Stellungnahme vom 12.11.2015
Der Deutsche Notarverein dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme.
Bauen muss effizienter und nachhaltiger werden. Das ist zum einen der beste Verbraucherschutz, zum anderen aktive Industriepolitik zur Förderung heimischer Handwerks- und Industriebetriebe.
Der Weg des RefE ist vor diesem Hintergrund im Grundsatz richtig und geeignet, Anreize zur Qualitätsverbesserung zu schaffen. Durchsetzbare Rechte des Bestellers gegen den Unternehmer können dazu führen, dass ersterer sich genauer überlegt, ob der scheinbar billigste Anbieter wirklich der beste ist. Sinnvoll wäre eine flankierende Ergänzung des Ausschreibungsrechts dahingehend, dass bei der Bewertung von Angeboten auch die Durchsetzbarkeit der Sachmängelgewährleistung in die Platzierung des Anbieters miteinfließt.
In Teilbereichen des RefE führen Verbraucherschutzvorschriften allerdings zu Kostensteigerungen, die dann insgesamt auf alle Besteller umgelegt werden. Dies gilt insbesondere für das Anordnungsrecht des Bestellers. Man sollte den Besteller, der sein Vorhaben überlegt durchplant und dann genauso verwirklicht, belohnen und nicht bestrafen.
Für Notare sind die Regelungen zum Bauträgervertragsrecht von besonderem Interesse. Diese Materie findet erstmals eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Eine Sonderrolle kommt der Materie insofern zu, als gemäß § 311b Abs. 1 BGB der Vertragsschluss zwingend unter Mitwirkung eines Notars erfolgen muss. Es sind also nicht nur beurkundungsrechtliche Fragen zu beachten. Vielmehr sind Unternehmer und Besteller gesetzlich gezwungen, sich der Hilfe eines neutralen Rechtspflegeorgans für den Vertragsschluss zu bedienen. In aller Regel ist der Besteller eines Bauträgervertrages Verbraucher, während der Werkunternehmer unternehmerisch tätig wird. Ein Ausgleich zwischen den Beteiligten erfolgt durch die bewährten Formulierungen der Notare, die schon seit langem gerade in diesem Bereich Verbraucherschutz praktizieren. Daneben schreibt § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG vor, dass dem Verbraucher der beabsichtigte Text des Vertrages in der Regel 14 Tage vor Beurkundung zugehen muss.
Im Einzelnen erlauben wir uns folgende Anmerkungen zu den Regelungsvorschlägen in dem Entwurf, wobei wir aus den vorgenannten Gründen zunächst auf den Bauträgervertrag (I.), im Anschluss auf weitere Regelungen (II.) eingehen und sodann zwei Desiderata zur Diskussion stellen (III.):
I. Bauträgerrelevante Regelungen des RefE
1. § 650t Abs. 2 und 3[1] (Baubeschreibung und Fertigstellungstermin)
a) Baubeschreibung
§ 650t erklärt in Abs. 2 die Regelungen zur Übergabe der Baubeschreibung in § 650i als für den Bauträgervertrag anwendbar. Abweichend vom einfachen Bauvertrag soll dazu festgelegt werden, dass die Baubeschreibung i. S. von Art. 249 EGBGB bereits bei Aufnahme der Vertragsverhandlungen auszuhändigen ist. Damit soll der besonderen Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers bei Bauträgerverträgen Rechnung getragen werden.
Bei der praktischen Umsetzung können allerdings Probleme entstehen, was folgende Beispiele illustrieren mögen:
Beispiel 1: Dem Bauträger B ist es gelungen, in gefragter Innenstadtlage Bauland zur Errichtung einer größeren Eigentumswohnanlage zu erwerben. Schon bald berichtet die regionale Zeitung über die Überlegungen zur Bebauung. Sofort rufen potentielle Erwerber bei B an, um sich die besten Wohnungen zu sichern und möglichst auch noch auf deren genaue Ausstattung, Größe und Grundriss Einfluss nehmen zu können. Eine Baugenehmigung liegt noch nicht vor; in welchem Umfang eine Bebauung überhaupt zulässig ist, steht bisher nicht fest.
Beispiel 2: Wie Beispiel 1, es sind aber schon einige Monate vergangen. Inzwischen ist die Baugenehmigung erteilt, viele Wohnungen sind schon verkauft. Die letzten Einheiten möchte zum einen der gut verdienende Unternehmer U erwerben, zum anderen die Sekretärin S. U ist allerdings mit der vorgesehenen durchschnittlichen Ausstattung gar nicht einverstanden, sondern möchte nur „das Beste“, während S sparen muss und daher teilweise nach einer einfacheren Ausstattung verlangt und auch Eigenleistungen einbringen möchte.
