Bund-Länder-Arbeitsgruppe “Überprüfung des Bauvertragsrechts“

Stellungnahme vom 12.04.2005

 

Der Deutsche Notarverein dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

Er weist darauf hin, dass die Thematik auch eine europäische Dimension hat: Dem von der Europäischen Kommission eingerichteten Expertenkreis zur Schaffung eines gemeinsamen Referenzrahmens (CFR-net) ist soeben von der „Study-Group on a European Civil Code“ ein Vorschlag im Hinblick auf „Service Contracts“ unterbreitet worden, der zahlreiche werkvertragsrechtliche Regeln enthält und insbe­sondere zwischen verschiedenen Typen von Werk­verträgen (z.B. Bauverträgen, Wartungsverträgen, Architektenverträgen, ärztlichen Behandlungsverträgen etc.) unterscheidet (vgl. näher www.sgicc.net unter „Service Contracts“). Es dürfte sich anbieten, diese auf europäischer Ebene geführte Diskussion eng zu ver­folgen, um ein Auseinanderdriften von nationaler und internationaler Rechtslage zu vermeiden, soweit nicht zwingende nationale Gründe entgegenstehen. Die Vertreter des europäischen Notariats im CFR-net sowie die meisten anderen Sachverständigen haben sich übrigens gegen eine zu detaillierte gesetzliche Regelung einzelner Vertragstypen ausgesprochen und die Konzentration auf geeignete abstrakte Grund­normen empfohlen.

 

 

A.         Allgemeines

 

Das ursprüngliche Konzept der §§ 631 ff. BGB beruhte auf einem allgemeinen und abstrakten Regelungs­rahmen für Werkverträge jeder Art, ohne nach Typen zu differenzieren. In der tatsächlichen Gestaltung der Lebensverhältnisse hat sich dieses Konzept überlebt. Die Vertragspraxis unterscheidet heute zwischen einer Vielzahl von eigenständigen Vertragstypen (Bauträger­vertrag, Baubetreuungsvertrag, Generalunternehmer­vertrag, Serviceverträge etc.). Darüber hinaus wird strukturell in Zukunft immer stärker zwischen Verträgen unter Beteiligung von Unternehmern einerseits und Verbrauchern andererseits zu unterscheiden sein. Auch dem trägt das heutige Werkvertragsrecht nicht hin­reichend Rechnung. Für die notarielle Praxis bedeutet dies derzeit, dass das insofern relevante Werkvertrags­recht aus den Bestimmungen der §§ 631 ff. BGB nur sehr eingeschränkt entnommen werden kann und sich erst aus einer Gesamtschau von MaBV, §§ 305 ff. BGB, Abschlagszahlungs-VO vom 23.05.2001 sowie insbe­sondere der sich durchaus wandelnden Recht­sprechung ergibt. Darüber hinaus ist die Fachöffentlich­keit in der jüngeren Zeit verschiedentlich mit ange­kündigten Rechtsprechungsänderungen konfrontiert worden, die zu erheblicher Verunsicherung bei Bauver­trags-Juristen und der Bauwirtschaft geführt haben. Inso­fern brächte eine einheitliche Kodifizierung wenigstens der wichtigsten Werkvertragstypen erhebliche Vorteile.

 

Die Bundesnotarkammer beabsichtigt, einen vor­läufigen Diskussionsentwurf eines Bauträgervertrags­gesetzes vorzulegen. Der Deutsche Notarverein schließt sich diesem Vorstoß ausdrücklich an. Insbe­sondere die Überführung der Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung vom Gewerberecht in das Zivilrecht würde für die Praxis eine deutliche Ver­besserung der Rechtssicherheit mit sich bringen. Zudem sollte das bisherige Schutzniveau zugunsten des Verbrauchers insbesondere für die Fälle des sog. „stecken gebliebenen Baues“ und der Absicherung der Haftung für Mängel nach Abnahme bzw. endgültiger Fertigstellung verbessert werden. Zu Details des Vor­schlages der Bundesnotarkammer wird im Folgenden keine Stellung bezogen, da die Kodifizierung ent­sprechender bauträgerrechtlicher Normen im Rahmen des BGB sicherlich eingehender gesonderter Diskussion bedarf.

 

 

B. Einzelfragen

 

Nun zu den Einzelfragen, soweit hierzu aus notarieller Sicht ein relevanter Beitrag geleistet werden kann (die Antworten folgen der Nummerierung des Fragebogens):

 

I.1.a)

 

Im Bauträgerbereich sollten dem Unternehmer zu­mindest bei Verbraucherverträgen detaillierte Informationspflichten über den tatsächlichen Leistungsinhalt auferlegt werden. Die in der Praxis bisher üblichen „Leistungsbeschreibungen“ sind oft an der Grenze dessen, was zur Beschreibung der Essentialia Negotii überhaupt erforderlich ist; teils widersprüchlich und irreführend (dazu eingehend Schmidt, Fallstricke der Baubeschreibung ZfIR 2004, S. 405 ff.). Sie geben daher in der Praxis immer wieder Anlass zu Streitig­keiten zwischen den Beteiligten. § 17 Abs. 2 a BeurkG („cooling off“) hat hier nach den bisherigen Erfahrungen keine wesentliche Verbesserung gebracht. Flankiert werden sollte dies durch eine Prospekthaftung in An­lehnung an § 434 Abs. 1 S. 3 BGB. Fast jedes größere Bauprojekt wird heute durch Prospekte oder Internet­seiten beworben. Diese werbliche Darstellung sollte zwingender Bestandteil der Leistungsbeschreibung werden.

