Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung

Stellungnahme vom 30.09.2010

 

Der Deutsche Notarverein dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung (im Folgenden: MediationsG).

 

I.          Allgemeine Erwägungen
Der Deutsche Notarverein begrüßt den Grundansatz des Gesetzentwurfes, die Stellung des Mediators und das Mediationsverfahren nur vereinzelt und punktuell im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben zu regeln.

 

Bei dem Mediationsverfahren – wie den anderen Verfahren zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung auch – handelt es sich um eine vergleichsweise junge Methode, deren Entwicklung noch „im Fluss“ ist. Die in diesem organischen Prozess schlummernden Chancen sollten nicht durch ein zu enges „gesetzgeberisches Korsett“ eingeschränkt werden. Der Gesetzgeber ist gut beraten, einerseits die Innovationskraft des Verfahrens zu unterstützen, die Entwicklung jedoch auch kritisch zu überwachen und etwaigen Fehlentwicklungen nur durch behutsame Eingriffe vorzubeugen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nimmt der Staat seine Wächterfunktion wahr.

 

Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das gesetzgeberische Vorgehen in § 6 MediationsG, der wissenschaftliche Forschung zu den Folgen einer finanziellen Förderung der außergerichtlichen oder gerichtsnahen Mediation bei Familiensachen ermöglicht und finanziell unterstützt. Das wird eine „neutrale“ und ergebnisoffene Evaluation des MediationsG ermöglichen, so dass der Gesetzgeber zukünftig ausgewogene und interessengerechte Folgeentscheidungen auf der Grundlage verlässlicher empirischer Daten wird treffen können.

 

II.         Im Einzelnen
Wir erlauben uns zu den vorgesehenen Bestimmungen folgende Anmerkungen:

 

1.         Artikel 1 (MediationsG)

 

a)         § 2 MediationsG

 

Zu Recht findet sich in der Begründung zu § 2 MediationsG der Hinweis, dass

 

„soweit die Parteien in der Mediation eine Vereinbarung mit rechtlichen Folgewirkungen treffen, (…) die Mediatorinnen und Mediatoren in geeigneten Fällen darauf hinwirken (sollten), dass die Parteien die Abschlussvereinbarung vor der endgültigen Unterzeichnung einer rechtlichen Kontrolle unterziehen.“

 

Dieser Gesichtspunkt erscheint uns aus mehreren Gründen bedeutsam:

 

  • Der Mediator besitzt nicht zwingend eine juristische Ausbildung und wird daher die Risiken und die Rechtswirksamkeit einer das Mediationsverfahren abschließenden Vereinbarung („Mediationsvereinbarung“) nicht immer mit der hinreichenden Sicherheit beurteilen können,
  • wegen der Gefahr eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (vgl. auch die hiesigen Erwägungen zu II. 3) b) cc)) wird der Mediator, selbst wenn er über hinreichende juristische Fähigkeiten verfügt, keine ausreichende Beratung im Hinblick auf die rechtlich einwandfreie Formulierung der Mediationsvereinbarung vornehmen (dürfen);
  • die Mediation betrifft zumeist Bereiche, die nicht nur über ein besonderes zwischenmenschliches Konfliktpotential verfügen, sondern sich auch durch einen weit überdurchschnittlichen juristischen Schwierigkeitsgrad auszeichnen. So existiert etwa im Familienrecht – einem Schwerpunkt der Mediationstätigkeit – zu der Frage, welche (verfassungsrechtlichen) Schranken bei Vereinbarungen zwischen Eheleuten einzuhalten sind, eine umfangreiche höchstrichterliche Kasuistik, die es unbedingt zu beachten gilt. Aus gutem Grund hat sich der Gesetzgeber daher auch in wesentlichen Bereichen des Familienrechts für zwingende Formvorschriften – etwa im Hinblick auf Vereinbarungen über den Unterhalt (!) – entschieden, deren Kenntnis für die Mediationsbeteiligten unerlässlich ist (sonst kann es zu formwidrigen und damit nichtigen Vereinbarungen kommen) und die es unbedingt zu beachten gilt (vgl. auch die hiesigen Ausführungen zu II. 3. b) ff.).

