Stellungnahme vom 05.04.2011
Der Deutsche Notarverein e. V. darf zu dem Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg und Saarland vom 1. Februar 2011 zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten im Verein (BR-Drucks. 41/11) wie folgt Stellung nehmen:
Das Ziel, ehrenamtliche Tätigkeit für gemeinnützige Vereine zu fördern, verdient Unterstützung. Daher wird die Einführung des § 31b BGB (Haftungserleichterung für Vereinsmitglieder) befürwortet.
Abzulehnen ist hingegen die vorgesehene Parallelzuständigkeit von Amtsgericht und Notar für die Beglaubigung von Vereinsregisteranmeldungen.
Hierzu zunächst eine grundsätzliche Anmerkung:
Mit Einführung des Beurkundungsgesetzes im Jahre 1969 hat der Gesetzgeber die Beurkundungszuständigkeit beim Notar konzentriert. Die vor 1969 in manchen Bundesländern bestehenden parallelen Beurkundungs- und Beglaubigungszuständigkeiten der Gerichte wurden abgeschafft. Ein zentraler Grund hierfür war die Entlastung der Justiz durch Fokussierung auf ihre Kernaufgaben. Auch der Entwurf[1] hält hieran fest.
Aus Sicht des Deutschen Notarvereins hat die Begründung einer gerichtlichen Beglaubigungszuständigkeit im (kleinen) Teilbereich des Vereinsrechts für den Bürger und die Gerichte, von einer geringfügigen Steuerersparnis abgesehen, ausschließlich Nachteile. Diese sind:
- Die Begründung einer Parallelzuständigkeit für eine bürgernahe Aufgabe läuft dem Ziel einer Konzentration der Gerichte zuwider. Nicht nur wie z. B. im Insolvenzrecht, sondern auch im Vereinsrecht erscheint es notwendig, sich auf den Kernbereich der Justiz zu konzentrieren und Wissen und Know-how entsprechend zu bündeln. Im Interesse einer effizienten Justiz läge daher eher die Erstreckung von § 376 Abs. 2 FamFG auf Vereinsregistersachen[2] nach § 374 Nr. 4 FamFG und die konsequente Elektronisierung auch des Vereinsregisters.
- Die Amtsgerichte würden die Fertigung des Entwurfs der Vereinsregisteranmeldung und die Beglaubigung nicht ohne zusätzliches Personal wahrnehmen können, müssen doch entsprechende Rechtsberatungsstellen mit entsprechendem Unterbau vorgehalten werden. Die Unterschriftsbeglaubigung selbst wäre zwar hierbei in wenigen Minuten erledigt. Die überwiegende Mehrheit der Vereinsvorstände ist aber nicht in der Lage, ohne rechtliche Beratung den rechtlichen Erfordernissen entsprechende Vereinsregisteranmeldungen vorzubereiten und mit den nötigen Anlagen zu versehen. Der Regelfall ist bislang der, dass der Notar die Anmeldung entwirft. Beim hierzu erforderlichen Beratungsgespräch werden regelmäßig weitere damit im Zusammenhang stehende Rechtsfragen geklärt, z. B. wie das Protokoll der Mitgliederversammlung aussehen muss, wer dieses zu unterschreiben hat, dass bei Wahlen deren Annahme erklärt sein muss, dass eine bereinigte Neufassung der Satzung zu erstellen ist, wie eine abstrakte Vertretungsbefugnis des Vorstands anzumelden ist usw. Diese Beratungsgespräche nehmen nicht unerhebliche Zeit in Anspruch. Aufgrund der Rechtsunkenntnis vieler Vereinsvorstände ist eine solche Beratung aber alternativlos. Ohne sie würden nicht vollziehbare Anmeldungen in großem Umfang eingereicht, was den Rechtsberatungsbedarf nur auf einen späteren Zeitpunkt verlagern würde. Es erscheint zweifelhaft, ob die Amtsgerichte diese Aufgaben in großem Umfang übernehmen können und wollen.[3]
- Den Nachteilen für die Gerichte steht als Vorteil der Vereine nur eine geringfügige Ersparnis an Umsatzsteuer gegenüber, die – im Gegensatz zu einer Beglaubigung beim Notar – bei Gericht nicht anfällt. Denn die Gebühren einer Vereinsregisteranmeldung fallen kaum ins Gewicht. Sie betragen im Regelfall (Idealverein, Notar erstellt Anmeldung im Auftrag der Parteien) gem. §§ 38 Abs. 2 Nr. 7, 39, 30 Abs. 2 KostO EUR 13,00 zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer, insgesamt also rund EUR 16,00 bis EUR 18,00. Wenn der Notar die Registeranmeldung nicht entwirft, sondern nur die Unterschrift beglaubigt, liegen die Kosten der Beglaubigung bei EUR 10,00. Der (wegen erhöhter Anfahrtskosten zweifelhaften) Ersparnis beim Verein steht im Übrigen eine (geringfügige) Minderung des staatlichen Umsatzsteueraufkommens gegenüber. Hierbei handelt es sich neben der durch den Entwurf bewirkten Einrichtung einer weiteren faktischen kostenlosen Rechtsauskunftsstelle um eine weitere Subvention der Vereine durch den Steuerzahler.
- Der Gesetzentwurf soll weiter dazu dienen, „überflüssige Bürokratie abzubauen“[4]. So soll, anders als bisher, der Vereinsvorstand nicht mehr gezwungen sein, „zu Notar und Amtsgericht [zu gehen], sondern erhält beim Amtsgericht alles aus einer Hand.“ Dies entspricht jedoch nicht der geltenden Praxis. Derzeit ist der Notar der einzige direkte Ansprechpartner für den Bürger. Der Kontakt des Bürgers mit dem Amtsgericht vollzieht sich schriftlich, wenn nicht sogar elektronisch direkt zwischen Notar und Amtsgericht ohne weitere Beteiligung des Bürgers.[5] Wie deshalb hier praktisch Bürokratie abgebaut werden kann, ist nicht ersichtlich. Es handelt sich demnach um eine im heutigen Politdeutsch gebräuchliche Floskel, die wie ein buddhistisches Mantra ständig wiederholt wird.
- Abschließend soll auch auf die eingeschränkte Erreichbarkeit der Gerichte hingewiesen werden. Notariate stehen dem Bürger länger offen als Gerichte und sind einfacher, schneller und billiger zu erreichen.
Insgesamt handelt es sich bei dem vorliegenden Entwurf daher um ein Danaergeschenk für die Vereine – und um die Büchse der Pandora für die Justiz.
Für weitere Fragen und Anregungen steht Ihnen der Deutsche Notarverein jederzeit gern zur Verfügung.
[1] Auf Seite 1 des vorgelegten Entwurfs wird demnach u. a. ausgeführt: „A. Problem und Ziel […] Angesichts der knapper werdenden Mittel in den staatlichen Haushalten und der damit notwendigerweise verbundenen Konzentration des Staates auf seine Kernaufgaben […]“.
[2] So sind z. B. im ganzen Freistaat Sachsen nur noch insgesamt drei Amtsgerichte für Vereinssachen zuständig: Dresden, Chemnitz und Leipzig.
[3] Siehe hierzu auch die Stellungnahme des Bundes Deutscher Rechtspfleger vom 27. Februar 2011.
[4] Siehe Seite 2 des Gesetzentwurfs.
[5] Siehe hierzu die gesetzliche Ermächtigung an den Notar in § 378 FamFG.