Beispiel 3: Vertragsgegenstand eines Bauträgervertrages auf einem anderen Grundstück ist ein Einfamilienhaus, das nach den Wünschen des Erwerbers erst noch geplant wird.
Wenn der Bauträger diesen Wünschen der Verbraucher nachkommen möchte, ist es ihm in keinem dieser Fälle möglich, „bei Aufnahme der Vertragsverhandlungen“ die endgültige Baubeschreibung zu übergeben. Im Beispiel 1 wird der Unternehmer die Baubeschreibung zugrunde legen, die seinem Bauantrag zugrunde liegt. Im Bauträgervertrag werden im Beispiel 1 aufgrund behördlicher Auflagen erforderliche Abweichungen von der Ursprungsbaubeschreibung zugelassen, sofern diese dem Erwerber zumutbar sind. Die Änderungswünsche des Erwerbers werden meist ebenfalls im Bauträgervertrag bereits beurkundet und dokumentiert. Oft äußert der Erwerber aber erst später Änderungswünsche. Im Beispiel 3 wird die Ursprungsbaubeschreibung nur sehr rudimentär sein.
Für diese Fälle bleibt im RefE unklar, wie sich spätere Änderungen bzw. Konkretisierungen der Baubeschreibung zur Ursprungsbaubeschreibung verhalten. Es besteht also Bedarf nach größerer Flexibilität.
b) Fertigstellungstermin
Auch die vorgeschlagenen Regelungen zum Fertigstellungstermin werfen Fragen auf. Nach § 650t Abs. 3 ist auf den Bauträgervertrag auch § 650j Abs. 3 anwendbar. § 650j Abs. 3 Satz 2 ist aber beurkundungsrechtlich problematisch. Zur Illustration folgendes
Beispiel 4: Wie Beispiel 1 oder 2. Man hat sich auf die genaue Ausstattung geeinigt, benötigt jedoch einen Nachtrag zum Bauantrag bzw. zur Baugenehmigung (z. B. weil der Erwerber größere Dachgauben wünscht). Man rechnet damit, auch dafür die Baugenehmigung zu bekommen. Allerdings führen die Ausstattungswünsche des Erwerbers zu einer Bauzeitverlängerung. Bauträger und Erwerber möchten sich gegenseitig schon jetzt binden. In der Baubeschreibung ist geregelt, dass die Bauarbeiten einen Zeitraum von einem Jahr in Anspruch nehmen werden. Nach deren Sichtung weist der Notar auf die Risiken hin, die bestehen, wenn eine Baugenehmigung doch nicht erteilt wird. Darüber hinaus erläutert er, dass bei verspäteter Fertigstellung der Erwerber zumindest Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens hat. Demgemäß wird ein Rücktrittsrecht vereinbart für den Fall der Versagung der Baugenehmigung. Die Fertigstellung wird einvernehmlich erst für den 18. Monat nach Erteilung der Baugenehmigung zugesagt.
Im Beispiel 4 wurde also bewusst und einvernehmlich davon abgesehen, einen Zeitpunkt der Vollendung i. S. der Entwurfsregelungen zu vereinbaren. Jedenfalls nach unserem Verständnis des Entwurfs bedingt die Festlegung des Zeitpunkts eine kalendermäßig bestimmte Festlegung (so Seite 65 Abs. 3 der Entwurfsbegründung: „verbindliches Datum“). Eine solche ist aber im Beispiel 4 zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht möglich, weil der Zeitpunkt des möglichen Baubeginns noch nicht feststeht. Eine Aussage ist nur möglich über einen Zeitraum.
Auch beim Bauträgervertrag kann sich also durchaus das in Art. 249 § 2 Abs. 2 Satz 2 EGBGB-E angesprochene Problem stellen. Gerade hier, wo der Veräußerer Grundstück und Wohnung gemeinsam auf den Markt bringt, können Erwerber durchaus ein Interesse an einem frühzeitigen Vertragsschluss haben, um sich „ihre“ Wohnung rechtzeitig zu sichern und auch um mit dem Bauträger gegebenenfalls noch individuelle Wünsche vereinbaren zu können. Liegt dann z. B. die Baugenehmigung nicht vor, kann ein Fertigstellungstermin noch nicht vereinbart werden. Im Vertrag kann nur die Dauer der Bauausführung zugesagt werden, verbunden mit einer Vereinbarung zum Zeitpunkt des Baubeginns (z. B. „binnen zwei Wochen nach Bestandskraft der Baugenehmigung“). Solche Vereinbarungen wurden bisher als unproblematisch zulässig angesehen und finden in der Praxis häufig Verwendung.