Nach alledem plädiert der Deutsche Notarverein dafür, die o. g. Passage sowohl im Interesse des Mediators (Haftungsgefahr) als auch der Beteiligten im Gesetz selbst statt nur in der Begründung zu verankern.

 

b)           § 3, Abs. 3 und Abs. 4 MediationsG

 

In § 3 Abs. 3 und 4 MediationsG wird die Frage behandelt, inwiefern eine Person als Mediator tätig werden kann, wenn eine mit ihr in derselben Berufsausübung oder Bürogemeinschaft verbundene andere Person vor der Mediation in derselben Sache für eine der Mediationsparteien tätig gewesen ist. Diese Regelung orientiert sich augenscheinlich an § 43a Abs. 4 BRAO und ausweislich ihres Wortlautes überdies an § 3 Abs. 1 Nr. 7 bzw. 4 BeurkG. Anders als letztere eröffnet § 3 Abs. 4 MediationsG jedoch die generelle Befreiungsmöglichkeit von dem Verbot nach § 3 Abs. 3 MediationsG.

 

Es sollten an dieser Stelle verfahrensrechtliche Vorkehrungen dafür getroffen werden, dass eine Befreiung nach § 3 Abs. 4 MediationsG auch in der Praxis die Ausnahme von der Regel des § 3 Abs. 3 MediationsG darstellt und nicht etwa durch die Verwendung von eventuellen standardisierten Vordrucken relativiert wird.

 

Überdies regen wir an, zumindest in der Gesetzesbegründung klarzustellen, dass die vorgenannten Tätigkeitsbeschränkungen des MediationsG subsidiär sind gegenüber etwaigen strengeren Einschränkungen in anderen, ebenfalls einschlägigen berufs- oder verfahrensrechtlichen Vorschriften, also kein race to the bottom stattfindet. Schon der geringste Anschein der Abhängigkeit und Parteilichkeit des Mediators schadet der ihm nach § 1 MediationsG zu Recht zugesprochenen Rolle als „unabhängige und neutrale Person“.

 

c)         § 4 MediationsG

 

Wir weisen darauf hin, dass der nunmehr gesetzlich verankerten Verschwiegenheitspflicht und insbesondere dem hiermit einhergehenden Zeugnisverweigerungsrecht angesichts der offenen Begriffsbestimmung der Mediation naturgemäß eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr immanent ist. So könnte jemand, um die Vorteile des Zeugnisverweigerungsrechts zu erhalten, behaupten, eine bestimmte, etwa strafrechtlich relevante, Absprache – z. B. im wettbewerbsrechtlichen Bereich – habe im Zusammenhang mit einer Mediation stattgefunden (ein ähnliches Phänomen ist in der Rechtswirklichkeit nicht zuletzt im Zusammenhang mit der sprunghaften Zunahme von „Spontanverlöbnissen“ im Kontext der §§ 55 Abs. 1, 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO zu beobachten).

 

d)        § 5 MediationsG

 

Es wird zukünftig zu prüfen sein, ob das Abstellen auf Aus- und Fortbildung des Mediators in Eigenregie ein gleichbleibendes, den Anforderungen des MediationsG entsprechendes Qualitätsniveau sichern kann oder ob an dieser Stelle (doch) regulatorisch einzugreifen sein wird. Der Deutsche Notarverein wird sich insoweit gemeinsam mit anderen interessierten Verbänden an der privaten Etablierung von Ausbildungs- und Zertifizierungsstandards beteiligen, um im „Mediationsmarkt“ aus Verbrauchersicht möglichst nachvollziehbare Qualitätskriterien zu etablieren.

 

2.         Artikel 2

 

Der Deutsche Notarverein hat zur Kenntnis genommen, dass es der Gesetzgeber ausdrücklich in Kauf nimmt, dass die Öffnungsklausel in § 15 GVG n. F. die Gefahr der Rechtszersplitterung sowohl zwischen den betreffenden Bundesländern als auch zwischen den Gerichten desselben Bundeslandes in sich birgt. Insbesondere im Hinblick auf den letztgenannten Gesichtspunkt regt der Deutsche Notarverein gleichwohl eine erneute Prüfung dahingehend an, ob nicht eine einheitliche Handhabung möglich bzw. sinnvoll wäre.

