiches könnte, so wäre es zumindest zu hoffen, einer Stiftung zur Förderung der Aidsforschung einmal passieren, nämlich dann, wenn Aids ähnlich vermeidbar ist wie Kinderlähmung.
10. Registerantrag, Art. 23
Soweit nicht oben bereits kommentiert, ist hier auf Folgendes hinzuweisen:
In lit. (e) ii) sind im Register “alle Personen anzugeben, die befugt sind, die FE gegenüber Dritten sowie gerichtlich zu vertreten“. Dies bedeutet (im Ausgangsbeispiel): Beauftragt der geschäftsführende Direktor seinen Buchhalter mit dem electronic banking, so ist dessen Handlungsvollmacht im Register zu verlautbaren. Beauftragt er zur Wahrnehmung der Interessen der Stiftung einen Rechtsanwalt/Steuerberater, so ist auch dieser zu verlautbaren. Dies ist unpraktisch. Verlautbart werden sollten nur organschaftliche, nicht rechtsgeschäftliche Vertreter.
In lit. (f) ist nur allgemein von „Gesamtvertretungsmacht“ die Rede. Damit werden nur zwei Möglichkeiten eröffnet, nämlich
- jedes Mitglied des Vorstands vertritt allein oder
- alle Mitglieder des Vorstands (drei, fünf, neun,…) vertreten jeweils gemeinsam.
Die sinnvolle Lösung des Vier-Augen-Prinzips, nämlich dass von mehreren Mitgliedern des Vorstands jeweils zwei zeichnen, ist nicht vorgesehen.
In lit. (k) ist nicht ganz klar, um welches Strafregister es sich hier handelt. Ist das Strafregister der für den Satzungssitz der Stiftung zuständigen Gerichte maßgebend oder das Strafregister für den Wohnort des betreffenden Organmitglieds oder alle europäischen Strafregister?
Die Zwölf-Wochen-Frist in Art. 23 Nr. 3 ist völlig unmotiviert. Was geschieht, wenn diese abgelaufen ist? Beginnt dann das ganze Verfahren von vorn?
11. Anmeldung von Satzungsänderungen, Art. 24
In Art. 24 Nr. 2 Satz 2 ist unklar, wer eigentlich diesen Nachweis erstellt und inwieweit ein falscher Nachweis mit Haftungsfolgen verknüpft ist.
12. Corporate Governance, Art. 27 ff.
Die Stiftungsorganisation der FE folgt offensichtlich dem monistischen System der SE. Dieses Organisationsmodell erscheint zunächst einmal angemessen. Zur Vermeidung von Missverständnissen wäre es jedoch sinnvoll, anstelle von einem „Vorstand“ wie bei der SE von einem „Verwaltungsrat“ zu reden.
Bei Art. 27 Abs. 2 scheint nicht klar, ob von diesem Grundsatz durch die Satzung abgewichen werden kann (Stichwort „Sonderrechte“). Dies könnte z. B. in Familienstiftungen oder kirchlichen Stiftungen eine praxisrelevante Frage werden.
In Art. 28 Abs. 2 ist die Befugnis zur jederzeitigen Amtsniederlegung vorbehalten. Eine Niederlegung zur Unzeit sollte allerdings nicht zulässig sein.
In Art. 28 Abs. 2 Satz 2 ist vorausgesetzt, dass jedes Vorstandsmitglied, das eindeutig ungeeignet ist, dies auch erkennt und dann sein Amt niederlegt. Was aber, wenn es an seinem Stuhl klebt? Eine Entlassung bedarf einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung („drafting task“). Hier wäre es sowohl ausreichend als auch erforderlich, dem Gremium bzw. der Aufsichtsbehörde das Recht zur Entlassung zu geben und das Verfahren im Einzelnen, jedenfalls was die Aufsichtsbehörde betrifft, dem einzelstaatlichen Recht zu überlassen. Ohnehin taucht in Art. 28 Abs. 3 Satz 2 erstmals das sonst im Entwurf nicht vorkommende Wort „zuständigen Gericht“ auf. Dieses könnte man durch „Behörde“ ersetzen, vorausgesetzt man hat, wie oben vorgeschlagen, Behörde im Definitionskatalog des Art. 2 entsprechend definiert.
Weiter ist eine wirksame Amtsniederlegung gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 lit (a) durch das Vorstandsmitglied im Falle seiner Geschäftsunfähigkeit (Art. 28 Abs. 1) nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen nicht möglich. Auch hier bedarf es einer Zuständigkeit des Vorstandes zur Abberufung.
13. Weitere Organe, Art. 31
Art. 31 sollte nicht die Befugnis zu einem „Aufsichtsrat“ eröffnen (ein solcher ist bei einem monistischen System nicht mehr notwendig), sondern zu einem „Stiftungsbeirat“ oder „Kuratorium“. Es sollte zugleich klargestellt sein, dass bestimmte Zuständigkeiten dem Kuratorium übertragen werden könnten, insbesondere auch die Befugnis zur Änderung der Satzung.
