Stellungnahme vom 10.06.2011
- Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts (Kom (2011) 126 endg.)
- Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Güterrechts eingetragener Lebenspartnerschaften (Kom (2011) 127 endg.)
- Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen Klärung der Vermögensverhältnisse bei internationalen Paaren
(Kom (2011) 125 endg.)
Der Deutsche Notarverein dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme zu den zu 1. und 2 . genannten Verordnungsentwürfen und nimmt diese hiermit gerne wahr.
1. Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts (Kom (2011) 126 endg.) – im Folgenden: EhegüterR-VO
Der Deutsche Notarverein begrüßt ausdrücklich das generelle Anliegen der EhegüterR-VO, den Bürgern der Europäischen Union einen klaren und einheitlichen Rechtsrahmen für die Regelungen ihrer güterrechtlichen Angelegenheiten zu schaffen. Der von der EU-Kommission gewählte Ansatz, zur Erreichung dieses Ziels das nationale Güterkollisionsrecht zu harmonisieren, erscheint uns sachgerecht und vielversprechend.
Die konkret in dem derzeitigen Entwurf vorgesehenen Regelungen bedürfen jedoch noch einer eingehenden Diskussion und „Feinabstimmung“:
a) Art. 1 EhegüterR-VO: Anwendungsbereich
Art. 1 Abs. 3 EhegüterR-VO bedarf insgesamt einer grundlegenden Überarbeitung.
So schließt etwa Art. 1 Abs. 3 lit. c) EhegüterR-VO „unentgeltliche Zuwendungen zwischen Ehegatten“ vom Anwendungsbereich aus. Die (notarielle) Praxis ist jedoch nicht schwarz-weiß (bzw. entgeltlich/unentgeltlich), sondern wird von den Grauschattierungen beherrscht. Es sollte dementsprechend, um nicht offenen Auges Auslegungsschwierigkeiten zu produzieren, klargestellt werden, ob auch gemischte Schenkungen, teilentgeltliche Übertragungen und ehebedingte Zuwendungen von Art. 1 Abs. 3 lit. c) EhegüterR-VO erfasst sind. Gerade im Hinblick auf die sehr weite Definition des Begriffs „ehelicher Güterstand“ in Art. 2 lit. a) EhegüterR-VO bedarf es in Art. 1 Abs. 3 EhegüterR-VO einer präziseren Ausarbeitung des Anwendungsbereichs.
Art. 1 Abs. 3 lit. d) EhegüterR-VO wiederum nimmt „Nachlassansprüche des überlebenden Ehegatten“ vom Anwendungsbereich der Verordnung aus. Wir gehen, dem Wortlaut der Bestimmung folgend, davon aus, dass hiermit das gesamte „Erbrecht“ des überlebenden Ehegatten gemeint sein müsste, auch wenn es sich nach dem jeweiligen nationalen Sachrecht nicht um das gesetzliche oder gewillkürte Ehegattenerbrecht, sondern um Ansprüche aus dem durch Todesfall beendeten Güterstand handelt. Die bislang in der kollisionsrechtlichen Praxis notwendige Qualifikation der Ansprüche als güterrechtlich oder erbrechtlich würde damit entfallen (was für Deutschland die positive Folge hätte, dass nicht zwischen dem güterrechtlich zu qualifizierenden § 1371 BGB und dem erbrechtlich zu qualifizierenden § 1931 BGB unterschieden würde, sondern beide als „Nachlassansprüche“ anzusehen wären). Sollte diese Auffassung zutreffen, regen wir jedoch an, dies im Wortlaut der Verordnung oder in den Erwägungsgründen klarzustellen. Ferner müsste in diesem Fall der Anwendungsbereich der geplanten Erbrechts-VO angepasst werden, weil dieser unseres Erachtens bislang nur die erbrechtlich qualifizierten Ansprüche des Ehegatten umfasst.
Es stellt sich ferner die Frage, ob vom Anwendungsbereich der Verordnung nicht auch solche Ansprüche Dritter ausgenommen werden sollten, die sich (ebenfalls) aus einer güterrechtlichen Vereinbarung ergeben (wie Pflichtteilsansprüche oder Noterbrechte naher Angehöriger; vgl. etwa die Vereinbarung einer allgemeinen Gütergemeinschaft – communauté universelle – mit Zuweisung des Gesamtgutes an einen Ehegatten im Todesfall – clause d’attribution de la totalité de la communauté – nach französischem Recht).
Insgesamt ist zu konstatieren, dass die komplexe Verzahnung des Güter- und des Erb(kollisions)rechts (insbesondere, aber nicht nur, im deutschen Recht – vgl. nur § 1371 BGB) durch die bloße Erwähnung etwaiger „Nachlassansprüche“ in Art. 1 Abs. 3 lit. d) EhegüterR-VO nicht zufriedenstellend gelöst werden kann. An dieser Stelle ist vielmehr eine klare und ausdifferenzierte Abgrenzung erforderlich. Vor allem sollte ein „ganzheitliches“ Vorgehen gewählt werden, d. h. es sollte eine enge Abstimmung der vorliegenden Verordnung(en) mit der ebenfalls im europäischen Gesetzgebungsverfahren befindlichen ErbrechtsVO vorgenommen werden (KOM 2009/154 endg.; vgl. hierzu die Stellungnahme des Deutschen Notarvereins vom 19. Januar 2010 (abrufbar unter www.dnotv.de à Dokumente à Stellungnahmen à 2010), dort unter „7. Abgrenzungsfragen“, „a) Familienrecht“, S. 4 f.).