Werden nur Bauzeit sowie ein bestimmbarer Baubeginn vereinbart, gilt aber nach dem Wortlaut von § 650j Abs. 3 Satz 2 diese individuelle Vereinbarung nicht, denn sie betrifft ja nicht den datumsmäßig bestimmten Zeitpunkt der Vollendung. Nimmt man den Entwurfstext beim Wort, gilt vielmehr die womöglich aufgrund vager Vorüberlegungen erfolgte vorvertragliche Erklärung des Unternehmers in der Baubeschreibung.
Enthält also der Bauträgervertrag z. B. aus den vorgenannten Gründen keine verbindlichen Angaben zum Zeitpunkt der Vollendung i. S. eines verbindlichen Datums, werden nach § 650 Abs. 3, 650j Abs. 3 Satz 2 die vorvertraglich übermittelten Angaben Vertragsinhalt, nämlich die nach § 650t Abs. 2 i.V. mit § 650i und Art. 249 EGBGB schon vorab übermittelte (formlose) Baubeschreibung.
Das soll sogar dann gelten, wenn wie im Beispiel 4 der beurkundete Vertrag zwar Regelungen zur Dauer der Bauausführung enthält, aber keinen Zeitpunkt im Sinne eines verbindlichen Datums. Nicht die Festlegung im beurkundeten Vertrag (18 Monate nach Baubeginn) soll gelten, sondern es gilt die formlose Nennung der Dauer der Bauausführung in der Baubeschreibung (12 Monate). Nach dem Entwurf können also Informationen Bestandteil eines beurkundungsbedürftigen Vertrages werden, die gar nicht Gegenstand der Beurkundung waren, sondern in einfachen Schriftstücken enthalten sind. Sollte das tatsächlich gewollt sein, wäre dazu eine explizite Regelung zu den Auswirkungen auf den Beurkundungszwang nötig.
Dieses Ergebnis würde nicht nur den Sinn der Beurkundungsverhandlung konterkarieren, die dazu dienen soll, mit den Beteiligten eine angemessene übereinstimmende Lösung zu finden. Es ist auch dogmatisch schwer begründbar, wie eine formlose Verlautbarung den beurkundeten Willenserklärungen vorgehen kann. Ist der beurkundete Vertrag womöglich sogar nach § 125 BGB nichtig, weil die Dauer der Bauausführung nicht in der Form des § 311b Abs. 1 BGB geregelt worden ist? Mit anderen Worten: Zwingt die vorab erfolgte formlose Information über die Bauzeit zu einer wortgleichen vertraglichen Regelung ohne Verhandlungsmöglichkeit, jedenfalls wenn eine feste Terminzusage noch nicht erfolgen kann?
§ 650j Abs. 3, den Fertigstellungstermin betreffend, sollte daher im Bauträgervertrag jedenfalls insofern keine Anwendung finden, als ausschließlich der beurkundete Vertrag gilt und dieser kein verbindliches Datum, sondern mindestens eine verbindliche Festlegung eines Fertigstellungszeitraums enthalten muss. Daher sollte klargestellt werden, dass eine notariell beurkundete Abrede der vorvertraglichen Terminangabe vorgeht. Für die Baubeschreibung (§ 650j Abs. 1) wurde das in § 650t Abs. 3 erkannt. Ebenso wie beim Bauträgervertrag kein Anlass besteht, die vorvertraglich mitgeteilte Baubeschreibung Inhalt des Vertrages werden zu lassen, muss die vorvertragliche Mitteilung der Ausführungsdauer irrelevant sein. Für beides gelten die Erwägungen auf Seite 75 im 3. Teilstrich der Entwurfsbegründung: Der gesamte Vertragsinhalt einschließlich der Regelungen zum Fertigstellungstermin bedürfen gemäß § 311b Abs. 1 BGB der Beurkundung. Es besteht kein Anlass zur Anwendung von § 650j Abs. 3 im Rahmen des Bauträgervertrages.
