Stellungnahme vom 29.3.2022
Der Deutsche Notarverein dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des Güterrechtsregisters.
A. Derzeitige Konzeption des Güterrechtsregisters (§§ 1412, 1558 ff. BGB)
Nach der gesetzgeberischen Konzeption der §§ 1412, 1558 ff. BGB, § 7 S. 2 LPartG kommt dem Güterrechtsregister neben der Funktion des Verkehrsschutzes auch eine Publizitätsfunktion hinsichtlich güterrechtlich relevanter Umstände zu.[1] Das Güterrechtsregister soll Dritte davor schützen, dass ihnen von der gesetzlichen Regelung abweichende ehevertragliche Vereinbarungen entgegengehalten werden; es soll aber auch die Ehegatten[2] schützen, indem es ihnen die Möglichkeit gibt, Dritten solche Vereinbarungen wirksam entgegenzusetzen. Öffentlicher Glaube kommt den Eintragungen im Güterrechtsregister nicht zu; man kann sich nach § 1412 BGB vielmehr nur auf sein Schweigen verlassen (negative Publizität). Entsprechendes gilt auch für Art. 28 Abs. 2 lit b) EUGüVO. Soweit nichts oder keine Änderung im Register eingetragen ist, kann sich ein Dritter auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage berufen, es sei denn, er kannte die Veränderung der Rechtslage. Eintragungen im Güterrechtsregister sind rein deklaratorisch, sie wirken nicht konstitutiv. Eine Eintragungspflicht besteht nicht.
Die Güterrechtsregister werden derzeit dezentral bei den Amtsgerichten des gewöhnlichen Aufenthalts (§ 1558 BGB) und noch in Papierform geführt; verlegt ein Ehegatte nach der Eintragung seinen gewöhnlichen Aufenthalt, muss die Eintragung beim neu zuständigen Amtsgericht wiederholt werden (§ 1559 BGB).
B. Begrenzte rechtliche und praktische Relevanz des Güterrechtsregisters
I. Nationales Güterrecht
Auf nationaler Ebene rechtlich einwendungsrelevant im Sinne des § 1412 BGB sind im Wesentlichen die Beschränkung der Verpflichtungsbefugnis der Ehegatten (sog. Schlüsselgewalt, § 1357 Abs. 2 BGB) sowie Vereinbarungen im Rahmen der Gütergemeinschaft, so etwa in Bezug auf die Zugehörigkeit von Vermögensgegenständen zum Vorbehaltsgut der Gütergemeinschaft (§ 1318 Abs. 4 BGB), den selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts (§ 1431 Abs. 3 BGB) und die Aufhebung der Gütergemeinschaft durch Urteil (§ 1449 Abs. 2, 1470 Abs. 2 BGB).[3] Auch der Ausschluss des gesetzlichen Güterstandes kann eingetragen werden.[4] Die Modifikation des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft oder die Vereinbarung von Gütertrennung als in der Praxis häufigste Anwendungsfälle der güterrechtlichen Vereinbarungen beinhalten hingegen üblicherweise keine unmittelbaren rechtlichen Beschränkungen der Ehegatten im Verhältnis zu Dritten, aus denen entsprechende Einwendungen hergeleitet werden könnten, sodass eine Eintragung und § 1412 BGB dort letztlich regelmäßig keine Rolle spielen.
Das praktische Bedürfnis nach der Eintragung eines Ehevertrages in das Güterrechtsregister ist anhaltend gering, zumal Gütergemeinschaften kaum mehr neu vereinbart werden. Da Veränderungen der güterrechtlichen Verhältnisse auch ohne Eintragung im Güterrechtsregister wirksam sind und es zudem auf nationaler Ebene nur wenige güterrechtliche Änderungen gibt, die die Rechtslage Dritter gegenüber dem gesetzlichen Regeltatbestand grundlegend negativ beeinflussen, bei denen also ein Interesse der Ehegatten an der Zerstörung des guten Glaubens Dritter bestehen kann, wird vom Güterrechtsregister in der Praxis nur sehr wenig Gebrauch gemacht. Hinzu kommt, dass nach unseren Erfahrungen eine Einsichtnahme in das Güterrechtsregister jedenfalls nicht standardmäßig erfolgt, was im Wesentlichen auch daran liegen dürfte, dass die Einsicht nur dezentral beim jeweiligen Amtsgericht und nicht elektronisch möglich ist.