Art. 1 Abs. 3 lit. e) EhegüterR-VO möchte überdies verhindern, dass „Ehegattengesellschaften“ von der Verordnung erfasst werden. Dieses Anliegen ist im Grundsatz sinnvoll, um den Anwendungsbereich der Verordnung klar zu konturieren. Andernfalls kommt man in schwierige Abgrenzungsprobleme, da man bei schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen Ehegatten danach differenzieren müsste, ob diese einem Drittvergleich standhalten (vergleichbar dem „arm’s-length-Prinzip“ im Gesellschafts- und Konzernsteuerrecht). Denn wann liegt z.B. eine „Ehegattengesellschaft“ vor, wann eine Gesellschaft wie unter fremden Dritten (etwa: die Praxisgemeinschaft eines Arztehepaars oder eine GbR zur reinen Vermögensanlage ohne Sonderregelung für die Scheidung)? Im deutschen Familienrecht bestehen jedoch vielfache Wechselwirkungen zwischen dem Ehegüterrecht und anderen (familien-)rechtlichen Rechtsinstituten, wie etwa der Ehegatteninnengesellschaft, dem Gesamtschuldnerausgleich oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage. Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung diese Gestaltungen einmal der Inhalts- und Ausübungskontrolle von Eheverträgen unterwerfen wird. Auch das französische Recht könnte solche Gestaltungen als Umgehungen der Pflicht zur „homologation“ (gerichtlichen Genehmigung) nach Eheschließung getroffener güterrechtlicher Vereinbarungen werten. Nicht zuletzt aus diesem Grunde hat das neue FamFG das sog. Große Familiengericht etabliert (§ 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG). Es erscheint möglich, dass die Rechtsprechung daher auch ohne ausdrückliche Regelung in der Verordnung an das Gesellschaftsstatut einer Ehegattengesellschaft nicht gesondert anknüpfen wird.
Von besonderer Relevanz ist auch die scharfe Abgrenzung und Trennung von familien- und sachenrechtlichen Vermögensübertragungen (vgl. zu der entsprechenden Problematik bei der vorgenannten Erbrechts-VO die Stellungnahme des DNotV vom 19. Januar 2010, dort unter „7. Abgrenzungsfragen“, „b) Sachenrecht“, S. 5 f.). Hier erscheint Art. 1 Abs. 3 lit. f) EhegüterR-VO insgesamt verunglückt. Richtigerweise bestimmt das Güterrecht, ob es aufgrund der Eheschließung, eines Ehevertrages oder der Beendigung der Ehe zu einer Änderung der dinglichen Rechtszuordnung kommt (mithin den Rechtsgrund einer etwaigen dinglichen Rechtsänderung). Wie sich dieser Übergang dann in concreto vollzieht, ob also z. B. eine Auflassung oder Eintragung im Grundstücksregister erforderlich ist, bestimmt ausschließlich das Sachenrecht mit seiner Anknüpfung an die lex rei sitae. Nur eine solche (zweistufige) Differenzierung sichert die Anknüpfung von Erwerbsvorgängen an die jeweiligen nationalen und tief in den Rechtsordnungen verwurzelten Strukturen, angefangen vom numerus clausus der Sachenrechte über die sachenrechtlichen Erwerbstatbestände und das Vollstreckungsrecht bis hin zur konstitutiven Eintragung von Rechten in öffentlichen Registern (vgl. die oben genannte Stellungnahme des DNotV zur Erbrechts-VO, S. 5).
All dies kommt in der Verordnung nicht hinreichend zum Ausdruck. Allein die Erwähnung der „Art der dinglichen Rechte“ ist nicht ausreichend. Es bedarf eines allgemeinen Vorbehalts für das Recht am Belegenheitsort (lex rei sitae), um eine Umgehung zwingender sachenrechtlicher Bestimmungen des Staates, in dem Vermögen der Ehegatten belegen ist, zu verhindern. Es muss verhindert werden, dass mit der Anwendung ausländischen Ehegüterrechts Eigentumsübergänge verbunden werden, die in dieser Form im deutschen Sachenrecht nicht vorgesehen sind und insbesondere in deutschen Grundbüchern nicht abgebildet werden. Sonst drohte eine Aushöhlung des numerus clausus der Sachenrechte und der dinglichen Erwerbsvorgänge sowie eine Schwächung der öffentlichen Register (insbesondere des deutschen Grundbuches und dessen Gutglaubenswirkung). Dieser Konflikt ist freilich grundsätzlich angelegt, weil die Verordnung sich nach Art. 15 (vgl. auch Ziffer 5.3. der Begründung) gegen eine Rechtsspaltung entschieden hat und das gesamte Vermögen demselben Recht unterwerfen möchte (vgl. hierzu die folgenden Erwägungen zu Art. 15 EhegüterR-VO).
b) Art. 2 EhegüterR-VO: Begriffsbestimmungen
Der Wortlaut des Art. 2 lit. a) EhegüterR-VO, der als eheliches Güterrecht
„sämtliche vermögensrechtlichen Regelungen, die im Verhältnis der Ehegatten untereinander sowie zwischen ihnen und Dritten gelten“
definiert, geht weit über das hinaus, was man in der bisherigen IPR-Praxis als „güterrechtlich“ qualifiziert. Er würde damit z. B. auch sämtliche vertragliche Beziehungen der Ehegatten umfassen, sofern diese nicht nach Art. 1 Abs. 3 lit. c) und lit. e) EhegüterR-VO vorrangig vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sind. Insofern wiederholen wir unsere obige Anmerkung, dass Art. 1 Abs. 3 EhegüterR-VO deutlich umfassender und präziser gefasst werden muss, wenn man typische güterrechtliche Fragen von den vertraglichen Ehegattenbeziehungen trennen will. Alternativ sollte – was uns vorzugswürdiger erscheint – eine Definition gesucht werden, die sich enger am traditionellen Verständnis des Begriffs „Güterrecht“ orientiert.