Regelungsvorschlag zu den obigen Erwägungen:
§ 650j Abs. 1 Halbsatz 2 wird wie folgt gefasst:
„es sei denn, die Vertragsparteien haben ausdrücklich etwas anderes bestimmt oder der Bauvertrag wurde notariell beurkundet.“
In § 650j Abs. 3 wird folgender Satz 3 angefügt:
„Satz 2 gilt nicht, wenn der Bauvertrag notariell beurkundet wurde.“
2. § 650t Abs. 3 i. V. mit § 650e (Bauhandwerkersicherung)
Im Bauträgervertrag hat sich auf der Grundlage der Verordnung über Abschlagszahlungen bei Bauträgerverträgen vom 23. Mai 2001 (BGBl. I S. 981 – „HausbauVO“) i. V. mit der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) ein eigenständiges Sicherungsmodell etabliert. Demnach zahlt der Erwerber das vereinbarte Entgelt entsprechend dem Baufortschritt nach Sicherung seines Erwerbsanspruches in Abschlägen.
Nach § 650t Abs. 3 findet aber auch § 650e Anwendung. Danach kann also künftig der Bauträger vom Besteller/Käufer, der nicht Verbraucher ist (§ 650e Abs. 6 Satz 1 Nr. 2), Sicherheitsleistung für die noch nicht fälligen Abschläge verlangen.
Ob mit der derzeit üblichen Bezahlung in Abschlägen wirklich die optimale Lösung für die Sicherung der Interessen von Bauträger und Erwerber gefunden ist, mag dahinstehen und wird vielfältig diskutiert. Warum der Werkunternehmer einen Anspruch auf Sicherheitsleistung haben soll, wenn der Besteller selbst Unternehmer ist, leuchtet jedenfalls nicht unmittelbar ein.
Beispiel 5: Unternehmer U betreibt in einem Gebiet mit großem Wohnungs- und Fachkräftemangel ein Unternehmen im Bereich des Maschinenbaus. Um qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen, muss er diesen bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Er will daher im Vorhaben des Bauträgers B einige Appartements erwerben und diese an seine Auszubildenden vermieten.
Aus unserer Sicht besteht kein Anlass, diesen Unternehmer anders zu behandeln als einen Verbraucher. Warum soll dessen Bauträgervertrag anders aussehen als der der Eltern eines Lehrlings, die für ihr Kind ein Apartment bei Bauträger B kaufen? Für eine Lösung im Sinne des RefE müsste ein umfassender Konsens unter Einbeziehung auch der Banken gefunden werden. Jedenfalls würde die Refinanzierung der Sicherheitsleistung den Kreditrahmen des Unternehmers U schmälern und daher einen falschen Anreiz setzen.
Regelungsvorschlag dazu:
§ 650t Abs. 3 erhält folgende Fassung:
„Keine Anwendung finden die §§ 648, 650b bis 650e, 650j Absatz 1 sowie die §§ 650k und 650l Absatz 1.“
In § 650e Abs. 6 Nr. 2 könnten dann die Worte „oder um einen Bauträgervertrag nach § 650t handelt“ entfallen.
Ohnedies ist § 650e Abs. 6 Nr. 2 im Sinne der Booleschen Algebra nicht eindeutig. Bezieht sich die erste Tatbestandsvoraussetzung („Verbraucher“) nur auf die erste Möglichkeit der zweiten Tatbestandsvoraussetzung („Verbraucherbauvertrag“) oder auch auf die zweite („Bauträgervertrag“)? Formelhaft ausgedrückt heißt das:
T1 AND (T2a OR T2b) oder (T1 AND T2a) OR T2b?
3. § 650u
In der Praxis stellt sich für den Erwerber eines Bauträgervertrages immer wieder die Frage, ob ihm bei Mängeln, die er vor der Abnahme erkannt hat, ein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf einzelne Abschläge zusteht. Abhilfe im Sinne der Absicherung des Verbrauchers kann erreicht werden, indem auf § 632a Abs. 1 Satz 2 und 3 des Entwurfs verwiesen wird. Hierzu folgendes
Beispiel 6: Im Rahmen einer Baustellenbesichtigung sieht der Erwerber, dass der Aufbau des Fußbodens fehlerhaft ist. Er fragt daher, ob er dennoch den nächsten Abschlag in voller Höhe zahlen muss oder ob er schon jetzt einen angemessenen Teil zurückbehalten kann, um den Bauträger vor Verlegung des Bodenbelages zur Abhilfe anzuhalten.
Zudem erscheinen nach derzeitigem Recht die Folgen eines unwirksamen Zahlungsplans äußerst hart und für den Bauträger mitunter ruinös. Die Vorschriften der HausbauVO und der MaBV werden nicht als Auffangregelungen verstanden.[2] Bei unwirksamem Zahlungsplan gilt mithin bisher § 641 BGB, so dass die gesamte Zahlung erst mit Abnahme fällig wird. Für den Bauträger kann das Folgen haben, die nicht nur seine Existenz bedrohen, sondern dadurch auch den Fortgang des gesamten Bauvorhabens und somit die den anderen Erwerbern geschuldeten Leistungen. Die Konsequenz widerspricht auch der Einschätzung des Gesetzgebers zum normalen Werk- und Bauvertrag, wie sie in § 632a BGB zum Ausdruck kommt.