 

3.      Artikel 3

 

a)      § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO

 

Der Hinweis auf ein etwaiges Mediationsverfahren in der Klageschrift ist insgesamt etwas missverständlich formuliert. Wir regen insoweit die folgende Formulierung an:

 

„Die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist und, sofern dies nicht der Fall war, warum ein solcher Versuch unterlassen wurde.“

 

b)     § 796d ZPO

 

aa)    Abgabe einer Willenserklärung

 

Der Deutsche Notarverein hält die erstmalig eingeräumte Möglichkeit, dass auch die Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung für vollstreckbar erklärt werden kann, aus verschiedenen Gründen nicht für sinnvoll.

 

So ist zunächst zu fragen, auf welche Weise eine solche Verpflichtung in der Praxis vollstreckt werden soll.

 

Das gerichtliche Verfahren sieht in § 894 ZPO grundsätzlich die Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung vor, wenn der Schuldner zur Abgabe derselben verurteilt wird. Dies ist jedoch nur und erst dann der Fall, wenn das Urteil Rechtskraft erlangt hat. Letzteres hat seinen Grund darin, dass durch die Fiktion der Willenserklärung Fakten geschaffen werden, die mit dem nur vorläufigen Charakter des Verfahrens der sofortigen Vollstreckbarkeit nicht in Einklang zu bringen sind. § 894 ZPO findet daher auch allgemein nur Anwendung bei Titeln, die in Rechtskraft erwachsen können (vgl. Lackmann in: Musielak, ZPO-Kommentar, 7. Auflage (2009), § 894, Rz. 2). Für Prozessvergleiche und notarielle Urkunden ist eine Vollstreckung nach § 894 ZPO daher nicht möglich (allg. Meinung, vgl. nur BGH NJW 1996, 2704). Durch eine Vollstreckungsmaßnahme nach § 894 ZPO würde der Vollstreckungsschuldner insbesondere die ihm zustehenden Rechtsbehelfe (etwa §§ 766, 767 ZPO) verlieren und könnte sich so nicht mehr angemessen gegen eine unberechtigte Inanspruchnahme zur Wehr setzen.

 

Beispiel: Einer der Beteiligten des Mediationsverfahrens unterwirft sich hinsichtlich der Verpflichtung, die Kündigung eines Rechtsverhältnisses sechs Monate nach Abschluss der Vereinbarung vorzunehmen, der sofortigen Vollstreckbarkeit. Zum betreffenden Zeitpunkt weigert er sich jedoch, die Kündigung auszusprechen, da er Einreden gegen die zugrundeliegende Vereinbarung geltend macht. Der Vollstreckungsgläubiger ist im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung der Vereinbarung. Ist die Kündigung nunmehr „automatisch“ fingiert („gilt als abgegeben“) oder sind noch weitere Vollstreckungsmaßnahmen erforderlich? Bejahendenfalls – welche? Gegen welche Anordnungen kann der Vollstreckungsschuldner Einwendungen erheben (die angesichts der Gestaltungswirkung der fingierten Kündigungserklärung de facto nur als „Fortsetzungsfeststellungs-“ bzw. Schadensersatzklagen geltend gemacht werden könnten)?

 

Es dürfte daher nach alledem vorliegend auf die Vollstreckung nach § 888 ZPO auszuweichen sein. Diesbezüglich bedarf es jedoch weiterer Erläuterungen durch den Gesetzgeber, insbesondere zu dem vorgenannten Verhältnis zu § 894 ZPO.

 

bb)       Nichtigkeit wegen Anfechtung

 

Überdies wäre der Deutsche Notarverein für eine Klarstellung dankbar, wie die Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfes zu verstehen sind, wonach auch eine Anfechtung wegen Irrtums oder Täuschung die Vollstreckbarkeitserklärung ausschließen soll. Da die Vollstreckbarkeitserklärung der Mediationsvereinbarung nur mit „Zustimmung aller Parteien“ (Abs. 1 und Abs. 3) bzw. „auf Antrag einer Partei mit ausdrücklicher Zustimmung der anderen Partei“ (Abs. 1) erfolgen kann, stellt sich zunächst die Frage nach dem praktischen Anwendungsbereich dieser Konstellation, da kaum damit zu rechnen ist, dass der Anfechtende der Vollstreckbarkeitserklärung zustimmen wird. Unabhängig hiervon wäre an dieser Stelle zu erläutern, welche konkreten Anhaltspunkte von dem Gericht bzw. dem Notar in diesem Verfahrensstadium zu berücksichtigen sein sollen.