Nicht ausdrücklich geregelt ist das Institut des Versorgungsausgleichs. Während Unterhaltspflichten in Art. 1 Abs. 3 lit. b) EhegüterR-VO ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen wurden, ist dies beim Versorgungsausgleich nicht der Fall. Dieser könnte sonst durchaus als „vermögensrechtliche Regelung“ im Sinne des Art. 2 lit. a) EhegüterR-VO verstanden werden. Insoweit wäre eine Klarstellung sinnvoll.
c) Art. 4 und 5 EhegüterR-VO: Gerichtsstandsvereinbarungen
Gerichtsstandsvereinbarungen können die Ehegatten insoweit schließen, als sie
(1) das Scheidungsgericht auch mit den güterrechtlichen Fragen befassen können (Art. 4 EhegüterR-VO) und
(2) das Gericht des Mitgliedstaates, dessen Recht sie nach Art. 16 und 18 EhegüterR-VO gewählt haben, vereinbaren (vgl. Art. 5 Abs. 2 EhegüterR-VO).
Ansonsten richtet sich die Gerichtszuständigkeit nach Art. 5 Abs. 1 EhegüterR-VO. Die dort aufgestellten Kriterien decken sich jedoch nicht mit den Anknüpfungsregeln des Art. 17 EhegüterR-VO. Es sind daher Fälle denkbar, in denen das Gericht eines Mitgliedstaates zuständig ist, dessen Recht für die hier relevanten Fragen gar nicht zur Anwendung gelangt, weil die Anknüpfungen in Art. 5 und 17 EhegüterR-VO unterschiedlich sind – und sei es nur wegen der unterschiedlichen zeitlichen Anknüpfungspunkte. Das (deutsche) Gericht müsste damit (erneut, vgl. insoweit §§ 98, 343 FamFG) über „fremdes“ (Ehegüter-)Recht entscheiden. Es sollte vor diesem Hintergrund darüber nachgedacht werden, den Ehegatten die Möglichkeit zu eröffnen, die Zuständigkeit der Gerichte desjenigen Mitgliedstaates zu wählen, dessen Recht nach Art. 17 EhegüterR-VO zur Anwendung gelangt.
d) Art. 15 EhegüterR-VO: Einheit des anzuwendenden Rechts
Die vorgesehene, in Art. 15 EhegüterR-VO statuierte „Einheit des anzuwendenden Rechts“ weicht von der derzeitigen Rechtslage in Deutschland in nicht unerheblichem Maße ab. Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB ermöglicht es den Beteiligten (ausschließlich) für unbewegliches Vermögen das Recht des Lageortes zu wählen (lex rei sitae). Ob diese Entscheidung sinnvoll ist, ist nicht leicht zu beantworten und auch in den Gremien des Deutschen Notarvereins kontrovers diskutiert worden.
Ausgangspunkt für eine Rechtswahl in der notariellen Praxis ist neben dem Ehevertrag auch die Situation des Grundstückserwerbs. Hier befinden sich die Beteiligten (im Gegensatz zur Ehevertragssituation) häufig unter einem nicht unerheblichen Zeitdruck. Der Verkäufer möchte verkaufen, der Käufer möchte Kaufen, und nur der Notare möchte vielleicht sogar einen rechtlich einwandfreien Vertrag. Hierin liegt ein Zielkonflikt. Denn in der Urkunde ist ein Berechtigungsverhältnis der Erwerber anzugeben (§ 47 GBO). Der Notar ist dementsprechend dazu verpflichtet, für diese Zwecke das anwendbare Güterrecht (etwa für die Frage, ob ein Ehegatte allein erwerben kann) zu prüfen. Alles andere als selten
– lässt sich das anwendbare Güterrecht jedoch nur mit zeitlicher Verzögerung feststellen (etwa durch ein Gutachten des Deutschen Notarinstituts), was insbesondere bei zeitkritischen Kaufverträgen bei den Beteiligten auf Unverständnis trifft,
– kann der Notar wegen tatsächlicher oder rechtlicher Unwägbarkeiten (etwa: Liegt ein gewöhnlicher Aufenthalt vor?) gar keine endgültige Aussage zu dem anwendbaren Güterrecht abgeben,
– sind die Beteiligten zwar mit den rechtlichen Auswirkungen ihres Güterstandes auf den Kaufvertrag nicht einverstanden (insbesondere in dem oben angegebenen Fall, dass ein Erwerb der Immobilie durch einen Ehegatten allein angestrebt wird, dies jedoch nach dem ausländischen Güterstand nicht möglich ist), scheuen sich jedoch aus unterschiedlichen Gründen, ihren Güterstand in seiner Gesamtheit qua Rechtswahl einer anderen Rechtsordnung zu unterstellen.
Auf der anderen Seite steht der Verkäufer, der auch nicht allzu lange zuwarten will, zumal oft noch andere Interessenten vorhanden sind.
In diesen Situationen hilft die gegenständlich beschränkte (d. h. auf das konkrete Grundstück bzw. auf in Deutschland belegenen Grundbesitz bezogene) Rechtswahl. Sie vermeidet eine vorschnelle und zu weitgehende Festlegung der Beteiligten.
Gewichtiger Nachteil der gegenständlich beschränkten Rechtswahl ist, dass durch eine solche „isolierte“, gegenständlich beschränkte Güterstandswahl eine wenig wünschenswerte Güterrechtsspaltung hervorgerufen wird. Insbesondere wenn die Beteiligten später weiteren Grundbesitz erwerben, besteht die Gefahr, dass die Erwerber bei dem diesen Vertrag beurkundenden Notar eine andere Rechtswahl wünschen und es unerkannt zu einem Wechsel des Güterrechtsstatuts kommt. Typischerweise erinnern sich die Beteiligten an eine als letzte Ziffer eines Kaufvertrags vereinbarte Rechtswahl nur schwer, oder haben sie oft ganz vergessen. Probleme kann die gegenständlich beschränkte Rechtswahl auch dann aufwerfen, wenn die Beteiligten das gegenständliche Grundstück wieder veräußern. Denn welchem Güterrechtsstatut unterliegt dann das Surrogat? Hier kommt es zur güterrechtlichen Auseinandersetzung „durch die Hintertür“.