Dabei kann die Unwirksamkeit des Zahlungsplans durchaus auf nachvollziehbaren Gründen beruhen. Z. B. bei Altbausanierungen in Gebieten mit hohen Bodenpreisen, bei denen der Ratenplan individuell zu modifizieren ist, ist das Risiko der Unwirksamkeit auch ohne bösen Willen der Beteiligten hoch.
Aus diesem Grund regen wir an, die HausbauVO als Auffangregelung zu definieren, deren Zahlungsplan bei unwirksamer Vereinbarung auf den Vertrag Anwendung findet.
Regelungsvorschlag dazu:
§ 650u erhält folgende Fassung:
„§ 632a Abs. 1 findet entsprechende Anwendung. Der Unternehmer kann von dem Besteller Abschlagszahlungen gemäß der Verordnung auf Grund von Artikel 244 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch verlangen.“
4. Abnahme des Gemeinschaftseigentums
Die Frage, wer für die Abnahme des Gemeinschaftseigentums zuständig ist, ist in der Praxis nicht gelöst. Insoweit übernimmt der Bauträger jedem einzelnen Erwerber gegenüber die Pflicht, das gesamte Gemeinschaftseigentum, also z. B. Dach, Fassade, Treppenhaus, Außenanlagen, vertragsgemäß herzustellen. Demnach kommt in Betracht, dass auch jeder einzelne Erwerber dieses Gemeinschaftseigentum abzunehmen hat. Die Abnahme kann aber auch als Aufgabe der (künftigen) Eigentümergemeinschaft angesehen werden.
Klare höchstrichterliche Rechtsprechung dazu ist bis heute nicht vorhanden. Während einzelne Autoren insofern jeden einzelnen Besteller in der Pflicht sehen, halten andere die Eigentümergemeinschaft für zuständig.[3] Ebenso ungeklärt ist, inwieweit dazu vertragliche Regelungen möglich sind. Gefestigter Rechtsprechung entspricht nur, dass Klauseln, die die Abnahme durch einen vom Unternehmer benannten Sachverständigen bzw. den Verwalter vorsehen, ohne dass den Bestellern selbst das Recht zur Abnahme zusteht, gegen § 307 BGB verstoßen.[4]
Folge einer fehlerhaften Abnahme ist, dass die Gewährleistungsansprüche gegen den Bauträger insoweit nicht verjähren.
Es handelt sich hier um eine der zentralen Fragen des Bauträgervertragsrechts. Das Vorhaben, den Bauträgervertrag einer gesetzlichen Regelung zuzuführen, darf daher vor diesem Problem keinesfalls die Augen verschließen.
Eine vom BMJV gebildete Arbeitsgruppe (unter Beteiligung der Bundesnotarkammer) sucht bereits nach Regelungsvorschlägen für dieses Problem. Wir sehen den Ergebnissen mit großer Hoffnung entgegen.
II. Weitere Regelungen des RefE
5. § 309 Nr. 15
Wir dürfen anregen, in Nr. 15 a) auch auf § 650u zu verweisen bzw. zumindest in der Begründung klarzustellen, dass § 650u hiervon nicht erfasst ist.
6. § 439 Abs. 3
Die Ausbaukosten sind durch den Verkäufer beherrschbar, wenn es sich um eine Maßnahme am Erfüllungsort der Leistung handelt. Hat der Käufer die Sache aber woandershin verbracht und dort eingebaut, kann es schnell sehr teuer werden.
Beispiel 7: Käufer K kauft vom Verkäufer V komplexe Hauselektronik zur nachhaltigen Energienutzung und baut sie in eine Lodge in einem afrikanischen Nationalpark ein. Dort erweist sie sich als unbrauchbar und muss mit großem Bauaufwand ausgetauscht werden. Handwerker, die das können, sind vor Ort nicht zu bekommen und müssen eingeflogen werden.
Das Beispiel mag extrem gebildet sein. Abwegig ist die Konstellation jedoch nicht. Gerade Ferienimmobilien von Deutschen im europäischen Ausland werden oft unter Verwendung im Inland beschaffter Materialien von inländischen Handwerkern renoviert, aus- oder umgebaut. Das deutsche Handwerk genießt nun einmal, was fachgerechte Arbeit und Termintreue betrifft, einen besseren Ruf als das Baugewerbe südeuropäischer Länder.
