Entwurf eines Gesetzes zum Internationalen Güterrecht und zur Änderung von Vorschriften des Internationalen Privatrechts

Stellungsnahme vom 06.07.2018

1. Anknüpfung bei gleichgeschlechtlichen Ehen

 

Zu problematischen Ergebnissen für die Betroffenen kann die geplante Neuregelung zur gleichgeschlechtlichen Ehe in Art. 17b Abs. 4 EGBGB führen. Nach der derzeitigen Regelung des Art. 17b Abs. 4 EGBGB wird die gleichgeschlechtliche Ehe (vereinfacht) kollisionsrechtlich wie eine eingetragene Lebenspartnerschaft behandelt. Die Neuregelung des Art. 17b Abs. 4 Satz 2 EGBGB-E ordnet hingegen an, dass die güterrechtlichen Wirkungen der gleichgeschlechtlichen Ehe dem nach der Verordnung (EU) Nr. 2016/1103 (EuGüVO) anzuwendenden Recht unterliegen sollen.

 

Da die EuGüVO eine Anknüpfungsleiter enthält, mit der im Ergebnis potentiell auf das Recht solcher Staaten verwiesen wird, die die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anerkennen (ggf. nicht einmal eine gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartnerschaft o. Ä.), kann dies für die betroffenen Ehegatten nachteilige Auswirkungen haben.

 

Beispiel:

Die Herren A und B heiraten am 30.1.2019 in Frankfurt (Oder). Ihren ersten gewöhnlichen Aufenthalt nach der Eheschließung haben sie in Warschau. Die geplante Neuregelung des Art. 17b Abs. 3 EGBGB führte dazu, dass das Güterrechtsstatut nach der EuGüVO zu bestimmen ist. Ohne eine Rechtswahl wäre wegen des gewöhnlichen Aufenthalts in Warschau nach Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO polnisches Recht anwendbar. Polen kennt bekanntermaßen weder die gleichgeschlechtliche Ehe noch eine Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare.

 

Ob und inwieweit die gleichgeschlechtliche Ehe im Beispielsfall dem polnischen Güterrecht unterstehen wird und entsprechende Ansprüche der Ehegatten durchsetzbar wären, ist zumindest zweifelhaft. Der Weg zum deutschen Güterrecht – als dem Recht des Registerstaats – wäre aufgrund der Neuregelung verwehrt.

 

Denkbar wäre, dass sich diese Probleme praktisch größtenteils über die Zuständigkeitsregelungen lösen. Ist im Zeitpunkt der Anrufung eines Gerichts die Zuständigkeit des Gerichts eines Staates gegeben, der die gleichgeschlechtliche Ehe anerkennt, würden diese Gerichte möglicherweise das ausländische Güterrecht so auslegen, dass es auch für die gleichgeschlechtliche Ehe zur Anwendung käme. Sofern im Zeitpunkt der Anrufung eines Gerichts die Gerichte eines Staates zuständig sind, der die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anerkennt, ist wohl davon auszugehen, dass sich diese Gerichte für unzuständig erklären (Art. 9 Abs. 1 EuGüVO). Damit wäre entweder eine (vorrangige) Gerichtsstandsvereinbarung möglich oder die Gerichte des Staates, in dem die Ehe geschlossen wurde, wären zuständig (Art. 9 Abs. 2 EuGüVO).

 

Ob aber allein die Zuständigkeit von Gerichten der Staaten, die die gleichgeschlechtliche Ehe anerkennen, dazu führen wird, dass eine entsprechende Anwendung des ausländischen Güterrechts erfolgt, das für diese Fälle explizit nicht gilt, ist allerdings ungewiss.

 

Diese Probleme würden vermieden, wenn auf die EuPartVO verwiesen würde. Damit wäre grundsätzlich das Recht des Staates anwendbar, nach dessen Recht die eingetragene Partnerschaft begründet wurde (Art. 26 Abs. 1 EuPartVO). Damit würde sichergestellt werden, dass es auch in gleichgeschlechtlichen Ehen zu einem Güterrechtsausgleich kommt.

 

Gegen den Verweis auf die EuPartVO könnten Gleichbehandlungsgründe sprechen. Denn die gleichgeschlechtliche Ehe würde anders behandelt werden als die verschiedengeschlechtliche. Diesen Bedenken kann aber Rechnung getragen werden.

