Gesetzgebungsvorschläge der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vom 20. Juli 2021 (AML-Paket)

 

Stellungnahme vom 1.9.2021

Die oben genannten Gesetzgebungsvorschläge der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung veranlassen uns zu dieser Stellungnahme. Dabei beschränken wir uns auf Kernpunkte des AML-Pakets mit Bezug zur notariellen Tätigkeit:

 

A. Vorangestellter Gesamtbefund

Es entspricht seit jeher dem Selbstverständnis der Notarinnen und Notare als Träger eines öffentlichen Amtes, einen relevanten Beitrag zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung leisten und ihre Amtstätigkeit bei Kenntnis eines ungesetzlichen oder unredlichen Handelns zu versagen. Der Deutsche Notarverein und die in ihm zusammengeschlossenen Notarinnen und Notare im Hauptberuf unterstützen daher die Bestrebungen der Kommission für eine weitere Verbesserung und Intensivierung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Gleichzeitig stehen wir für eine zielführende und zweckmäßige Aufgaben- und Rollenverteilung zwischen Verpflichteten (darunter notarielle Berufsträger) und den eigentlichen Strafverfolgungs- bzw. Ermittlungsbehörden. Dieser Maxime werden die Gesetzgebungsvorschläge nicht gerecht, indem sie den Verpflichteten und Beteiligten eine undifferenzierte Abarbeitung eines Pflichtenkanons abverlangen, ohne dass dies einen erkennbaren und dargelegten Erkenntnisgewinn im Bereich der Geldwäschebekämpfung verspräche und ohne dass im Einzelfall Anhaltspunkte für ein Geldwäscherisiko bestünde. Die Gesetzgebungsvorschläge der Europäischen Kommission erhöhen in einem erheblichen Umfang den Aufwand für Verpflichtete und Beteiligte, ohne dass im Einzelnen erkennbar wäre, ob sich dies im Ergebnis für eine verbesserte Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung niederschlägt. Das Spannungsfeld zwischen Berufsgeheimnisträger und Geldwäschebekämpfung sollte dabei – soweit möglich – typologisch aufgelöst werden.

Eine zweckmäßige und ergebnisorientierte Aufgabenverteilung, die in einem angemessenen Verhältnis steht, bedeutet, dass die Verpflichteten, darunter Notarinnen und Notare, als die nah „am Fall und an den Mandanten“ agierenden Berufsträger Auffälligkeiten melden sollen, die ihnen zur Kenntnis gelangen. Danach haben zuständigkeitshalber die Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden zu übernehmen, die personell und materiell entsprechend ausgestattet sein müssen, um effektive Geldwäschebekämpfung leisten zu können.

Nach unserer Einschätzung

  • haben die Verpflichteten, darunter Notarinnen und Notare, Auffälligkeiten zu melden; sie sind aber keine Ermittlungs- und Polizeibehörde. Gerade Berufsgeheimnisträger dürfen nicht mit einem Generalverdacht gegen die rechtsuchende Bevölkerung arbeiten.
  • dürfen keine überspannten Anforderungen an Ermittlungspflichten der Verpflichteten gestellt werden, die hierfür auch keine entsprechenden Ermittlungsinstrumente haben.
  • lässt sich das Spannungsfeld zwischen Berufsgeheimnis und Geldwäsche-/Kriminalitätsbekämpfung besser austarieren als nach der Konzeption der Gesetzgebungsvorschläge vorgesehen, die zu weniger Meldungen und damit zu weniger Daten für die Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden führen werden.

Im Einzelnen:

 

B. Zum Vorschlag für eine EU-Geldwäscheverordnung

Nach dem Vorschlag einer Verordnung zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung („EU-Geldwäscheverordnung“)[1] soll ein nunmehr einheitliches, EU-weit vollharmonisiertes Regelwerk insbesondere im Bereich der Sorgfaltspflichten und zur Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten entstehen. Hierfür ist geplant, viele Regelungen, die bislang in Richtlinien enthalten sind, in eine EU-weit unmittelbar geltende Verordnung zu überführen und diese im selben Zuge teils erheblich, nach unserem Dafürhalten mitunter unverhältnismäßig, zu verschärfen (dazu sub I.). Anderenfalls würde der in Deutschland unter Beteiligung der Notarinnen und Notare speziell im Immobilienbereich erreichte hohe rechtliche Standard bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch die mit der Verordnung einhergehende Harmonisierung gefährdet werden (dazu sub II.).