 

I.1.b)

 

Sofern nicht infolge von § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB Beurkundungserfordernis gegeben ist, dürfte ein generelles Schriftformerfordernis nicht zu befürworten sein. Bei einer Vielzahl von Bauverträgen des täglichen Lebens (insbesondere kleinere Reparaturarbeiten etc.) entspräche ein solches Formerfordernis nicht der Rechtsüberzeugung des Rechtsverkehrs. Dies gilt auch für inhaltliche Leistungsbeschreibungen, sofern sie nicht (s.o. 1.a) aus anderen Gründen formbedürftig sind.

 

I.1.c)

 

Soweit beurkundungspflichtige Vorgänge betroffen sind, hält der Deutsche Notarverein spezielle gesetzliche Regelungen über eine Leistungs- und Vergütungs­anpassung nicht für sinnvoll. In Verbraucherverträgen sind diese ohnehin aufgrund der AGB-rechtlichen Bestimmungen qualifizierten Anforderungen unter­worfen (z.B. §§ 308 Ziff.1, 309 Ziff. 1, Ziff 8 BGB). Im unternehmerischen Bereich handelt es sich fast immer um reine Individualabreden (z.B. Anpassung des Preises bei Flächendifferenzen, baulicher Ausnutz­barkeit, Vermietbarkeit o.ä.). Für den Bereich der beurkundungspflichtigen Rechtsgeschäfte dürfte daher eine gesetzliche Regelung von Leistungs- und Ver­gütungsanpassung nicht erforderlich sein.

 

I.1.d)

 

§ 640 BGB stellt im Prinzip eine bewährte und sinnvolle gesetzliche Regelung dar. Anders liegt es mit der Fertigstellungsbescheinigung (§ 641 a BGB), die abge­schafft werden sollte, da die Praxis hiervon so gut wie keinen Gebrauch gemacht hat und eine Vielzahl von hiermit zusammenhängenden Fragen, insbesondere Haftungsfragen, völlig kontrovers diskutiert werden. Lediglich für Spezialprobleme besteht ein gewisser Regelungsbedarf (Bsp.: Abnahme des Gemeinschafts­eigentums bei Bauträger-WEG-Anlagen, dazu Häublein DNotZ 2002, S. 608 ff.;Basty, Bauträgervertrag, 4. Aufl. Rdnr. 656 ff.; „Nachzügler-Abnahme“, s. dazu Basty aaO. Rdnr. 714 ff.). Hier wäre indes an eine (vor­sichtige) Ausweitung des § 27 Abs. 2 WEG zu denken.

 

I.1.e)

 

Für den Bereich des Bauträgerrechtes begrüßte der Deutsche Notarverein eine Überführung der bisherigen Regelung der MaBV und der Abschlagszahlungs-VO in das BGB. Damit könnten zahlreiche Unsicherheiten der heutigen Rechtslage bereinigt werden. Der Entwurf eines Forderungssicherungsgesetzes regelt die hiermit zusammenhängenden Fragen nicht oder nur in sehr wenigen Teilbereichen.

 

I.1.f)

 

Hierzu besteht aus notarieller Sicht kein Anmerkungs­bedarf.

 

I.2.

 

Wie vor.

 

I.3.

 

Der Deutsche Notarverein spricht sich insbesondere gegen ein generelles freies Widerrufsrecht im Falle von beurkundeten Verbraucherverträgen aus. Ein solches freies Widerrufsrecht ist mit den dogmatischen Grund­strukturen des Bürgerlichen Rechts nicht zu verein­baren. Bei beurkundungspflichtigen Rechtsgeschäften würde es Sinn und Zweck des Beurkundungsverfahrens konterkarieren und entwerten. Auch wenn § 17 Abs. 2a BeurkG in der derzeitigen Fassung durchaus Probleme aufwirft, ist er eher geeignet, im Vorfeld des Vertrags­schlusses Informationsdefizite zu beseitigen. Schon heute führt das Widerrufsrecht bei Kreditverträgen (§ 495 BGB) zu faktischen Abwicklungsverzögerungen und Abschlusshemmnissen. Da zudem bei Widerrufs­belehrungen formale Fehler nicht gerade selten sind, drohte u.U. viele Jahre die Rückabwicklung von Immobilienübereignungen – und zwar oft nicht nur zu Lasten des Bauträgers, sondern, gerade bei dessen Insolvenz, zu Lasten der übrigen ordnungsgemäß belehrten Miteigentümer (Sanierungsaufwendungen am Gemeinschaftseigentum, Leerstand mit der Folge der Kostenumlegung auf die Verbleibenden). Lösungen, wie sie z. Zt. der II. Senat des Bundesgerichtshofes in gewissem Gegensatz zur Rechtsprechung des IX. Senates bei Rückabwicklung von Immobilienfonds­beteiligungen judiziert (Überblick z.B. bei Böken DStR 2004, 558 ff.), sind jedenfalls bei ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung seitens der Bank nicht möglich, soweit nicht ein Fall des verbundenen Rechtsge­schäftes (§ 358 BGB) vorliegt, den die Kreditinstitute durchweg zu vermeiden suchen.

 

 

II. – IV.

 

Aus notarieller Sicht erscheint lediglich der Bauträgervertrag gesetzlich regelungsbedürftig, s.o.

 

V.

 

Hierzu besteht aus Sicht des Deutschen Notarvereins kein Anmerkungsbedarf.

 

Für Rückfragen oder ein weiterführendes Gespräch stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

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