  • Grundsätzlich sollten die güterrechtlichen Wirkungen der gleichgeschlechtlichen Ehe – wie nach dem bisherigen Entwurf – dem nach der EuGüVO anwendbaren Recht unterliegen.
  • Soweit jedoch die Anwendbarkeit der EuGüVO zur Anwendbarkeit des Rechts eines Staates führt, der die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anerkennt, sollten die güterrechtlichen Folgen dem nach der EuPartVO anzuwendenden Recht (also dem Recht des Registerstaats) unterliegen.

 

2. Intertemporaler Anwendungsbereich der außer Kraft tretenden Vorschriften

 

Nach dem Entwurf sollen Art. 3a Abs. 2, 15 und 16 EGBGB sowie das Gesetz über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen mit Wirkung ab dem 29.1.2019 ersatzlos aufgehoben werden. Zwar werden ab diesem Zeitpunkt die EuGüVO und die EuPartVO anwendbar sein. Allerdings gelten die Vorschriften des Kapitels III der EuGüVO/EuPartVO zum anwendbaren Recht (einschließlich des Gutglaubensschutzes Dritter) lediglich für Ehegatten bzw. Partner, die nach dem 29.1.2019 die Ehe eingegangen sind bzw. ihre Partnerschaft haben eintragen lassen oder eine Rechtswahl des auf ihren Güterstand anzuwendenden Rechts getroffen haben (Art. 69 Abs. 3 EuGüVO/EuPartVO).

 

Für Ehen/Partnerschaften vor diesem Datum gelten die Verordnungen damit nicht; ab dem 30.1.2019 würden aber dem Entwurf zufolge auch nicht mehr die Altregelungen des EGBGB gelten, weil diese mit dem Gesetz aufgehoben werden sollen. Damit entsteht eine Lücke. Es sollte daher eine Regelung zum intertemporalen Anwendungsbereich der aufgehobenen Normen aufgenommen werden.

 

3. Formbedürftigkeit von Eheverträgen

 

In Art. 14 EGBGB n. F. wurden – aus unserer Sicht sachgerecht – für die allgemeinen Ehewirkungen die neue „Anknüpfungsleiter“ und die Rechtswahlmöglichkeiten der EuGüVO übernommen. Allerdings wurde bezüglich der Formbedürftigkeit entsprechender Eheverträge die Fassung des bisherigen Art. 14 Abs. 4 EGBGB a. F. beibehalten, obwohl die neuen Wahlmöglichkeiten einen deutlich größeren Anwendungsbereich als die bisherige Fassung eröffnen.

 

Nach der übernommenen Regelung könnten auch Ehegatten, die beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, möglicherweise völlig formfrei das Recht eines Landes wählen, von dem nur einer von ihnen die Staatsangehörigkeit (ggf. sogar nur in der Form der doppelten Staatsbürgerschaft) besitzt. Es würde dafür schon genügen, wenn sie den Vertrag mit der Rechtswahl auf einer kurzen Reise an einem Ort unterzeichnen, der formfreie Eheverträge zulässt. Dies fällt deutlich vom Schutzniveau der Art. 23 und 25 EuGüVO ab und erscheint inhaltlich bedenklich: Zwar sind Eheverträge aus dem Bereich der allgemeinen Ehewirkungen sehr selten, wenn aber solche Themen geregelt werden sollen, berühren diese nicht selten materielle Wirksamkeitsfragen des deutschen Rechts (insbesondere bei einer Ungleichbehandlung der Geschlechter). Solche Themen nur nachträglich über den ordre-public-Vorbehalt zu lösen, ist weitaus schwieriger und streitanfälliger als eine sachgerechte präventive Kontrolle zumindest für solche Verlobten und Ehegatten vorzusehen, die dauerhaft in Deutschland leben. Zudem enthielte wohl fast jeder formfrei geschlossene Ehevertrag neben den allgemeinen Ehewirkungen auch vermögensmäßige Regelungen zwischen den Ehegatten, zumal die beiden Bereiche mitunter schwer voneinander abzugrenzen sind. Es wäre dann kaum verständlich, warum ein Teil eines solchen Vertrages wirksam bliebe, der andere Teil aufgrund der strengeren Regeln der EuGüVO dagegen formunwirksam wäre.

 

Wir regen daher an, auch die Formvorschrift des Art. 14 Abs. 1 EGBGB n. F. an die Formvorschriften der Art. 23 und 25 EuGüVO anzugleichen. Die Regelung könnte dann z. B. wie folgt lauten:

 

Art. 14 EGBGB

Die Rechtswahl muss notariell beurkundet werden. Wird sie nicht im Inland vorgenommen und hat keiner der Beteiligten zum Zeitpunkt der Rechtswahl seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so genügt es, wenn sie den Formerfordernissen für einen Ehevertrag nach dem gewählten Recht oder am Ort der Rechtswahl entspricht.