Die gegenständlich beschränkte Rechtswahl hat also durchaus „Nebenwirkungen“. Allerdings gibt es dieses Gestaltungsmittel seit bereits 25 Jahren. Güterrechtssachen, denen eine „verunglückte“ gegenständlich beschränkte Rechtswahl zugrunde liegt, sind – vorsichtig ausgedrückt – eher selten. Offenbar geht die notarielle Praxis mit dem Instrument verantwortungsvoll um.
Wir beobachten, dass die gegenständlich beschränkte Rechtswahl typisch für den Grundstückskauf ist, während im Ehevertrag zumeist eine einheitliche vollumfängliche Rechtswahl vorgenommen wird. Beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen hat man ohnedies zu Letzterem keine Alternative (und dort kommt die notarielle Praxis damit auch zurecht).
Nachteil der Lösung des Verordnungsentwurfs wäre, dass die Beteiligten nun, insbesondere in der vorgenannten dritten Konstellation, eine – im Zweifel nicht gewollte – vollumfängliche Rechtswahl vornehmen und ihr gesamtes Güterrecht einer (zumindest für einen Beteiligten) fremden Rechtsordnung unterstellen müssten. Um seinen diesbezüglichen Amtspflichten zu genügen, wird der Notar eingehende Vorbesprechungen und Beratungen durchführen, die Auswirkungen der Rechtswahl auf sämtliche güterrechtlichen Beziehungen zwischen den Eheleuten prüfen und die Ehegatten hierüber beraten und belehren (vgl. § 17 BeurkG, wobei § 17 Abs. 3 BNotO im Hinblick auf die Prüfung des ausländischen materiellen Rechts zu beachten ist). Dies führt nicht zuletzt auch zu einer Verzögerung und Verkomplizierung des nur mittelbar betroffenen Immobilienerwerbs, möglicherweise dazu, dass diese an einen anderen Käufer veräußert wird. Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass einzelne Rechtsordnungen für die (nachträgliche) Rechtswahl des Güterstandes besondere Förmlichkeiten vorsehen (etwa Genehmigungserfordernisse im französischen Recht), sofern diese, was regelmäßig der Fall sein sollte, zu einem Güterstandswechsel führt. Dies stellt für die vorgenannte „vollumfängliche“ Rechtswahl ein weiteres Erschwernis (nebst entsprechender zeitlicher Verzögerung) mit einer nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit dar. Diese Aspekte sollten bedacht werden, bevor es – über den „Umweg“ der EhegüterR-VO – zu einer Streichung der Möglichkeit einer gegenständlich beschränkten Rechtswahl kommt. Eine Befragung der grundbuch- und der familiengerichtlichen Praxis könnte sich anbieten.
Im Ergebnis könnte das Notariat sowohl mit der einen als auch mit der anderen Lösung leben. Den Nachteil haben die Ehepaare, deren Chancen, bei konkurrierenden Käufern eines Grundstückskaufs „das Rennen zu machen“, wegen güterrechtlicher „handicaps“ sinken.
e) Art. 16 EhegüterR-VO: Rechtswahl
Der EU-Kommission ist zuzustimmen, dass es vermieden werden sollte, dass die Eheleute ein Recht wählen, das „mit der realen Lebenssituation oder der Lebensplanung des Ehepaares nichts zu tun hat“ (S. 8 der Begründung). Insofern überrascht es jedoch, dass nach Art. 16 lit. b) EhegüterR-VO bei einer Rechtswahl vor der Eheschließung auch das Recht gewählt werden kann, in dem einer oder beide Ehegatten zur Zeit der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Häufig planen die Ehegatten bereits zu diesem Zeitpunkt der (vorehelichen) Rechtswahl, noch vor oder unmittelbar nach der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einen anderen Staat zu verlegen und dort ihren gemeinsamen ersten ehelichen Aufenthalt zu nehmen (vgl. Art. 16 lit. a) EhegüterR-VO). Durch die Anknüpfung an einen solchen vorehelichen gewöhnlichen Aufenthalt eines (künftigen) Ehegatten kommt damit durchaus die Wahl einer Rechtsordnung in Betracht, die mit der realen Lebenssituation oder der Lebensplanung des Ehepaares nichts zu tun hat.
Beispiel:
Ein deutscher Rechtsreferendar mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland möchte eine Schwedin heiraten, wenn diese ihren Studienaufenthalt in England beendet hat. Danach wollen beide nach Spanien ziehen, da sie dort beide einen Arbeitsplatz gefunden haben. Vor der Eheschließung wollen sie einen Ehevertrag schließen und, weil sie in Spanien bleiben wollen, spanisches Güterrecht wählen.
Unterstellt, die Schwedin hat in England ihren gewöhnlichen Aufenthalt, so können die Verlobten nach Art. 16 lit c) EhegüterR-VO deutsches oder schwedisches Güterrecht, nach lit b) deutsches oder englisches Recht wählen. Die Wahl spanischen Rechts kann nur nach Art. 18 Satz 2 lit a) EhegüterR-VO nachträglich erfolgen. Für die mögliche Wahl englischen Rechts besteht mangels Bezug aber gar kein Bedürfnis.
