Das Landgericht Karlsruhe hat zur Frage der Notarpflichten bei der Vollziehung von Grundstückskaufverträgen nach erklärtem Rücktritt wegen verspäteter Kaufpreiszahlung umfangreich Stellung genommen, und ausgeführt, dass der Notar von dem Vollzug einer notariellen Urkunde nur dann abzusehen hat, wenn die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts für ihn ohne jeden vernünftigen Zweifel erkennbar, also evident ist.
Amtliche Leitsätze:
1. Im Rahmen einer Beschwerde gegen einen Vorbescheid des Notars nach § 15 Abs. 2 BNotO können nur evidente Rücktrittsgründe für die Vollziehung eines Grundstückskaufvertrags hinderlich sein.
2. Bei einem Rücktritt des Grundstücksverkäufers wegen Schuldnerverzugs des Käufers mit der Kaufpreiszahlung tritt nur im Falle der evidenten Einredefreiheit ein vom Notar zu beachtendes Vollziehungshindernis ein.
3. Die Unsicherheitseinrede aus § 321 BGB ist nicht evident ausgeschlossen, wenn der vorleistungspflichte Käufer beim Kaufvertragsabschuss zwar weiß, dass die Immobilie bewohnt ist, aber nicht mit einem dauerhaften oder langfristigen Leistungshindernis bezüglich der Verpflichtung des Verkäufers, den ungehinderten Besitz an dem Grundstück zu übertragen, rechnen muss.
LG Karlsruhe Beschluss vom 5.4.2023 – 11 T 268/22, BeckRS 2023, 6706
Zur Frage der notariellen Neutralitätspflicht bei Vollzug von Erklärungen und der Prüfungspflicht des Notars im Rahmen seiner Vollzugstätigkeit nach § 53 BeurkG hat der BGH in Änderung der Rechtsprechung erst kürzlich entschieden (BGH, Beschluss vom 19.9.2019 – V ZB 119/18 sowie BGH, Beschluss vom 9.12.2021 – V ZB 25/21).