 

cc)       Konflikt mit Rechtsdienstleistungsgesetz/Zuständigkeit für die „Formulierung“ der Vereinbarung

 

Darüber hinaus weist der Deutsche Notarverein auf den Konflikt dieser Regelung zum Rechtsdienstleistungsgesetz hin. In diesem ist in § 2 Nr. 4 die Mediation zwar ausdrücklich aus dem Begriff der „Rechtsdienstleistung“ ausgenommen. Dies gilt jedoch nur,

 

„sofern die Tätigkeit nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift.“

 

Damit dürfte eine das Mediationsverfahren abschließende Vereinbarung nicht von einem Mediator, der selbst keinen juristischen Beruf ausübt, (vor-) formuliert bzw. geprüft werden (vgl. auch die hiesigen Erwägungen zu II. 1. a)). Es sind damit die Parteien der Mediation oder deren einseitige (Anwalt) oder gemeinsame (Notare) Rechtsberater, die die Mediationsvereinbarung formulieren und die rechtliche Verantwortung hierfür tragen. Dies sollte noch einmal zumindest in der Gesetzesbegründung klargestellt werden.

 

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der vorgesehenen Kostenregelung (Artt. 9, 10), die einer auch nur klarstellenden „Neuformulierung“ rechtlich missverständlicher Vereinbarungen durch den Notar bzw. das Gericht keinen Raum gibt. Es sollte an dieser Stelle vom Gesetzgeber unbedingt verhindert werden, dass laienhaft formulierte und rechtlich nicht vorgeprüfte Abschlussvereinbarungen im Rahmen des Verfahrens der Vollstreckbarerklärung durch die zuständigen Stellen unter Umgehung der für sie geltenden Kostensätze ganz oder teilweise neu formuliert werden. Es bietet sich insoweit an, in Bezug auf die Kosten der Vollstreckbarkeitserklärung insgesamt danach zu differenzieren, ob das Titelerteilungsorgan noch Formulierungsarbeit zu leisten hat oder ob lediglich die Vereinbarung, etwa wenn sie von einem rechtlich geschulten Mediator ausgearbeitet wurde, für vollstreckbar zu erklären ist. Eine Kostenprivilegierung beim Notar bzw. ein Pauschalbetrag bei Gericht kommt offensichtlich dann nicht in Betracht, wenn das Gericht bzw. der Notar die für vollstreckbar zu erklärende Erklärung nach eingehender Besprechung mit den Beteiligten über Hintergründe und Ziele der Vereinbarung neu fassen muss, statt sie nur auf ihre Wirksamkeit, ihre Vereinbarung mit der öffentlichen Ordnung und die Bestimmtheit zu überprüfen. Eine andere Bewertung würde diejenigen Beteiligten, die auf dem „normalen“ Wege nach entsprechender Beratung und Belehrung durch den Notar eine vom Notar formulierte für sofort vollstreckbar erklärte Vereinbarung abschließen (etwa als abstraktes Schuldanerkenntnis) und für diese notariellen Leistungen die „normale“, gesetzlich vorgeschriebene Gebühr bezahlen müssen, kostenmäßig ungerechtfertigt benachteiligen.

 

Zur Klarstellung: Die vorgenannte Gefahr existiert bei dem Vorbild des § 796d ZPO, dem § 796a-c ZPO nicht (bzw. nicht in diesem Umfang), da der Anwaltsvergleich bereits durch juristisch versierte Rechtsanwälte vorformuliert wurde und sich die Prüfung des Notars regelmäßig auf die vorgenannten Punkte (Wirksamkeit, Vereinbarung mit der öffentlichen Ordnung, Bestimmtheit) beschränkt.