f) Art. 17 EhegüterR-VO: Mangels Rechtswahl anzuwendendes Recht
Die (primäre) Anknüpfung an den nach der Eheschließung gewählten ersten gemeinsamen Aufenthalt (statt, wie im deutschen Kollisionsrecht, die primäre Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit) bedeutete, dass auch für zwei deutsche Staatsbürger, die bei der Hochzeit einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatten (etwa, weil einer der Eheleute dort eine berufliche Tätigkeit aufgenommen hat und der andere Ehepartner ihm nachfolgt), das dortige Ehegüterrecht gilt. Wenn z. B. ein deutscher Rechtsanwalt einer internationalen Wirtschaftskanzlei zu Ausbildungszwecken nach London zieht und kurz zuvor seine ebenfalls deutsche Freundin heiratet, die ihn hierhin begleitet, müsste nach Art. 17 Abs. 1 lit. b) EhegüterR-VO englisches Güterrecht für ihre Ehe gelten. Es ist zu bezweifeln, dass den Beteiligten diese Rechtsfolge bewusst ist, geschweige denn, ob dies von ihnen gewollt ist. Zur Klarstellung: Selbst ein „Rückumzug“ nach Deutschland führt nicht zu einer Änderung des anwendbaren Güterrechts. Die Ehegatten müssten vielmehr deutsches Ehegüterrecht nach Art. 18 EhegüterR-VO wählen (was wiederum voraussetzte, dass ihnen diese Problematik überhaupt bewusst ist). Eine unreflektierte Parallelwertung zu der vorgenannten ErbrechtsVO (dortiger Art. 16), bei der ebenfalls maßgeblich auf den gewöhnlichen Aufenthalt abgestellt wird, kann nicht vorgenommen werden, da im Rahmen der EhegüterR-VO nicht (nur) auf eine Person – den Erblasser -, sondern zwingend auf zwei Beteiligte abzustellen ist (also eher eine dem Art. 18 ErbrechtsVO vergleichbare Rechtslage vorliegt). Außerdem ist im Erbrecht der gewöhnliche Aufenthalt im Todeszeitpunkt typischerweise Ausdruck einer zuvor bestehenden längeren Verbundenheit mit dem bisherigen Wohnortstaat. Im Eherecht gilt dies nicht, denn das Güterrecht wird zu Beginn der Ehe unveränderlich festgelegt. Dies ist aber ein Zeitpunkt, zu dem viele Ehegatten noch ohne familiäre Bindung durch Kinder o. Ä. und – vor allem bei Akademikern – in einer beruflichen „Startphase“ in einer zunehmend globalisierten Welt internationale Erfahrungen sammeln, ohne dass dies ein Indiz für eine längerfristige Verbundenheit mit diesen Rechtsordnungen darstellt. Es ist daher davon auszugehen, dass zwei Eheleute, die dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen, für die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe eher von der Geltung ihres „gemeinsamen Heimatrechts“ ausgehen werden – auch wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben. Der Deutsche Notarverein regt daher an, die Zweckmäßigkeit dieser Anknüpfungsleiter noch einmal zu prüfen.
Art. 17 Abs. 1 lit. a) EhegüterR-VO stellt ferner auf den „ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der künftigen Ehegatten“ ab, ohne dies zeitlich zu begrenzen. Dies würde in unserem obigen Beispiel bedeuten, dass das Recht von England auch gilt, wenn die Ehefrau erst ein Jahr nach der Eheschließung von Deutschland nach England umzieht. Nur: Welches Recht gilt dann für die Zwischenzeit? Das Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit nach Art. 17 Abs. 1 lit. b) EhegüterR-VO, das dann aber nachträglich von Art. 17 Abs. 1 lit. a) EhegüterR-VO abgelöst wird? Dies würde aber dem auch von dem VO-Entwurf verfolgten Grundsatz der Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatus widersprechen. Art. 17 Abs. 1 lit. a) EhegüterR-VO müsste also zumindest so ergänzt werden, dass der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt bei der Eheschließung vorliegt oder zumindest unmittelbar im Anschluss daran erlangt wird.
Überdies ist es zwar grundsätzlich zu begrüßen, dass die Anknüpfung in Art. 17 Abs. 1 lit. a) und lit. b) EhegüterR-VO unwandelbar („zum Zeitpunkt der Eheschließung“) erfolgt. Dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 1 lit. c) EhegüterR-VO ist allerdings nicht zu entnehmen, ob dies auch für diese (Hilfs-)Anknüpfung gelten soll. Wenn auch hier – was aus Gründen der Rechtssicherheit sinnvoll wäre – unwandelbar angeknüpft werden soll, sollte dies auch eindeutig zum Ausdruck kommen, etwa, indem man auch hier den Zeitpunkt der Eheschließung für maßgeblich erklärt (wie in Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB). Der explizit erwähnte Ort der Eheschließung scheint demgegenüber kein allgemein verlässliches Kriterium zu sein, um eine „engste Verbindung“ zu begründen. Schließlich haben sich schon heute ganze Geschäftszweige darauf verlegt, sog. Traumhochzeiten beispielsweise in der Karibik oder an anderen exotischen Orten zu organisieren. Ähnlich bedeutungslos ist der Ort der Eheschließung in den Fällen, in denen die Ehegatten die Beachtung strenger Formalia vermeiden wollen, z. B. durch eine Eheschließung in Las Vegas. Schließlich gibt es zahlreiche Ehepaare, die ihre Heirat aus Verbundenheit mit der Familie oder ähnlichen Gründen am „Heimatort“ eines Ehegatten abhalten, auch wenn dieser schon lange nicht ihr eigener Wohnort ist. Auch Staatsgrenzen spielen dabei heutzutage zum Glück keine Rolle mehr.
g) Art. 18 EhegüterR-VO: Wechsel des anzuwendenden Rechts
Das Verhältnis zwischen Art. 16 und Art. 18 EhegüterR-VO erscheint klärungsbedürftig. So spricht bereits Art. 16 EhegüterR-VO von den „Ehegatten und künftigen Ehegatten“, setzt also bereits per definitionem die Möglichkeit einer Rechtswahl nach der Eheschließung voraus. Dann müssten aber auch an dieser Stelle die einschränkenden Regelungen des Art. 18 Abs. 2 und 3 EhegüterR-VO aufgenommen werden. Vor diesem Hintergrund ist ein durch Art. 18 EhegüterR-VO generierter Mehrwert nicht erkennbar. Die Bestimmung verwirrt mehr, als dass sie Klärung schafft. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Art. 18 Abs. 1 EhegüterR-VO von den Rechtswahlmöglichkeiten des Art. 16 Abs. 1 EhegüterR-VO abweicht.