Das Ausgangsbeispiel zeigt, dass mehr Gestaltungsspielraum bei der inneren Verfassung der FE hilfreich wäre.
14. Interessenkonflikt, Art. 32
In Art. 32 Abs. 1 sind die Worte „der ihr Urteilsvermögen beeinflusst“ zu streichen. Zum einen ist die Formulierung unklar und gibt nur Anlass zu Streitigkeiten (haben das am Ende Psychiater zu entscheiden?), zum anderen dürfte jeglicher Interessenkonflikt das Urteilsvermögen beeinflussen, sonst wäre es kein Interessenkonflikt.
15. Vertretung der FE gegenüber Dritten, Art. 33
Wie bereits ausgeführt, sollte zum Schutz des Rechtsverkehrs strikt zwischen Innen- und Außenverhältnis unterschieden werden. Hat der Dritte nach Art. 33 die Weisungsgebundenheit und deren konkreten Inhalt zu prüfen? Die Frage nach dem „Dürfen“ ist eine des Innenverhältnisses. Ist überdies die Vertretung gegenüber Behörden von Art. 33 abgedeckt?
16. Hauptverwaltung, Art. 35
Die Begrifflichkeit (Satzungs- und Verwaltungssitz) geht hier völlig durcheinander. Was ist der Unterschied zwischen Hauptverwaltung und Hauptniederlassung?
17. Beschäftigte, Art. 38
In Art. 38 Nr. 3 wird von „einer formalen ehrenamtlichen Beschäftigung“ gesprochen. Gibt es auch eine materielle Beschäftigung? Ist eine „formale Beschäftigung“ nur die des sprichwörtlichen bereits längst verstorbenen griechischen Beamten, dessen Gehalt weiter gezahlt wird?
18. Beendigung der FE, Art. 40 ff.
Sinnvoll ist, dass das europäische Recht eine Möglichkeit zur Rückumwandlung der Stiftung in eine Rechtsform des nationalen Rechts schafft, sofern das nationale Recht diese Rückumwandlung zulässt. Die Beendigung der Stiftung durch Abwicklung hingegen sollte generell dem nationalen Recht überlassen werden, wie auch die Löschung der Stiftung, etwa wenn sie rechtswidrige, insbesondere verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Diese Befugnis sollte man nicht durch eine europäische Regelung aus der Hand geben.
Beispiel:
Eine „FE zur Förderung der Verbraucherinformation in Finanzfragen“ legt den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Wie kann man diese Stiftung verbieten und auflösen?
Ohnedies erscheint Art. 43 missglückt:
Ist die Zeitdauer der Stiftung abgelaufen (Art. 43 Abs. 1 lit. (b)), so bedarf es keines Abwicklungsbeschlusses mehr, da die Stiftung dann automatisch in das Abwicklungsstadium übertritt. Dann müsste man zumindest regeln, dass der Vorstand bzw. die geschäftsführenden Direktoren als geborene Liquidatoren die Stiftung abwickeln. Zudem sollte vorgesehen werden, dass die Abwicklung (samt den Liquidatoren und deren Vertretungsmacht) und die Löschung der FE nach erfolgter Liquidation zur Eintragung ins Register angemeldet werden muss.
Art. 43 Abs. 2. b) erscheint wegen des Begriffs „fortlaufend“ problematisch. Zum einen stellt sich die Frage, wann ein Verstoß „fortlaufend“ ist. Zum anderen können zwar fortlaufende, aber nur geringfügige Verstöße aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht gleich die Abwicklung begründen. Hier muss es mildere Mittel geben, wie z. B. Ordnungsgelder. Zum dritten: Eine „FE zur Förderung der Werte des christlichen Abendlandes“, die in Wahrheit fortlaufend rechtsradikales Gedankengut verbreitet, wird immer argumentieren, dass das genau diese Werte verkörpert und daher den Satzungszweck verwirklicht. Die in Art. 43 getroffene Regelung reicht daher nicht aus, um Missbräuche wirksam zu bekämpfen.
Zuzugeben ist natürlich, dass Generalklauseln zur Bekämpfung von Missbräuchen staatlicherseits ebenfalls missbraucht werden können. Hier ist aber nicht die FE-Verordnung die richtige Instanz, sondern das europarechtliche Instrumentarium, um Staaten zur Beachtung europäischen Rechts anzuhalten.
Bzgl. Art. 43 Abs. 1 lit (c) sollte klargestellt werden, dass sich ein etwaiges Insolvenzverfahren nach dem anwendbaren einzelstaatlichen Recht richtet.