Stellungnahme vom 20.04.2011
Der Deutsche Notarverein dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Optimierung der Geldwäscheprävention. Wir nehmen diese sehr gern wahr.
Wir unterstützen das Ansinnen, die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung effektiv zu gestalten. Die Einschaltung eines Notars, insbesondere bei immobilien- und gesellschaftsrechtlichen Transaktionen, ist hierbei ein besonders geeignetes Mittel, um die beweissichere Einhaltung der im GwG normierten Sorgfaltspflichten – etwa zur Identifizierung des Vertragspartners (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 GwG) oder zur Klärung der Frage, ob der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 GwG) – zu gewährleisten. Notare nehmen als Träger eines öffentlichen Amtes, die befugt sind, Urkunden mit besonderer Beweiswirkung zu erstellen (§ 415 ZPO), ihre Pflichten aus dem GwG besonders ernst und tragen so in ihrem Bereich zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bei.
Erlauben Sie uns bei dieser Gelegenheit vorab, unserer Stellungnahme folgende Gedanken voranzustellen: Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gedeihen dort nicht, wo verlässliche öffentliche Register mit einer qualifizierten Pubilizität existieren. Mit der Pflicht zur Offenlegung von Identität und Unternehmenszweck wird Kriminalität vorgebeugt. Dies gilt etwa für manipulierte Eintragungen, Tarnfirmen oder nicht existente Vertreter juristischer Personen. Umso bedenklicher erscheint es uns, wenn durch gesetzgeberische Maßnahmen – etwa der durch das EHUG erfolgten Streichung der Zeichnungspflicht für Prokuristen – diese kriminalpräventive Funktion der Register geschwächt worden ist.
Beispiel:
Bis zum 31.12.2006 musste ein Prokurist vor dem Notar seine Namensunterschrift zeichnen, so dass er zum einen identifiziert war, zum anderen von ihm eine Unterschriftsprobe existierte. Zum 01.01.2007 ist diese Pflicht mit Einführung des vollelektronischen Handelsregisters entfallen. Seither ist es möglich, Personen unter falschem Namen oder sogar erfundene Personen zu Prokuristen zu bestellen und so mit Vertretungsmacht auszustatten. Österreich hat mit Blick auf diese Schutzlücke trotz der Elektronisierung des dortigen Firmenbuchs die Pflicht zur Unterschriftszeichnung vor dem Notar hingegen beibehalten (§§ 53 Abs. 2, 11 Abs. 1 des österreichischen Bundesgesetzes über besondere zivilrechtliche Vorschriften für Unternehmen – UGB).
Da die in dem Entwurf aufgenommenen Änderungen des GwG im Übrigen für notarielle Tätigkeiten nur von untergeordneter Bedeutung sind, nehmen wir nur zu denjenigen Regelungen Stellung, die Einfluss auf die tägliche Arbeit der Notare haben.
1. Änderung des § 9 GwG
Das derzeit geltende GwG sieht – anders als die bis zum 20. August 2008 geltende Fassung – keine Bestellung eines Geldwäschebeauftragten vor (vgl. § 9 Abs. 2 GwG). Aufgrund der Kritik der FATF soll nunmehr die Verpflichtung zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten (wieder) eingeführt werden. Als Begründung wird hierbei insbesondere angeführt, dass es
„nicht sinnvoll (sei), selbst Verpflichtete mit komplexer Arbeitsteilung, die auf dem Weltmarkt aktive Großunternehmen mit mehreren Tausend Mitarbeitern umfassen können, von dieser organisatorischen Verpflichtung schrankenlos zu entbinden“ (S. 46).
Dass in derartigen Konstellationen die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten als sinnvolle interne Sicherungsmaßnahme angesehen werden kann, um die Anfälligkeit solch komplexer Strukturen für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verringern, ist nicht in Abrede zu stellen. Der neugefasste § 9 Abs. 2 Nr. 1 GwG-E schießt nach unserer Sicht jedoch wie bereits die bis 2008 geltende Gesetzesfassung über das Ziel hinaus. So sollen hiernach (auch) die Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 GWG – also auch jeder individuelle Notar – die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten vorsehen.
Hierbei wird zum einen die spezifische berufsrechtliche Stellung des Notars nicht in Rechnung gestellt, zum anderen die geringe Betriebsgröße eines Notarbüros nicht berücksichtigt.
Bereits der bundesrechtlich vorgegebene Status des Notars als unabhängiger Träger eines öffentliches Amtes verbietet es, eine andere Person als den Notar selbst als Geldwäschebeauftragten anzusehen. Schließlich muss der Geldwäschebeauftragte, um effektiv arbeiten zu können, die Entscheidung über die konkrete Weiterleitung von Verdachtsanzeigen an die zuständigen Ermittlungsbehörden treffen können, und zwar unabhängig von etwaigen Weisungen eines Dritten. Spiegelbildlich muss der Geldwäschebeauftragte in seinem Aufgabenkreis auch selbst gegenüber den sonstigen Mitarbeitern des Verpflichteten weisungsbefugt sein. Eine derartige Weisungsbefugnis der Mitarbeiter des Notars widerspricht jedoch der gesetzlich determinierten Unabhängigkeit des Notars. Überdies kann nur dieser die Entscheidung über die etwaige Weiterleitung einer Verdachtsanzeige an die zuständigen Behörden treffen.