Wie erläutert, sehen einige Rechtsordnungen in bestimmten Fällen für eine Änderung des gesetzlichen Güterstandes qua Rechtswahl nach Eheschließung weitere Voraussetzungen vor wie etwa Wartefristen oder gerichtliche Genehmigungserfordernisse. Diese Besonderheiten sollten in der EhegüterR-VO entsprechend abgebildet werden. Dies könnte etwa dergestalt erfolgen, dass eine Klarstellung (z. B. durch die Worte „ohne zusätzliche Voraussetzungen“) aufgenommen wird, dass solche zusätzlichen Voraussetzungen bei einem bloßen Wechsel des Güterrechtsstatutes nicht zu beachten sind (so etwa auch die h. M. in Frankreich zur dort wegen der Geltung des Haager Ehegüterrechtsabkommens vom 14. März 1978 vergleichbaren Rechtslage).
Im Rahmen des bereits vorerwähnten Art. 18 Satz 3 EhegüterR-VO (Rückwirkungsoption) ist zunächst hervorzuheben, dass es zwar denkbar sein mag, dass die Anpassungs- und Durchsetzungsinteressen, die zu der konkreten Rechtswahl geführt haben, sich auf das gesamte Vermögen beziehen. Solche Interessen beziehen sich dann jedoch auf das Sachrecht, nicht hingegen auf den kollisionsrechtlichen Tatbestand (Kemp, Grenzen der Rechtswahl im internationalen Ehegüter- und Erbrecht (1999), S. 88). Um den Effekt einer „Rückwirkung“ zu erzielen, sollten daher auf Sachrechtsebene – etwa durch eine entsprechende ehevertragliche Gestaltung – Vorkehrungen getroffen werden. Systematisch ist hiervon die nur ex nunc wirkende kollisionsrechtliche Rechtswahl zu unterscheiden. Dies bedeutet zum Beispiel, dass bei einem Übergang von einer Rechtsordnung, die ein eheliches Gesamtgut vorsieht, zur deutschen Zugewinngemeinschaft, dass zur Erzielung des Rückwirkungseffektes die „alte“ Gemeinschaft durch sachrechtlichen Auseinandersetzungsvertrag abgewickelt werden und alsdann durch gezielte ehevertragliche Vereinbarungen festgelegt werden muss, welche Vermögensgegenstände im Sinne des § 1374 BGB zählen sollen (Kemp, a. a. O.). Die derzeit in Art. 18 Abs. 2, 2. HS. EhegüterR-VO vorgesehene fakultative Rückwirkung einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl ist dementsprechend abzulehnen.
Sofern gleichwohl eine Rückwirkung zugelassen wird, sollte berücksichtigt werden, dass durch die Änderung des Güterrechtsstatuts und die damit einhergehende Änderung des bisherigen Güterstandes unter Umständen eine Abwicklung des bisherigen Güterstandes erforderlich ist. Denkbar ist, dass diese Abwicklung nach dem neuen Recht gar nicht – oder nur beschränkt – möglich ist, etwa, weil dieses den bisherigen Güterstand nicht (aner-)kennt und daher hierfür keine Regelungen enthält. Die Möglichkeit, die Wirkungen des Güterrechtswechsels rückwirkend eintreten zu lassen, geht dann insoweit ins Leere. Es wäre deshalb sinnvoll, den Ehegatten die Möglichkeit zu eröffnen, die Wirkungen „ganz oder teilweise“ rückwirkend eintreten zu lassen. Der Schutz Dritter wäre in jedem Fall über Art. 18 Abs. 3 EhegüterR-VO gewahrt.
h) Art. 19 EhegüterR-VO: Formvorschriften für die Rechtswahl
Auch die Bestimmung zu den „Formvorschriften für die Rechtswahl“, Art. 19 EhegüterR-VO, bedarf einer Überarbeitung.
Art. 19 Abs. 1 EhegüterR-VO stellt dem Wortlaut nach nicht auf das „Unterschreiben“ der Rechtswahlvereinbarung ab, sondern auf das „Aufsetzen“ derselben, also etwa die Erstellung des Entwurfes der Vereinbarung durch einen Rechtsanwalt oder Notar. Es ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen an dieser Stelle auf dieses zufällige und von den Eheleuten gänzlich unabhängige Kriterium abgestellt werden sollte. Dies gilt umso mehr als das „Aufsetzen eine Ehevertrages“ mittlerweile über Internetdienste in Form eines Bausteinsystems (in fraglicher Qualität) erreicht werden kann. Die entsprechenden Dienstleister können natürlich unabhängig von einem tatsächlichen Geschäftsbetrieb von jedem beliebigen Mitgliedstaat aus agieren. Eheleuten würde damit die Möglichkeit eröffnet, zwingende Formerfordernisse (wie im deutschen Recht Art. 14 Abs. 4 EGBGB, § 1410 BGB) nahezu beliebig zu umgehen. Es müsste daher zumindest auf die Unterzeichnung der Rechtswahl, also auf den tatsächlichen Abschluss der Vereinbarung, abgestellt werden. In einem Satz 2 müsste ferner klargestellt werden, dass bei sukzessiver Unterzeichnung durch die Ehegatten in verschiedenen Ländern die Formvoraussetzungen beider Länder gewahrt sein müssen.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass nicht nur der Ort des „Aufsetzens“ sondern auch der einer Unterzeichnung nahezu beliebig bestimmbar bzw. später nicht beweissicher feststellbar ist, sofern die Unterzeichnung nach der jeweiligen lex fori nicht mit der Pflicht zur Beurkundung verbunden ist. Um die jeweiligen Formvorschriften für Eheverträge nicht völlig leer laufen zu lassen, sollte daher in Art. 19 Abs. 1 EhegüterR-VO auf die Formvorschriften des für anwendbar erklärten Rechts oder auf diejenigen Bestimmungen am gewöhnlichen Aufenthaltsort der Ehegatten zum Zeitpunkt der Unterzeichnung (und damit nicht nur auf das Aufsetzen oder die Unterzeichnung) abgestellt werden.
