Stellungnahme vom 01.03.2007
Der Deutsche Notarverein bedankt sich für die Übersendung des vorgenannten Gesetzentwurfes und die Gelegenheit zur Stellungnahme.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund aktueller europäischer Herausforderungen ist der Deutsche Notarverein an einem qualitativ herausragenden Notariatssystem in Deutschland interessiert. Da das deutsche Notariatssystem sowohl hauptberufliche Notare wie Anwaltsnotare umfasst, werden vom Deutschen Notarverein Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung im Anwaltsnotariat begrüßt.
Der Deutsche Notarverein hat am 21. April 2004 bereits einmal gegenüber dem Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen zur Neuregelung des Zugangs zum Anwaltsnotariat Stellung genommen. Sie finden diese Stellungnahme in der Anlage. Zum Teil sind die damaligen Anregungen des Deutschen Notarvereins in den Gesetzentwurf eingeflossen.
Zu den einzelnen Regelungen:
1. Wartefristen, § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 BNotO-E
Der Deutsche Notarverein hält es für richtig, dass in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNotO-E nicht mehr wie bisher auf die bloße Zulassung als Anwalt abgestellt wird, sondern eine tatsächliche hauptberufliche Tätigkeit als Anwalt verlangt wird. Dies wurde vom Deutschen Notarverein bereits in seiner Stellungnahme vom 21. April 2004 gefordert.
Die örtliche Wartezeit nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO-E soll sich zukünftig nicht mehr auf den Amtsgerichtsbezirk, sondern den Landgerichtsbezirk beziehen. Auch dieser Schritt wird im Interesse einer Qualitätsverbesserung sowie einer gezielteren Steuerung des Bewerberkreises ausdrücklich begrüßt. In seiner Stellungnahme von 2004 hatte der Deutsche Notarverein sogar noch eine darüber hinausgehende Reform der örtlichen Wartezeit angeregt. Vermittelnd könnte überlegt werden, zumindest angrenzende Landgerichtsbezirke mit einzubeziehen – dies entspräche der Situation im hauptberuflichen Notariat, wo ebenfalls das gesamte Bundesland (bzw. das Kammergebiet) für Bewerber aus dem Kreis der Assessoren zur Verfügung steht.
2. Nachweis der Bestellungsvoraussetzungen
In § 6 Abs. 2 S. 1 und S. 2 BNotO-E wird nun ausdrücklich festgehalten, dass der Bewerber die Bestellungsvoraussetzungen gegenüber der zuständigen Justizverwaltung nachzuweisen hat. Dabei fällt auf, dass der Zeitpunkt der Nachweispflicht sich in § 6 Abs. 2 S. 1 („bei Ablauf der Bewerbungsfrist“) von demjenigen in § 6 Abs. 2 S. 2 („vor der Bestellung zum Notar“) unterscheidet.
Die Gesetzesbegründung schweigt zu dieser Differenzierung, die Bewerbern theoretisch die Möglichkeit gibt, die Praxisausbildung oder fehlende Teile der Praxisausbildung auch noch nach Ablauf der Bewerbungsfrist zu absolvieren. Auf diese Art und Weise kann der einzelne Bewerber die mit einem gewissen Zeitaufwand verbundene praktische Ausbildung ohne weiteres ressourcensparend auf einen Zeitpunkt verlagern, an dem er reelle Chancen auf eine ausgeschriebene Notarstelle hat.
3. Möglichst transparentes und objektiv nachprüfbares Prüfungsverfahren
Dem Deutschen Notarverein erscheint es wichtig, dass das neue Zugangssystem möglichst einfach und klar gestaltet wird. Je mehr das Verfahren für den einzelnen Bewerber transparent und kalkulierbar ist, desto weniger wird es im Hinblick auf die notarielle Fachprüfung oder bei der Besetzung einzelner Notarstellen zu gerichtlichen Verfahren kommen. Angesichts des sich über Jahre erstreckenden erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwandes, den Bewerber in Zukunft auf sich nehmen müssen, um sich auf eine ausgeschriebene Notarstelle zu bewerben, sollte man die Neigung zu gerichtlichen Auseinandersetzungen nicht unterschätzen, zumal es sich ausnahmslos um qualifizierte Juristen handelt.
Aus diesem Grund hatte der Deutsche Notarverein bereits in seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2004 gefordert, die notarielle Fachprüfung als anspruchsvolle und breit angelegte Wissensprüfung auszugestalten und auf eine mündliche Prüfung zu verzichten. Der vorliegende Entwurf ist dem nicht gefolgt, sondern gestaltet die notarielle Fachprüfung ähnlich aus wie die beiden juristischen Staatsexamina.
Folgt man dem Ansatz des Entwurfes, sollte in § 7b Abs. 2 aus Gründen unvoreingenommener Benotung jedoch noch eine Änderung dahingehend vorgenommen werden, dass der Zweitkorrektor die Bewertung des Erstkorrektors bei seiner Korrektur nicht kennt. Nach § 7b Abs. 2 S. 1 könnte folgender Satz 2 neu eingefügt werden: „Der zweite Prüfer darf bei seiner Korrektur die Bewertung des ersten Prüfers nicht kennen.“
4. Die Bestellung des Leiters des Prüfungsamtes
Auf europäischer Ebene wird derzeit im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens über die Auslegung des Begriffs der öffentlichen Gewalt im Sinne von Art. 45 EGV gestritten. Die Bundesregierung ist hier gemeinsam mit den notariellen Standesvertretungen der Auffassung, dass die notarielle Tätigkeit unter den Begriff der öffentlichen Gewalt fällt.
Vor diesem Hintergrund erscheint es wichtig, den staatlichen Charakter des Zugangssystems auch im Bereich des Anwaltsnotariats klar herauszustellen. Es sollte jeder Anschein vermieden werden, dass die Notare über die Auswahl ihres Nachwuchses selbst entscheiden können.
Dem trägt der vorliegende Entwurf in vielen Bestimmungen bereits Rechnung, wenn etwa Mitwirkungsrechte des Bundesjustizministeriums oder der betroffenen Landesjustizverwaltungen sowohl im Hinblick auf das Prüfungsverfahren (§ 7c Abs. 2 S. 3 BNotO-E: Vorschlagsrecht; § 7c Abs. 3 BNotO-E: Anwesenheitsrecht) als auch im Hinblick auf die Organisationsstrukturen des Prüfungsamtes (§ 7g Abs. 5 BNotO-E: Verwaltungsrat beim Prüfungsamt; § 7i BNotO-E: Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium der Justiz) im Gesetz verankert werden.
Nicht ausreichend erscheint dem Deutschen Notarverein allerdings die Regelung in § 7g Abs. 3 BNotO-E, wonach der Leiter des Prüfungsamtes sowie sein ständiger Vertreter von der Bundesnotarkammer bestellt werden. Gerade die im neuen Zugangssystem herausragende Position des Prüfungsamtsleiters sollte nicht von einer berufsständischen Organisation, sondern von staatlicher Seite aus bestellt werden. Wir plädieren daher entschieden dafür, § 7g Abs. 3 wie folgt zu fassen (der geänderte Satzteil ist fettgedruckt):
„Der Leiter des Prüfungsamtes und sein ständiger Vertreter müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Sie werden im Einvernehmen mit den Landesjustizverwaltungen, in deren Bereich Anwaltsnotare bestellt werden, nach Anhörung der Bundesnotarkammer von dem Bundesminister der Justiz für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Eine erneute Bestellung ist möglich“.
Für eine weitere Erörterung stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.