 

dd)       Vollstreckbarkeitserklärung der „Mediationsvereinbarung“

 

Zudem regt der Deutsche Notarverein an, nicht die „Mediationsvereinbarung“ für vollstreckbar zu erklären, sondern entsprechend § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO lediglich einzelne Ansprüche derselben. Der insoweit durch § 796d ZPO avisierte Systembruch findet sich zwar bereits in § 796c ZPO, der statt von dem für vollstreckbar zu erklärenden Anspruch ebenfalls von dem (gesamten) für vollstreckbar zu erklärenden „Vergleich“ spricht, beim Anwaltsvergleich ist jedoch zu berücksichtigen, dass dieser bereits durch juristisch versierte Rechtsanwälte formuliert wurde und daher lediglich die tatsächlich für vollstreckbar zu erklärenden Ansprüche enthalten wird (vgl. die obigen Erwägungen zu II. 3. b) cc)).

 

Mediationsvereinbarungen werden sich – insbesondere wenn sie von juristischen Laien formuliert werden – demgegenüber nur selten auf die „Ansprüche“ im Sinne des BGB beschränken. Sinn und Zweck des Mediationsverfahrens ist es schließlich, gerade auch „nichtrechtliche“ Gesichtspunkte mitzuerfassen.

 

Beispiel: In der Mediationsvereinbarung finden sich:

  • eine von den Beteiligten lediglich im Sinne einer „Goodwill-Klausel“ aufgeführte Verpflichtung, „den anderen Beteiligten bei dessen Tätigkeiten nach Kräften zu unterstützen“,
  • Formulierungen, die wechselseitige Anerkennung und Wertschätzung zum Ausdruck bringen, aber keinen unmittelbaren rechtlichen Gehalt haben,
  • Regelungen zum Umgangsrecht der Eltern mit ihrem Kind (Zeitraum, Dauer etc.),
  • ein Herausgabeanspruch auf einzelne Hausratsgegenstände,
  • eine „Stillhalteerklärung“ bzgl. tatsächlich bestehender unverzichtbarer Ansprüche, die nach dem Willen beider Beteiligter nicht geltend gemacht werden sollen.
  • bei Beleidigungskonstellationen eine ein- oder mehrseitige Entschuldigung, verbunden mit der Versicherung gegenseitiger Wertschätzung.

 

In all diesen Konstellationen wäre eine sofortige Vollstreckbarkeit weder sinnvoll noch von den Beteiligten gewünscht.

 

Dies wird bei der Vollstreckbarerklärung der gesamten Vereinbarung zu vielfachen Schwierigkeiten führen, denn ausdrückliche Aufgabe des Gerichts/Notars ist es nach dem Gesetzentwurf, für die notwendige vollstreckungsrechtliche Bestimmtheit der Vereinbarung bzw. der in der Vereinbarung geregelten Ansprüche zu sorgen. Als Vorfrage wird sich dann automatisch die Frage stellen, welche Teile der Vereinbarung rechtlich verbindliche Regelungen enthalten und welche nicht.

 

Ein Abstellen auf einzelne Ansprüche statt auf die gesamte Vereinbarung würde an dieser Stelle die offensichtlichen verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten, in die die derzeitige Fassung das Gericht bzw. den Notar versetzen würde, vermeiden und den Parteien eine flexiblere und individuelle Handhabung der Vollstreckbarkeitserklärung ermöglichen. § 796d könnte dann wie folgt lauten (Der geänderte Wortlaut ist kursiv gesetzt):

 

„§ 796d

Vollstreckbarerklärung der Mediationsvereinbarung

 

(1) Ansprüche aus einer in einer Mediation geschlossenen Vereinbarung werden auf schriftlichen Antrag aller Parteien oder auf Antrag einer Partei mit ausdrücklicher Zustimmung der anderen Partei für vollstreckbar erklärt. Der Antrag hat die für vollstreckbar zu erklärenden Ansprüche zu bezeichnen. Stehen der Vollstreckbarerklärung Hindernisse entgegen, setzt das Gericht den Parteien zur Behebung eine angemessene Frist. Mit Zustimmung der Parteien sorgt es in der Entscheidung für die in der Zwangsvollstreckung nötige Bestimmtheit. Die Vollstreckbarerklärung ist abzulehnen, wenn die Vereinbarung unwirksam ist oder ihre Anerkennung gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Eine Anfechtung findet nicht statt.“

 

Dieser Vorschlag könnte – ohne gegen die Mediationsrichtlinie zu verstoßen – Justizressourcen schonen und würde insgesamt die richtigen Anreize für alle Beteiligten setzen:

  • Kautelarjuristisch würde sich als Standard etablieren, bereits in der Mediationsvereinbarung, die für vollstreckbar zu erklärenden Ansprüche genau zu bezeichnen. Das vollstreckungsrechtliche Bestimmtheitsgebot wäre lediglich im Hinblick auf diese Teile der Mediationsvereinbarung zu beachten. Der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung könnte dann etwa so lauten: „(…) stellen wir den gemeinsamen Antrag, die Ansprüche nach Ziffer 3. der Mediationsvereinbarung für vollstreckbar zu erklären“.
  • Die Beteiligten am Mediationsverfahren wären im Übrigen frei, in die Abschlussvereinbarung aus ihrer Sicht wichtige Aussagen mit aufzunehmen, ohne damit die Vollstreckbarkeit der gesamten Vereinbarung zu gefährden. Umgekehrt erschiene es mit dem „Geiste“ des Mediationsverfahrens nicht vereinbar, wenn die Beteiligten sich im Hinblick auf eine Vollstreckbarkeit in der Abschlussvereinbarung inhaltlich beschränken müssten.
  •  Die mit der Vollstreckbarerklärung befassten Gerichte/Notare dürften sich bei ihrer Prüfung auf die konkret im Antrag bezeichneten Ansprüche konzentrieren. Eine ansonsten drohende Um- bzw. Neuformulierung der Abschlussvereinbarung wird von vorneherein vermieden.
  • Die Mediationsrichtlinie bliebe beachtet, da es den Beteiligten auch weiterhin offen steht, ggf. die gesamte Vereinbarung für vollstreckbar erklären zu lassen.

 

ee)       Verwahrung der Vereinbarung

 

Der Deutsche Notarverein wäre für eine Erläuterung dankbar, aus welchen Gründen der Notar die Mediationsvereinbarung – anders als beim Anwaltvergleich, vgl. § 796c ZPO – nicht im Original in die Verwahrung nehmen soll. Der Notar kann nur dann, wenn er über das Original des Vollstreckungstitels verfügt, die ihm obliegenden Aufgaben als Titelerteilungsorgan effektiv und interessengerecht ausführen (etwa: eine sofort für vollstreckbar erklärte Ausfertigung zurückfordern, eine weitere vollstreckbare Ausfertigung erteilen, eine vollstreckbare Ausfertigung für oder gegen den Rechtsnachfolger erteilen etc.). Es entspricht daher aus guten Gründen auch der allgemeinen Tradition des deutschen Notar- und Beurkundungsrechts, dass die Originale der Vollstreckungstitel grundsätzlich beim Notar verbleiben (§ 45 Abs. 1 BeurkG). Ausnahmen bestehen nur für besondere, gänzlich anders gelagerte Fälle, etwa bei Beurkundungen mit Auslandsbezug, sofern die ausländische Stelle das maßgebliche Dokument im Original erhalten möchte (§ 45 Abs. 2 BeurkG).

 

ff)         Keine Umgehung allgemeiner Wirksamkeitsbedingungen, insb. von Formvorschriften

 

Der Deutsche Notarverein bittet darum, in den Gesetzeswortlaut oder zumindest in die Gesetzesbegründung die Klarstellung aufzunehmen, dass die Mediationsvereinbarung die allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen, die an den Inhalt der konkreten Vereinbarung zu stellen sind, einzuhalten hat und diese auch nicht durch eine etwaige Vollstreckbarkeitserklärung durch den Notar bzw. das Gericht „ausgehebelt“ werden können (vgl. insoweit auch die Begründung zum MediationsG, S. 26, erster Absatz, in der jedoch nur auf §§ 134, 138 BGB und nicht die sehr viel praxisrelevantere vorgenannte Bestimmung des § 125 BGB verwiesen wird).