Da die „Ausdrücklichkeit“ einer Rechtswahl nicht mehr gesteigert werden kann und anzunehmen ist, dass durch diese Bestimmung vor allem die konkludente Rechtswahl ausgeschlossen werden soll, könnte das Wort „zumindest“ in Art. 19 Abs. 2 EhegüterR-VO gestrichen werden. Dass auch eine ausdrückliche Rechtswahl weiteren Förmlichkeiten unterliegen kann (etwa der notariellen Beurkundung), ist selbstverständlich und bedarf an dieser Stelle ebenfalls keiner Klarstellung. Im zweiten Halbsatz sollte dann bestimmt werden, dass die Rechtswahlvereinbarung „mindestens der Schriftform“ (da z. B. die Beurkundung eine „stärkere“ Form darstellt als die bloße Schriftform, vgl. § 126 Abs. 4 BGB) bedürfe und neben der Unterschrift der Ehegatten und der Datierung auch Angaben zu dem Ort der Unterschrift enthalten müsste. Die Angabe des Ortes ist schon deshalb unumgänglich, damit die Einhaltung der Formvorschriften am Unterschriftsort geprüft werden kann.
i) Art. 20 EhegüterR-VO: Form des Ehevertrages
An dieser Stelle sind zunächst die obigen Erwägungen zu lit. h) zu beachten. So sollte genau(er) bestimmt werden, welche Anforderungen als „Form des Ehevertrages“ anzusehen sind. Es wäre hilfreich, an dieser Stelle eine Klarstellung im Hinblick z. B. auf Genehmigungserfordernisse oder für Eheverträge geltende Publizitätsvorschriften (z. B. Eintragung in ein Güterrechtsregister u. Ä.; vgl. hierzu auch Art. 35 Abs. 2 EhegüterR-VO) aufzunehmen.
Im Übrigen stellt sich die Frage, ob die EhegüterR-VO neben der notwendigen Rechtswahl-Form überhaupt die „Form des Ehevertrages“ regeln soll. Richtigerweise entscheidet darüber allein das – ggf. gewählte – anwendbare Sachrecht. Die Konsequenz des vorgeschlagenen Art. 20 Abs. 1 EhegüterR-VO wäre ansonsten, dass z. B. zwei deutsche Ehegatten, die in London leben, aber gemäß Art. 16 lit. b) EhegüterR-VO deutsches Recht wählen, die anschließende Vereinbarung der Gütertrennung schriftlich gemäß Art. 20 Abs. 1 und 2 EhegüterR-VO vornehmen können.
Auch Art. 20 Abs. 3 EhegüterR-VO schränkt einen „Form-Tourismus“ nur dann ein, wenn die Ehegatten bereits einen gewöhnlichen Aufenthalt besitzen. Heiraten aber z. B. ein Deutscher und eine Polin, solange sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt noch in ihrem jeweiligen Heimatland haben, könnten sie zwar für ihr Güterrecht nur deutsches oder polnisches Recht wählen, den Ehevertrag zur Ausgestaltung dieses Rechts aber beim Internet-Anbieter in England „aufsetzen“ lassen und formfrei unterschreiben.
Im Extremfall könnten die beiden nach Art. 20 Abs. 2 Alt. 2 EhegüterR-VO einen Gütertrennungsvertrag anlässlich eines romantischen Wochenendes in Cornwall unterschreiben, da Art. 20 Abs. 3 EhegüterR-VO nicht eingreift.
j) Art. 32 EhegüterR-VO: Anerkennung öffentlicher Urkunden
Der Deutsche Notarverein hat sich bereits in zahlreichen Stellungnahmen kritisch zu der Frage der Anerkennung öffentlicher Urkunden geäußert (vgl. nur die Stellungnahme zum Grünbuch Personenstandsurkunden vom 29. April 2011, die Stellungnahme zu der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (Brüssel IIa) vom 15. April 2011 und die vorgenannte Stellungnahme zur ErbrechtsVO vom 19. Januar 2010, alle abrufbar unter www.dnotv.de à Dokumente à Stellungnahmen; vgl. jüngst hierzu auch Mansel/Thorn/Wagner, IPrax 2011, 1, 3; Wagner, DNotZ 2011, 176).
Die dort aufgeführten Argumente gegen eine „automatische“ Anerkennung des einer Urkunde zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts gelten auch für die EhegüterR-VO:
Öffentliche Urkunden sind bereits derzeit frei zirkulierbar. Dies ist auf die schon heute bestehende Anerkennung der Form der öffentlichen Urkunde zurückzuführen (über das kollisionsrechtliche Formstatut). Weitergehende Regelungen sind an dieser Stelle nicht erforderlich.
Anders als ein Gerichtsurteil, das in seinem Tenor eine für die Beteiligten verbindliche Entscheidung trifft (die sodann entsprechend „anerkannt“ werden kann), fehlt es bei einer notariellen Urkunde an einer vergleichbaren streitentscheidenden inhaltlichen Aussage – und damit auch an einem anerkennungsfähigen Inhalt. Zudem können öffentliche Urkunden auch keine einem Gerichtsurteil vergleichbaren prozessualen Wirkungen (Rechtskraft- und Präklusionswirkung etc.) entfalten.