 

I. Vereinheitlichung und Verschärfung der verschiedenen Sorgfaltspflichten

Der Vorschlag für die Geldwäscheverordnung unter Chapter III: Customer Due Diligence bewirkt im Vergleich zur geltenden Rechtslage eine weitgehende Vereinheitlichung der verschiedenen Sorgfaltspflichten, ungeachtet des konkreten Geldwäscherisikos. Zu erheblichen Verschärfungen der Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden würde es zugleich im Bereich des nicht erhöhten Geldwäscherisikos in einigen Punkten kommen.

 

1. Pflicht zur Überprüfung der Bilanzierungsdokumente der Beteiligten

Nach der Konzeption des Verordnungsvorschlags haben Verpflichtete bei Beteiligung von Gesellschaften selbst bei üblichem Geldwäscherisiko künftig anhand von Bilanzierungsdokumenten oder sonstigen Informationen zwingend zu überprüfen, ob die Gesellschaft eine Geschäftstätigkeit ausübt (Art. 18 Abs. 1 lit. b [iii] EU-GeldwäscheVO-E). Für die Verpflichteten wie auch für die Beteiligten wird dies nicht nur zu einem erheblichen bürokratischen und strukturellen Aufwand führen. Zudem ist der Begriff der Geschäftstätigkeit in diesem Zusammenhang nur schwer eingrenzbar (kommt es auf einen bestimmten Umsatz – falls ja, in welcher Höhe – an? auf Arbeitnehmer und deren Löhne? und/oder auf Aufwendungen für Büro- und Geschäftsausstattung?), was zu zusätzlicher Rechtsunsicherheit führt.

Die Regelung, mit der vermutlich Briefkastenfirmen aufgedeckt werden sollen, verkennt auch, dass die bloße Vermögensverwaltung einen legitimen Unternehmenszweck darstellt; es ist jedenfalls nach deutschem Recht nicht unzulässig, keine operative Geschäftstätigkeit auszuüben.

 

2. Weitere Identifizierungspflichten in Bezug auf die beteiligten Vertragspartner und wirtschaftlich Berechtigten

Nach derzeitiger Rechtslage sind bei der Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten jedenfalls Vor- und Nachnamen zu erheben, weitere Identifizierungsmerkmale nur dann, wenn dies „in Ansehung des im Einzelfall bestehenden Risikos der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung angemessen ist“ (§ 11 Abs. 5 S. 1 GwG). Künftig müssen seitens der Verpflichteten – deutlich weitergehend – pauschal und ungeachtet des im Einzelfall ausgemachten Geldwäscherisikos zahlreiche weitere Informationen erhoben werden, darunter der Geburtsort, die Wohnadresse (nicht lediglich der Wohnort), die Staatsangehörigkeit, die nationale Identifikationsnummer sowie die Steueridentifikationsnummer (Art. 18 Abs. 2, Art. 44 Abs. 1 lit. a EU-GeldwäscheVO-E). Die beteiligten Vertragspartner haben künftig zudem – über die bislang vorgesehenen Daten hinaus – zusätzlich auch ihren Beruf anzugeben (Art. 18 Abs. 1 lit. a [iv] EU-GeldwäscheVO-E). All diese Informationen sind mittels zuverlässiger und unabhängiger Quelle zu überprüfen (Art. 18 Abs. 4 EU-GeldwäscheVO-E: „from reliable and independent sources“). Dies bedeutet für die Beteiligten, darunter viele kleinere und mittelständische Unternehmen, Stiftungen und gemeinnützige Vereine, einen erheblichen organisatorischen, zeitlichen und auch kostenmäßigen Aufwand, etwa für externe Berater, Bescheinigungen etc.

Gänzlich unpraktikabel zeigt sich schließlich die – ebenfalls vom konkreten Geldwäscherisiko losgelöste – Pflicht, den wirtschaftlich Berechtigten, der gerade nicht (formaler) Vertragsbeteiligter und damit auch nicht bei Beurkundung anwesend ist, anhand eines Ausweisdokuments identifizieren zu müssen (Art. 18 Abs. 4 EU-GeldwäscheVO-E). Die Gesellschafter müssten sich danach künftig jedes Mal gegenüber einem Verpflichteten ausweisen, wenn ihre Gesellschaft, ordnungsgemäß vertreten durch den Geschäftsführer, eine relevante Transaktion durchführt (z. B. eine Immobilie erwirbt).