Hier könnte man an eine Kostenobergrenze denken, z. B. das Doppelte der am Erfüllungsort üblichen Kosten.
7. §§ 445a, 445b
Grundsätzlich ist der Lieferantenregress ein geeignetes Mittel zur Förderung des inländischen Gewerbes. Die bei ausländischen Lieferanten ins Leere gehende Regressmöglichkeit verschafft inländischen Anbietern sowohl einen Anreiz, ihre Qualität zu verbessern, als auch einen Wettbewerbsvorteil. Konflikte mit dem EUV sind zudem nicht zu befürchten, da ausländische Wettbewerber nicht gehindert sind, ihre Qualität ebenfalls zu steigern.
Angesichts der werkvertraglichen Gewährleistung für Mängel am Gebäude trägt der Verkäufer ab dem 2. Jahr das Risiko für drei Jahre allein und kann keinen Regress gegen seinen Lieferanten nehmen. Bei Hemmung und Neubeginn der werkvertraglichen Gewährleistung wird dieser Zeitraum noch größer. Gerade bei Produkten, bei denen sich die Mängel erst gegen Ende der gesetzlichen Gewährleistung zeigen (manche sollen so konstruiert sein), ist das für Handwerksbetriebe misslich. Gerade mit Blick auf die nachfolgend unterbreiteten Vorschläge zur Verlängerung der Gewährleistungsfristen nach § 634a BGB sollte eine 100%ige Synchronisierung dieser Fristen vorgenommen werden.
8. Ziffer 16 RefE
Die Überschrift muss vor „§ 631 BGB“ eingefügt werden, nicht vor § 621 BGB.
9. § 632a
Absatz 1 Satz 3 entspricht der gesetzlichen Beweislastverteilung und kann daher entfallen.
10. §§ 650b, 650c
Mit recht sind die Vorschriften im Bauträgervertrag nicht anwendbar, § 650t Abs. 3. Bei einem Bauprojekt mit zahlreichen Käufern wäre ein Anordnungsrecht jedes Bestellers für den Unternehmer logistisch nicht mehr zu handhaben. Die Praxis des Bauträgervertrages hat zudem einige Instrumente entwickelt, um individuelle Wünsche zu ermöglichen, wie z. B.
- in der Baubeschreibung eingeräumte Auswahlrechte bei Sanitärausstattung, Bodenbelägen, Fliesen und Schaltern;
- Individualvereinbarungen im Bauträgervertrag (vgl. schon Beispiel 2);
- die Möglichkeit, Sonderwünsche über den Generalunternehmer des Bauträgers unmittelbar in Auftrag zu geben.
Jedoch bestehen auch im „normalen“ Bauvertragsrecht gegen die Vorschriften Bedenken.
Die §§ 650b und 650c sind zum einen streitanfällig. Sie bringen über die Beweislast für betriebsinterne Vorgänge und den Zwang, die Urkalkulation zum Vertragsinhalt zu machen, den Unternehmer in einer ohnedies schon allzu wettbewerbsintensiven Branche noch mehr in die Defensive. Sie prämieren letztlich die in der Branche „Änderitis“ genannte kostentreibende Eigenschaft mancher Besteller, ständig ihre Meinung zu ändern und den Unternehmer zu dauernden Umplanungen zu zwingen. Die Durchsetzung des Anordnungsrechts durch einstweilige Verfügung nach § 650b Abs. 4 ohne Glaubhaftmachung des Verfügungsgrunds führt letztlich die Situation des § 648a herbei.
Zum anderen sind „verbindliche Angaben zum Zeitpunkt“ nicht immer möglich. Oft wird der Bauvertrag schon vor Bestandskraft der Baugenehmigung geschlossen. Hier kann man allenfalls einen Zeitraum ab deren Bestandskraft angeben, nicht aber einen Zeitpunkt. Dass sich das Anordnungsrecht des Bestellers auf die Fertigstellung auswirkt, muss nach § 650b Abs. 2 Satz 3 der Unternehmer beweisen. Gelingt ihm das nicht, haftet er wegen mangelhafter Beschaffenheitsangabe. Das ist unbillig. Auf die obenstehenden Ausführungen zu 1. wird verwiesen.
11. Verbraucherbauvertrag
a) unbestimmte Rechtsbegriffe, §§ 650h und 650i
Die unbestimmten Rechtsbegriffe der „erheblichen Umbaumaßnahmen“ in § 650h Abs. 1 und der „wesentlichen Planungsvorgaben“ in § 650i sind streitanfällig und werden in der Praxis zu Lasten des Unternehmers ausgelegt werden.