 

 

4. EuGH-Rechtsprechung zur EuErbVO

 

 a) Regelungslücke zwischen Erb- und Güterrecht

 

Das vorliegende Gesetzgebungsverfahren könnte dazu genutzt werden, eine Regelungslücke im deutschen Güter- und Erbrecht zu schließen, die sich durch die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Mahnkopf (C-558/16) ergeben hat.

 

Entgegen der Rechtsprechung des BGH zur Qualifikation im EGBGB,[1] hat der EuGH entschieden, dass das sog. erbrechtliche Viertel gemäß § 1371 Abs. 1 BGB erbrechtlich und nicht güterrechtlich zu qualifizieren ist. Eine Erhöhung des Ehegattenerbteils um ¼ findet also nur statt, wenn der erstversterbende Ehegatte nach deutschem Erbrecht beerbt wird (und die Ehegatten im Güterstand der deutschen Zugewinngemeinschaft lebten) oder – sehr theoretisch – wenn ein anwendbares ausländisches Erbrecht selbst eine entsprechende Quoten-Erhöhung aufgrund des deutschen Güterstandes vorsehen würde.

 

Für Ehegatten, die im deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet sind, bei deren Versterben aber ausländisches Erbrecht zur Anwendung kommt (z.B. weil sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ein anderes Land verlegt haben, ohne eine Rechtswahl zum deutschen Staatsangehörigkeitsrecht zu treffen), ergibt sich nun im Zugewinnrecht eine Regelungslücke: § 1371 Abs. 1 BGB ist aufgrund erbrechtlicher Qualifikation nicht mehr anwendbar und § 1371 Abs. 2 BGB ist nach seinem Wortlaut nicht anwendbar, da der Ehegatte möglicherweise im ausländischen Recht nicht enterbt ist, sondern einen (kleineren) gesetzlichen Erbteil erhält. Diese Lücke müsste derzeit wohl durch eine Anpassung im Wege des „Richterrechts“ gefüllt werden, was aber auf voraussichtlich längere Zeit zu erheblichen Rechtsunsicherheiten und potentiellem Streit in Familien führen würde. Auch erbschaftsteuerrechtlich hat diese Frage erhebliche Bedeutung, da auch bei einvernehmlichen Lösungen innerhalb der Familien entscheidend ist, ob ein entsprechender zivilrechtlicher Anspruch des Längerlebenden besteht. Aus unserer Sicht ist es daher Aufgabe des deutschen Gesetzgebers, diese Lücke selbst zu füllen, wozu das Ausführungsgesetz den geeigneten Anlass bietet.

 

Die wohl einzig sachgerechte Lösung für diese Lücke wäre dabei aus unserer Sicht, auch in dieser Fallgestaltung die konkrete Berechnung des Zugewinns zu ermöglichen.[2] § 1371 BGB müsste damit um einen Absatz mit folgendem Sinngehalt ergänzt werden

 

(5)     Wenn ein anwendbares ausländisches Erbrecht keine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils im Sinne des Absatzes 1 vornimmt, kann der überlebende Ehegatte Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 verlangen.

 

b) Internationale Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte für Erbscheine

 

Abschließend erlauben wir uns auf die Entscheidung des EuGH vom 21.6.2018 in der Rechtssache Oberle (C-20/17) einzugehen, wonach die internationalen Zuständigkeits-vorschriften der EuErbVO auch für die Ausstellung des Erbscheins gelten. Wir bedauern dies, da wir uns selbst seinerzeit für die Beibehaltung des gegenständlich beschränkten Erbscheins ausgesprochen hatten, um angesichts des überbürokratisierten ENZ einen „Plan B“ zu haben. Die Warnungen des zuständigen Referatsleiters im BMJV waren uns hierbei durchaus bewusst. Die Vorlage eines der mit Erbscheinsverfahren offensichtlich überlasteten Nachlassgerichte hat diese Möglichkeit zunichte gemacht. Dem Judikat aus Luxemburg ist nunmehr Rechnung zu tragen. Zugleich unterstreicht der Hergang dieser Entscheidung die Notwendigkeit, die Nachlassgerichte in Erbscheinsverfahren zu entlasten und daher von der bereits gesetzlich bestehenden Öffnungsklausel Gebrauch zu machen.

[1] BGH vom 13.5.2015 – IV ZB 30/14, NJW 2015, 2185.

[2] Näher dazu Weber, NJW 2018, 1356 ff.

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