All dies, obwohl sämtliche relevante Daten bereits in das Transparenzregister eingetragen und aktuell gehalten werden müssen (siehe Art. 10 Abs. 1 des Vorschlags der Kommission für eine 6. Geldwäscherichtlinie). Gleiche oder ähnliche Daten müssten künftig ohne erkennbare Not mehrfach erhoben werden, was zu einer erheblichen Doppelbelastung für die Beteiligten und die Wirtschaft insgesamt führen wird. Dies wird insbesondere Vereine mit in vielen Fällen ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern und kleinere- und mittelständische Unternehmen hart treffen. Warum die in das Transparenzregister einzutragenden Daten nicht ausreichen sollen, erschließt sich uns nicht.

 

3. Pflicht zur Ermittlung der Herkunft der Vermögenswerte

Drittens soll die bislang nur ausnahmsweise bei erhöhtem Geldwäscherisiko bestehende Pflicht zur Bestimmung der Herkunft der Vermögenswerte, die im Rahmen der Geschäftsbeziehung oder der Transaktion eingesetzt werden (§ 15 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 GwG), künftig zum Regelfall werden (Art. 20 lit. c und d EU-GeldwäscheVO-E). Diese verschärfte Regelung stellt nicht nur einen unverhältnismäßigen Mehraufwand für alle Verpflichteten dar, sie begegnet wegen ihres immanenten „Generalverdachts“ gegenüber allen Bürgerinnen und Bürger ohne Berücksichtigung eines im Einzelfall erhöhten Risikos der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung, mit anderen Worten ohne jegliche Anhaltspunkte für Geldwäsche, nach unserem Dafürhalten auch unionsrechtlichen Bedenken.

 

4. Weitere Aspekte

Die vorbenannten regulatorischen Verschärfungen allein im Bereich der Sorgfaltspflichten und der Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten würden für die Verpflichteten und somit unter anderem für Notarinnen und Notare, die weder polizeiliche noch detektivische Aufgaben und Befugnisse haben, zu einer erheblichen Doppelbelastung führen, ohne dass sie einen erkennbaren Erkenntnisgewinn im Bereich der Geldwäschebekämpfung versprechen und ohne dass im Einzelfall Anhaltspunkte für ein erhöhtes Geldwäscherisiko bestünden. Vielmehr sollte man unserer Meinung nach zunächst die geltenden nationalen gesetzlichen Regelungen, insbesondere die GwGMeldV-Immobilien, einer Evaluation unterziehen und in diesem Rahmen prüfen, ob überhaupt weitere gesetzliche Vorhaben veranlasst sind. Nach unserem Dafürhalten hat sich insoweit der geltende abgestufte Sorgfaltspflichtenmaßstab mit unterschiedlicher Pflichtenausgestaltung bewährt, sodass sich die Bundesregierung für eine Beibehaltung dessen einsetzen sollte. Wir befürchten gerade für Verpflichtete im Nichtfinanzsektor, bei denen es sich überwiegend um Kleinunternehmer mit begrenzten Ressourcen handelt, einen unverhältnismäßigen Mehraufwand in Form einer überbordenden Bürokratie, gleichzeitig sehen wir die Gefahr einer unnötigen Belastung der Wirtschaft etwa durch Doppelerhebungen im Transparenzregister und beim Verpflichteten sowie ein „Generalverdacht“ gegenüber allen Bürgerinnen und Bürger ohne Not.

Weiter weisen wir darauf hin, dass unter bestimmten Voraussetzungen, etwa wenn eine alleinige Teilnahme am öffentlichen Leben voraussichtlich nicht mehr möglich ist, Personen in Deutschland von der Ausweispflicht befreit werden können (vgl. § 1 Abs. 3 Personalausweisgesetz). Diese Befreiung ist insbesondere bei älteren Personen verbreitet zu beobachten, selbst wenn weiterhin eine volle Geschäftsfähigkeit gegeben ist. Auch in diesen Fällen bleiben wichtige Beurkundungen im geldwäscherechtlichen Bereich erforderlich, etwa zur Absicherung der liquiden Mittel im Alter durch Veräußerung einer Immobilie oder zur Entledigung von Verkehrssicherungspflichten durch Veräußerung eines Waldstücks. Wir regen daher an, im Bereich des geringen Risikos der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung weiterhin eine angemessene Reduzierung der Sorgfaltspflichten zu ermöglichen, zumindest eine Identifizierung auf Grundlage von sonstigen Dokumenten, Daten oder Informationen zu gestatten (vgl. § 14 Abs. 2 GwG). Es stellen sich auch Fragen des deutschen Verfassungsrechts (Art. 14 GG), sollte es dazu kommen, dass Menschen aus formalen geldwäscherechtlichen Gesichtspunkten nicht mehr über ihr Eigentum verfügen können, obgleich kein Geldwäscheverdacht im Einzelfall besteht.