Beispiel 8: Handelt es sich bei folgenden Maßnahmen um einen Verbraucherbauvertrag?:
- Einbau einer Solarthermieanlage/einer Wärmepumpe;
- Anbau von Balkonen oder eines Wintergartens.
Unter Umständen führt der Begriff „neues Gebäude“ zu überschießenden Tendenzen, wie z. B. beim Bau einer Fertiggarage oder eines Gartengerätehäuschens.
b) Widerrufsrecht, § 650k
Mit Recht nimmt der RefE notariell beurkundete Verträge vom Widerrufsrecht aus. Hier gelten die Erwägungen der Verbraucherrechterichtlinie ebenfalls.
Allerdings stellt sich zum einen die Frage, ob das Widerrufsrecht im Übrigen sachgerecht ist bzw. ob eine „Flucht in die notarielle Beurkundung“ hier, also etwa beim Bau einer Fertiggarage, ein sachgerechter Umgang mit der Ressource notarieller Leistungen ist.
Wir dürfen daher – außerhalb der notariellen Beurkundung – auf Folgendes hinweisen:
§ 650k führt zur Bauverzögerung, da der Unternehmer das Baumaterial erst einkaufen wird, wenn die Widerrufsfrist abgelaufen ist. Andernfalls bleibt er auf diesen Verwendungen sitzen.
Beispiel 9: Die bestehenden Balkone einer Wohnanlage sind nicht mehr zu retten. Sie müssen abgetragen und durch neue Balkone ersetzt werden. Die Baubehörde hat bereits eine entsprechende sofort vollziehbare Anordnung samt einem Betretungsverbot wegen Absturzgefahr erlassen, die Mieter mindern daher die Miete in erheblichem Umfang. Vermieter V, eine Privatperson, beauftragt den Unternehmer U mit der Baumaßnahme und bittet ihn, sofort tätig zu werden. U teilt dem V mit, dass er das Baumaterial, d. h. die maßgefertigten Stahlträger und Betonfertigteile erst nach Ablauf der Widerrufsfrist bestellten kann, da er wegen der „erheblichen Umbaumaßnahme“ von einem Verbraucherbauvertrag ausgehen muss. Während des Laufes der Widerrufsfrist verhängt die Baubehörde gegen V ein Zwangsgeld.
c) Übergabe von Unterlagen, § 650m
§ 650m kann nicht immer zum geschuldeten Zeitpunkt befolgt werden bzw. dessen Befolgung vor Ausführung der Leistung macht oft wenig Sinn. So ist ein nach Plan erstellter Energiepass ebenso viel wert wie die Verbrauchsangaben der Automobilhersteller.
d) Zusammenfassendes Beispiel
Beispiel 10: Besteller B (Verbraucher) will einen denkmalgeschützten Altbau umfassend sanieren. Sein Architekt A entwickelt Planvorgaben für die Raumaufteilung innen. Welche Maßnahmen jedoch bei den Gewerken Elektro, Heizung/Sanitär, Dachstuhl, Treppenhaus, Fassade, Fenster etc. im Einzelnen erforderlich sind, wird sich, wovon alle Beteiligten ausgehen, erst im Zuge der Baumaßnahme herausstellen. Bei Sanierungen ist eben nicht von Anfang an bekannt, was auf den Bauherren zukommt. Die einzelnen Gewerke werden daher nicht von vornherein ausgeschrieben und vergeben, sondern erst, wenn man näher (wenn auch noch nicht genau) weiß, welche Bauleistungen erforderlich sind.
Hier stellen sich mehrere Fragen, wie z. B.:
- Ist das Konzept des A eine „wesentliche Planungsvorgabe“ – vor allem dann, wenn es erst im Zuge der Maßnahme entwickelt wird („Vorgabe“)?
- Können einzelne Bauverträge im Zuge einer koordinierten Maßnahme eine „erhebliche Umbaumaßnahme“ darstellen, wenn sie in der Summe eine solche ergeben, für sich genommen aber eventuell nicht?
- Wie sind überhaupt die gesetzlichen Vorgaben der Übergabe einer Baubeschreibung, der Vereinbarung eines Fertigstellungstermins oder die Aushändigung eines Energiepasses zu lösen?
An diesem Beispiel erkennt man, dass das Leitbild der Verfasser des RefE die Erstellung eines Neubaus durch einen Generalunternehmer ist. Dieses Leitbild bildet jedoch nur einen Teil der Realität des privaten Baurechts ab.