Wenn nun aber ohnehin der Notar den einzig in Betracht kommenden Ansprechpartner in sämtlichen Geldwäscheangelegenheiten darstellt, ergeben sich unserer Auffassung nach drei Lösungsmöglichkeiten: (1) Zunächst könnte der Notar explizit von der Verpflichtung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 GwG-E in toto ausgenommen werden. (2) Hilfsweise könnte klarstellend normiert werden, dass der Notar als Amtsträger selbst die Funktionen des Geldwäschebeauftragten ausübt, so wie es im Einklang mit einem Rundschreiben der Bundesnotarkammer zur alten Gesetzeslage (RS 48/2003) bereits der allgemeinen Handhabung entsprach.
(3) Sollte der Gesetzgeber diesen Vorschlägen nicht folgen, regen wir an, zumindest die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 4 S. 2 GwG-E zu modifizieren. Hiernach sollen die zuständigen Behörden nach § 16 Abs. 2 Nummern 3b bis 9 GwG – für die Notare also der jeweilige Präsident des Landgerichts, in dessen Bezirk der Notar seinen Sitz hat (§ 92 Nr. 1 BNotO) – pauschal bestimmen können, dass
„Verpflichtete mit kleiner Geschäfts- bzw. Betriebsgröße von der Bestellung eines Geldwäschebeauftragten […] absehen können, wenn sichergestellt ist, dass die Gefahr von Informationsverlusten und -defiziten auf Grund arbeitsteiliger Unternehmensstruktur nicht besteht und nach risikobasierter Bewertung anderweitige Vorkehrungen getroffen werden, um Geschäftsbeziehungen und Transaktionen, die mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zusammenhängen, zu verhindern.“
Ausweislich der Begründung des Entwurfs hat der Gesetzgeber bei der Verpflichtung zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten größere Unternehmen im Auge und nicht den selbstständig mit in der Regel wenigen Angestellten tätigen (hauptberuflichen) Notar. Daher stellt Letzterer – zumindest soweit sein Büro, wie regelmäßig, nur eine kleine „Geschäfts- bzw. Betriebsgröße“ aufweist – per se keinen sinnvollen Adressaten der Verpflichtung zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten dar. Der Deutsche Notarverein regt vor diesem Hintergrund an, die Möglichkeit vorzusehen, für derartige Fälle generelle Ausnahmen von der genannten Verpflichtung zur Bestimmung eines Geldwäschebeauftragten auszusprechen. Überdies sollte darüber nachgedacht werden, zur Justizentlastung für die hier zu treffende Entscheidung eine originäre Zuständigkeit der Notarkammer/n zu begründen. Eine individuell durch den jeweiligen Präsidenten des Landgerichts durchzuführende Prüfung eines jeden der rund 8.500 Notare in Deutschland dahingehend, ob er/sie die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 S. 3, 2. HS GwG-E erfüllt, führte demgegenüber zu einem unvertretbar hohen Bürokratieaufwand.
2. Hinzufügung § 16 Abs. 4 GwG-E
In § 16 Abs. 4 GwG-E wird das Auskunftsverweigerungsrecht der Verpflichteten behandelt. Ein solches besteht hiernach insbesondere dann, wenn die Informationen von einem Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 GwG-E – also auch einem Notar –
„im Rahmen der Rechtsberatung oder der Prozessvertretung des Vertragspartners“
erlangt wurden. Eine ähnliche Bestimmung findet sich auch in § 11 Abs. 3 GwG-E. Diese gesetzliche Formulierung hat auch in die derzeitige Fassung des GwG Eingang gefunden und der hier interessierende Begriff der „Rechtsberatung“ war stets derart weit zu verstehen, dass der gesamte Bereich der notariellen Amtstätigkeit im Sinne des dritten Abschnitts der Bundesnotarordnung von der Verdachtsmeldepflicht ausgenommen sein dürfte. Wir möchten das anstehende Gesetzgebungsverfahren gleichwohl zum Anlass nehmen, um eine Änderung des unnötig engen Wortlautes der Bestimmung auf der Grundlage der folgenden Erwägungen anzuregen:
Mit der vorgenannten Terminologie bezieht sich der Gesetzgeber offensichtlich in erster Linie auf das klassische Tätigkeitsfeld eines Rechtsanwalts, der die Interessenvertretung seines Mandanten gerichtlich wie außergerichtlich gegenüber Dritten wahrnimmt. Dieses Berufsbild stimmt mit demjenigen des Notars jedoch nicht überein. Der Notar besitzt – insbesondere qua Beurkundungsbefugnis – weitergehende bzw. abweichende, von der öffentlichen Gewalt abgeleitete Rechte, die der Begriff der „Rechtsberatung“ nicht in toto abdecken kann. Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben müssen jedoch auch und insbesondere solche Informationen geschützt werden, die der Notar während seiner Beurkundungstätigkeit erlangt.
Wir regen daher an dieser Stelle eine umfassendere Formulierung an, die sich an § 102 AO bzw. § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB orientiert:
„… wenn sich diese auf Informationen beziehen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistände und registrierte Personen im Sinne des § 10 des Rechtsdienstleistungsgesetzes, Patentanwälte sowie Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte anvertraut oder bekannt geworden sind.“
4. Redaktionelle Klarstellungen
Überdies regen wir an, auf Seite 7 unter 3. a) aa) wie folgt zu formulieren: „Nach Nummer 2a wird folgende Nummer 2b eingefügt: „2b […]“. Auf S. 10 sollte es unter 7. a) aa) wie folgt heißen: „2. Ist der Vertragspartner […] und zwar anhand […]“.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern jederzeit zur Verfügung.