 

II. Drohender Wegfall der nationalen Geldwäschegesetz-Meldepflichtverordnung-Immobilien und Absenkung der Zahl an Verdachtsmeldungen

Notarinnen und Notare üben einerseits als Träger eines öffentlichen Amtes eine hoheitliche Funktion aus, zum anderen aber unterhalten sie auch eine besondere, rechtlich geschützte Vertrauensbeziehung zu ihren Mandanten (Vertragspartnern). Dies kommt insbesondere in der berufs- und strafrechtlich geschützten Pflicht zur Verschwiegenheit zum Ausdruck (§ 18 BNotO und § 203 StGB), die unerlässliche Grundlage für die Ausübung der Amtstätigkeit ist. Im Geldwäschegesetz ist die Rechtsberatung daher in bestimmten Punkten privilegiert. So dürfen Berufsgeheimnisträger eine Geschäftsbeziehung auch dann begründen oder fortsetzen, wenn die allgemeinen Sorgfaltspflichten nicht erfüllt werden können (§ 10 Abs. 9 S. 3 GwG). Zudem dürfen sie nur dann eine Meldung nach dem Geldwäschegesetz vornehmen, wenn sie positive Kenntnis davon haben, dass der Mandant bzw. Vertragspartner zum Zweck der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder einer anderen Straftat handelt (§ 43 Abs. 2 Satz 2 GWG).

Diese wichtigen Privilegierungen für Berufsgeheimnisträger entsprechen den europarechtlichen Vorgaben, die bislang in eine Richtlinie gegossen waren. In diesem Spannungsfeld zwischen notarieller Verschwiegenheitspflicht und dem Ziel der effektiven Geldwäschebekämpfung bewegen sich auf nationaler Ebene die speziellen Beurkundungsverbote des § 10 Abs. 9 S. 4 GwG sowie die Geldwäschegesetz-Meldepflichtverordnung-Immobilien (GwGMeldV-Immobilien), die klar und unzweideutig Fälle konkretisiert, welche im sensiblen Immobiliensektor über positiver Kenntnis hinaus ebenfalls zu einer Meldepflicht nach dem GwG führen. Diese überschießenden, mithin über die EU-Geldwäschevorgaben hinausgehenden Vorschriften waren zulässig, da die Richtlinie lediglich eine „Mindestharmonisierung“ vorgibt. Die EU-Geldwäscheverordnung führt hingegen zu einer „Vollharmonisation“, bei der weitergehende nationale Regelungen einer ausdrücklichen Ermächtigung bedürften. Dies ist nach der Konzeption des Verordnungsvorschlags im Bereich der Nichterfüllung der Sorgfaltspflichten (Art. 17 EU-GeldwäscheVO-E) und der Meldepflichten (Art. 51 Abs. 2 EU-GeldwäscheVO-E) jedoch gerade nicht vorgesehen. Die nationalen Beurkundungsverbote sowie insbesondere die GwGMeldV-Immobilien wären nach unserem Dafürhalten in der Folge nicht mehr mit dem in diesem Bereich vollharmonisierten Unionsrecht vereinbar. Dies ist insofern bedauerlich, als sich diese Regelungen auf nationaler Ebene unseres Erachtens bewährt haben und geeignet sind, einen relevanten Beitrag zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu leisten.

 

C. Zum Vorschlag für eine 6. EU-Geldwäscherichtlinie

In Bezug auf die vorgeschlagene Sechste Richtlinie zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung,[2] die die durch die Fünfte Geldwäscherichtlinie geänderte Vierte Geldwäscherichtlinie ersetzen soll, weisen wir bereits heute auf Wertungswidersprüche gegenüber dem geltenden nationalen Geldwäschegesetz hin, das aus guten Gründen Berufsgeheimnisträger besonderen Schutz zugesprochen hat.