12. § 650s
Ob die teilsubsidiäre Haftung des Architekten und Ingenieurs das Versicherungsproblem lösen kann, erscheint fraglich. Angesichts des Problems wirkt die Regelung – bei allem Respekt – etwas halbherzig. Der Anbieter, der – da der Billigste – den Zuschlag bekommen hat, ist dann, wenn sich die Haftungsfrage stellt, schon längst insolvent bzw. in den Steppen Asiens verschwunden.
Nur ein Haftpflichtversicherungszwang für Bauhandwerker (die meisten sind ohnedies versichert) schafft ein Gleichgewicht zwischen beiden Gruppen und dient der Streitvermeidung, da die Versicherer untereinander mit Teilungsabkommen arbeiten können. Das Beispiel der seit einigen Jahren als VVaG operierenden Vertrauensschadenversicherung für Notare zeigt, dass die betroffenen Berufsgruppen hierzu nicht auf die Versicherungswirtschaft zurückgreifen müssen. Selbsthilfe innerhalb des Handwerks ist vielmehr rechtlich möglich. Eine solche Regelung ist insgesamt kostenneutral, da sie zum Rückgang der Versicherungsprämien für Ingenieure und Architekten führt.
13. Überleitungsvorschriften
Diese erscheinen nicht nur, aber gerade mit Blick auf die §§ 650b, 650i bis 650k für laufende Projekte geboten.
Regelungsvorschlag:
„Die Regelungen dieses Gesetzes finden nur auf solche Verträge Anwendung, die nach dessen Inkrafttreten geschlossen worden sind.“
III. Desiderata zum RefE
14. Gewährleistungsfristen
Eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist für Mängel am Bauwerk in § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB auf zehn Jahre ist empfehlenswert. Diese Maßnahme versteht sich als Teil einer aktiven Industriepolitik im Sinne der Nachhaltigkeit und damit des Umwelt- und Verbraucherschutzes. Man schafft einen Anreiz, entsprechend lang haltbare Produkte anzubieten und diese sorgfältig zu verarbeiten. Dies beinhaltet einen Wettbewerbsvorteil für das deutsche Handwerk und die deutsche Bau- und Baustoffindustrie bzw. gleicht einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Ländern aus, in denen die Verjährungsfrist schon jetzt länger ist (vgl. etwa Art. 1792-4-1 des frz. Code civil und Art. 1669 comma 1 des ital. Codice civile mit einer Frist von jeweils ebenfalls zehn Jahren[5] sowie Art. 7:761 Nr. 2 des niederl. Burgerlijk Wetbook mit Fristen von bis zu 20 Jahren).
Es müsste dann aber auch die Verjährungsfrist für den Rückgriff nach § 445b entsprechend verlängert werden (zur Synchronisation dieser Fristen siehe oben 7).
15. Grammatik
Im RefE steht im Dativ „Gesetzbuche“. Das „e“ ist grundsätzlich zu streichen (also „zum Bürgerlichen Gesetzbuch“).
Fußnoten:
[1] §§ ohne Gesetzesangabe sind solche des BGB, ggfls. i. d. F. des RefE.
[2] Vgl. BGH v. 22.12.2000, VII ZR 310/99, BGHZ 146, 250 = NJW 2001, 818; BGH v. 22.03.2007, VII ZR 268/05, BGHZ 171, 364 = NJW 2007, 1947; BFH v. 23.11.2006, II R 38/05, DStRE 2007, 433 = ZIP 2007, 976; OLG Stuttgart v. 13.03.2006, 5 U 198/05, NotBZ 2006, 436 = NZBau 2006, 508 = BauR 2007, 406; OLG Celle v. 06.08.2003, 7 U 36/03, NJW-RR 2004, 592; OLG Naumburg v. 13.11.2009, 10 U 20/09, NJW-RR 2010, 1323.
[3] Ausführliche Darstellung bei Basty, Der Bauträgervertrag, 8. Aufl. 2014, Rz. 990-1044, bes. 1006-1034.
[4] Palandt-Sprau, BGB, 74. Aufl. 2015, § 640 Rz. 5 a.E.
[5] Das österreichische ABGB sieht in § 933 Abs. 1 allerdings eine für Kauf- und Werkvertrag einheitliche Verjährung in drei Jahren vor, das schweizer Recht entspricht hier dem BGB, vgl. Art. 371 Abs. 2 OR. Das könnte auf Nachholbedarf im deutschsprachigen Raum hindeuten.