 

Dies erscheint insbesondere geboten, um formnichtige Mediationsvereinbarungen – etwa im Hinblick auf beurkundungspflichtige Immobiliengeschäfte, Unterhaltsvereinbarungen oder Erbteilsübertragungen – zu vermeiden. Eine Mediationsvereinbarung, die gegen gesetzlich zwingend vorgeschriebene Formvorschriften verstößt, ist nach § 125 BGB formnichtig und kann auch nicht durch eine (vom Gericht bzw. Notar ohnehin abzulehnende) Vollstreckbarkeitserklärung wieder geheilt werden. Hierauf sollte der Mediator – insbesondere, wenn es sich um einen Nichtjuristen handeln – noch einmal hingewiesen werden, damit auf diesen Gesichtspunkt in der Praxis besonderes Augenmerk gelegt und eine Haftung des Mediators für unwirksame Vereinbarungen verhindert wird.

 

In diesem Zusammenhang möchte der Deutsche Notarverein auch auf eine missverständliche Formulierung in der Begründung des Referentenentwurfs hinweisen. So findet sich auf Seite 17, 6. Absatz, der Satz

 

„Beispiel: Der Mediator möchte das Grundstück, über dessen Verwertung die Parteienstreiten, für sich selbst erwerben.“

 

Sofern diese „Verwertung“ des Grundstücks eine Übertragung des Eigentums an demselben auf einen der Beteiligten betrifft, erfordert eine diesbezügliche Vereinbarung zwingend die Mitwirkung eines Notars (§ 311b Abs. 1, 925 BGB). Eine Mediationsvereinbarung ohne notarielle Mitwirkung wäre nichtig und dürfte weder von einem Gericht noch von einem Notar für vollstreckbar erklärt werden.

 

4.      Art. 4, § 23 FamFG

 

Der Deutsche Notarverein regt an dieser Stelle eine differenzierte Regelung dahingehend an, dass die Angabe des etwaigen Mediationsversuchs lediglich bei solchen Anträgen vorzusehen ist, bei denen eine streitige Auseinandersetzung vorliegt bzw. denkbar erscheint.

 

Das FamFG gilt für alle Familiensachen sowie den gesamten Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Im Rahmen der Ehesachen und der streitigen Familiensachen, bei denen Mediation im Einzelfall eine sinnvolle Alternative darstellen kann, ist über § 113 FamFG ohnehin sichergestellt, dass die Spezialregeln in der ZPO zur Anwendung kommen (die Anwendung von § 23 FamFG ist in diesen Fällen nach § 113 Abs. 1 FamFG ausgeschlossen).

 

Die übrigen im FamFG geregelten Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit haben jedoch nicht zwingend eine Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten zur Grundlage, sondern stellen zum Großteil einvernehmliche Verfahren zur Erteilung von staatlichen Bescheinigungen dar (etwa: Erbschein, Testamentsvollstreckerzeugnis). Der vorgesehene § 23 Abs. 1 S. 2 MediationsG würde in diesen Fällen eine bloße überflüssige Förmelei darstellen bzw. wäre sogar sinnwidrig. So würde etwa eine Erklärung nach § 23 Abs. 1 S. 2 MediationsG befremdlich wirken, die im Falle eines Adoptionsantrages von dem die Unterlagen einreichenden Notar abzugeben wäre. Gleiches gilt auch für Registerverfahren oder für Verfahren zur Erteilung einer gerichtlichen Genehmigung (Betreuungsgericht/Familiengericht) zu einem Vertrag.

 

Der Deutsche Notarverein schlägt daher folgende Neufassung von § 23 Abs. 1 Satz 2 FamFG vor:

 

„Der Antrag soll in geeigneten Fällen die Angabe enthalten, ob der Antragstellung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist und, sofern dies nicht der Fall war, warum ein solcher Versuch unterlassen wurde. Geeignet sind solche Fallgestaltungen, in denen ein Konflikt zwischen Beteiligten bereits vorliegt oder zu erwarten ist.“

 

5.      Art. 10 Kostenordnung

 

Es ist nochmals (vgl. oben II. 3. b) cc)) ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass in Bezug auf die Kosten der Vollstreckbarkeitserklärung insgesamt danach differenziert werden sollte, ob das Titelerteilungsorgan – dies betrifft sowohl das Gericht als auch den Notar – noch Formulierungsarbeit zu leisten hat oder ob lediglich die Vereinbarung, etwa wenn sie von einem rechtlich geschulten Mediator ausgearbeitet wurde, für vollstreckbar zu erklären ist. Im ersten Fall ist weder der gerichtliche Pauschalbetrag noch die Kostenprivilegierung beim Notar angemessen.

 

 

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