Um einer möglichen Umgehung der Privilegierung der Rechtsberatung von vornherein zu begegnen, hat der nationale Gesetzgeber durch das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz zu Recht den Maßstab für die Meldepflicht von Aufsichtsbehörden angepasst und § 44 Abs. 1 GwG um einen Satz 2 ergänzt, wonach die Verdachtsmeldepflicht nicht für die Aufsichtsbehörde gilt, sofern der Berufsgeheimnisträger nicht zur Meldung verpflichtet ist. Dieser Aspekt sollte auch in den weiteren Beratungen über die 6. EU-Geldwäscherichtlinie (dort Art. 32 Abs.1) Berücksichtigung finden.

Gleiches gilt für eine gebotene Ausnahme für Berufsgeheimnisträger von der Pflicht zur Abgabe einer Unstimmigkeitsmeldung (vgl. die Rechtslage im nationalen Recht in § 23a Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 43 Abs. 2 GwG).

 

D. Zum Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung einer neuen EU-Behörde für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Zentraler Bestandteil des Legislativpakets ist die Schaffung einer neuen auf EU-Ebene angesiedelten Behörde für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AMLA).[3] Aus guten Gründen soll nach den Verlautbarungen der Europäischen Kommission und der grundsätzlichen Konzeption des Verordnungsvorschlags eine direkte Aufsicht durch die AMLA nur über besonders risikoreiche Finanzinstitute erfolgen. Der sehr heterogene Nicht-Finanzsektor soll hingegen weiterhin der deutlich effektiveren und fachnäheren dezentralen Aufsicht durch die Behörden in den jeweiligen Mitgliedstaaten unterworfen bleiben; die AMLA soll insoweit allein koordinierende Funktionen übernehmen.[4]

Zu diesen richtigen und wichtigen Verlautbarungen der Europäischen Kommission im Widerspruch steht Art. 32 des Verordnungsvorschlags, der der AMLA weitreichende Kompetenzen und Durchgriffsrechte gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden explizit im benannten Nicht-Finanzsektor gewährt. Es steht nach unserem Dafürhalten zu befürchten, dass über die in Art. 32 AMLA-VO-E geschaffenen Möglichkeiten für weitreichende Vorgaben der AMLA gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden faktisch eine Aufsicht durch die AMLA auch im Nicht-Finanzsektor etabliert und damit die Vorteile einer fachnäheren dezentralen Aufsicht konterkariert würden. Der richtige Platz und das richtige Mittel zur Klärung möglicher Verstöße der Mitgliedstaaten gegen das Unionsrecht ist nach der Konzeption der europäischen Verträge das Vertragsverletzungsverfahren. An diesem Grundpfeiler sollte nicht der Versuch einer Erschütterung unternommen werden; alles andere, so auch die Konzeption des Art. 32 des Verordnungsvorschlags, begegnet erheblichen rechtlichen und rechtspolitischen Bedenken.

Zudem regen wir an, in den geplanten und zu begrüßenden Austausch zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden, hierzulande der deutschen FIU, und der AMLA auf europäischer Ebene (vgl. Art. 31 AMLA-VO-E) institutionalisiert ebenfalls Vertreter der Verpflichteten einzubeziehen, als diese durch ihre Tätigkeit vor Ort über eine besondere Expertise verfügen.

Schließlich bleibt anzumerken: Die Vorschläge der Kommission beenden hoffentlich eine Periode, in der innerhalb weniger Jahre eine Vielzahl neuer Regelungen im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – wir sind nun bei der sechsten Geldwäscherichtlinie – erlassen wurden. Es wäre zu begrüßen, wenn nunmehr für die Beteiligten und Verpflichteten, darunter Notarinnen und Notare, eine gewisse Kontinuität und Planbarkeit Einzug finden würde.

 

Druckfassung

 

Fußnoten:

[1] COM(2021) 420 final vom 20.7.2021.

[2] COM(2021) 423 final vom 20.7.2021.

[3] COM(2021) 421 final vom 20.7.2021.

[4] Siehe nur die Pressemitteilung der Europäischen Kommission betreffend das AML-Paket vom 20.7.2021, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_21_3690 [zuletzt aufgerufen am 18.8.2021].

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