Die Wirksamkeit und Rechtswirkungen des in der öffentlichen Urkunde verkörperten Rechtsgeschäfts richten sich ausschließlich nach dem durch das nationale (bzw. fortan harmonisierte) Kollisionsrecht berufenen materiellen Recht. Der Gesetzgeber sollte daher sein Augenmerk – wie vorliegend durch die EhegüterR-VO und die LPartgüterR-VO (hierzu sogleich unter „2.“) geschehen – auf die Vereinheitlichung des Kollisionsrechts legen, anstatt durch eine undifferenzierte und generelle Urkundsanerkennung die schleichende Abschaffung der zwingend erforderlichen Kontrolle der Wirksamkeit und der konkreten Rechtswirkungen des verlautbarten Rechtsgeschäfts voranzutreiben.
Der letztgenannte Gedanke gilt insbesondere für das hier maßgebliche Güter(kollisions)recht: Eheverträge unterliegen in Deutschland einer verfassungsrechtlich gebotenen qualifizierten Inhaltskontrolle unterhalb der Eingriffsschwelle des ordre public (vgl. nur BVerfG, DNotZ 2001, 222 und DNotZ 2001, 708). Eine Anerkennung des Inhalts einer öffentlichen Urkunde aus einem anderen Mitgliedstaat, wie derzeit in Art. 32 EhegüterR-VO vorgesehen, widerspräche diesem Grundsatz. Die Gerichte könnten damit dem ihnen vom Bundesverfassungsgericht auferlegten Prüfungsauftrag nicht nachkommen.
k) Art. 35 EhegüterR-VO: Wirkung gegenüber Dritten
Es ist unklar, ob von Art. 35 Abs. 2 EhegüterR-VO auch die „freiwillige“ Registrierung und Publikation erfasst ist. So können die Eheleute etwa nach §§ 1412, 1562 BGB aus dem Ausschluss oder der Änderung des gesetzlichen Güterstandes Dritten gegenüber Einwendungen gegen ein Rechtsgeschäft, das zwischen einem von ihnen und dem Dritten vorgenommen wird, nur dann herleiten, wenn der Ehevertrag (freiwillig) im Güterrechtsregister des zuständigen Amtsgerichts eingetragen wurde. Die Eintragung dient dementsprechend (lediglich) dem Verkehrsschutz und ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Ehevertrages. Von einer „Registrierungs- oder Publizitätspflicht“ im Sinne des Art. 35 Abs. 2 EhegüterR-VO kann daher nicht gesprochen werden.
Sollten, was anzunehmen ist, auch derartige Konstellationen von Art. 35 Abs. 2 EhegüterR-VO erfasst sein, regen wir an, dies durch eine entsprechende Änderung des Wortlautes und eine ausdrückliche Klarstellung in den Erwägungsgründen zu verdeutlichen.
2. Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Güterrechts eingetragener Lebenspartnerschaften (Kom (2011) 127 endg.) – im Folgenden: „LPartgüterR-VO“
Die LPartgüterR-VO entspricht weitgehend der vorbesprochenen EhegüterR-VO, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Erwägungen verwiesen werden kann.
Hinsichtlich der Regelungen zur (versagten) Rechtswahlmöglichkeit ist jedoch zu bemerken, dass in Deutschland aus verfassungsrechtlichen Gründen die eingetragene Partnerschaft der Ehe rechtlich zunehmend gleichgestellt wurde und das Bundesverfassungsgericht mehrmals diese Gleichbehandlung angemahnt hat (BVerfG NJW 2009, 1877, 1980, dass. NJW 2010, 1439; dass. NJW 2010, 2783; dass. NJW 2011, 909). Es ist vor diesem Hintergrund bedenklich, wenn in den Verordnungsentwürfen den eingetragenen Partnern eine Rechtswahl vergleichbar derjenigen von Ehegatten verwehrt wird.
Andererseits ist nicht zu übersehen, dass, anders als bei der Ehe, die eingetragenen Partnerschaften europaweit durchaus nicht homogen gestaltet sind, so dass es problematisch sein könnte, von einer Form der eingetragenen Partnerschaft in dem einen Mitgliedstaat aus das Recht einer eingetragenen Partnerschaft in einem anderen Mitgliedstaat zu wählen, in dem die Eintragung einer Partnerschaft ganz andere Voraussetzungen und Rechtsfolgen besitzt. Als milderes Mittel gegenüber der grundsätzlichen Versagung einer jeglichen Rechtswahl sollten die Rechtswahlmöglichkeiten dergestalt eingeschränkt werden, dass nur Rechtsordnungen mit solchen Partnerschaften bestimmt werden können, die von dem ursprünglichen Registrierungsstaat als „gleichwertig“ anerkannt werden. Die Einhaltung dieser Voraussetzung könnte ohne weiteres im Rahmen der notariellen Beurkundung vom Notar als Träger eines öffentlichen Amtes überprüft werden; dies führte auch für die Beteiligten zu einer hinreichenden Rechtssicherheit.
Abschließend weist der Deutsche Notarverein darauf hin, dass die Trennung der beiden Verordnungen aus gesetzessystematischer Sicht keineswegs zwingend ist. Wegen der zahlreichen übereinstimmenden Regelungen wäre eine einheitliche Verordnung wünschenswert gewesen.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass – anders als dies insbesondere nach deutschem Verständnis anzunehmen wäre – die beiden Verordnungen „geschlechtsneutral“ formuliert wurden, die EhegüterR-VO also auch auf gleichgeschlechtliche Ehen und die LPartgüterR-VO auch für heterosexuelle Lebenspartnerschaften – wie dem PACS des französischen Rechts – Anwendung finden würde. Wenn man vermutet, dass die EU-Kommission die Trennung in zwei Verordnungen vorgenommen hat, um einem möglichen Widerstand einzelner Länder gegenüber der Regelung anderer Partnerschaftsverhältnisse als der klassischen Ehe entgegenzukommen, wird dies angesichts dieser Terminologie wenig Erfolg haben. Aus Sicht des Deutschen Notarvereins wäre daher eine gemeinsame Verordnung, ggf. ergänzt um spezielle ordre-public-Klauseln gegenüber den Wirkungen von Partnerschaftsformen, die das betreffende Land nicht kennt, erfolgversprechender.