II. Ausländisches Güterrecht
Jenseits des Art. 28 Abs. 2 lit. b) EUGüVO bleiben im Hinblick auf internationale Ehen rechtlich Fälle denkbar, in denen die Eintragung einer Rechtswahlvereinbarung oder der Vereinbarung über den ehelichen Güterstand in das deutsche Güterrechtsregister erforderlich oder zumindest hilfreich sein könnte:
(1) Dies betrifft zum einen Fälle, in denen eine Rechtswahlvereinbarung zwar in Deutschland beurkundet wird, die aber nach dem gewählten ausländischen Recht gemäß Art. 24 EUGüVO zur materiellen Wirksamkeit auch einer staatlichen Registrierung oder Eintragung bedürfen. Ist diese Registrierung dann nicht in dem betreffenden ausländischen Staat erreichbar (z.B. weil dieser nur Urkunden eines dort ansässigen Standesbeamten oder sonstigen Urkundsperson anerkennt), könnte die Registrierung ggf. durch Eintragung in das deutsche Güterrechtsregister substituiert werden.
(2) Zum anderen sind Fälle denkbar, in denen in Deutschland eine Rechtswahl oder eine Vereinbarung über den ehelichen Güterstand wirksam beurkundet wird, die Ehegatten bzw. Lebenspartner aber sicher gehen wollen, dass diese auch in einem Land außerhalb der Mitgliedstaaten der EUGüVO, in dem sie z.B. für längere Zeit wohnen wollen, anerkannt wird. Setzt dieses Ausland dann für die formelle oder materielle Anerkennung des Ehevertrags eine staatliche Registrierung voraus, konnte dies bislang ggf. durch die Eintragung in das deutsche Güterrechtsregister erfüllt werden.
Allerdings sind solche Fälle derzeit zumindest nicht im Bereich der Mitgliedstaaten der EuGüVO und in den wichtigen weiteren europäischen Ländern und nordamerikanischen Staaten relevant. Eine Prüfung der Rechtsordnungen aller Länder ist uns an dieser Stelle nicht möglich. Im Ergebnis dürfte diesen Fällen nach unserer Einschätzung also derzeit keine besondere praktisch Bedeutung zukommen, zumal die Beteiligten zunächst auch auf eine etwa mögliche Registrierung in dem betroffenen Staat zu verweisen wären,[5] und die hilfsweise Eintragung in das deutsche Güterrechtsregister damit nur als seltene Auffang-Lösung benötigt würde.
C. Schlussfolgerungen für die vorgesehene Abschaffung des Güterrechtsregisters
I. Abschaffung des Güterrechtsregisters
Vor dem Hintergrund dieses Befundes erscheint die Forderung der Expertengruppe und des Bundesministeriums der Justiz nach einer Abschaffung des Güterrechtsregisters verständlich. Mit Recht hat der Deutsche Notarverein in seiner Stellungnahme vom 24. April 2017 darauf hingewiesen, dass es eines „Updates“ auf ein „Güterrechtsregister 2.0“ in einer modernisierten, zentralisierten und elektronischen Form bedürfte, wollte man ein rechtlich und praktisch relevantes, zukunftsfähiges Register beibehalten. Ein solches modernisiertes Register, bestenfalls konstitutiv ausgestaltet mit Ein- und Austragungspflichten, wäre geeignet, die Sicherheit des Grundbuchverkehrs erheblich zu stärken.
Wenn nach den zwischenzeitlich erhobenen Feststellungen ausweislich der Entwurfsbegründung[6] allerdings die kostendeckende (Ein-)Führung eines neuen elektronischen Güterrechtsregisters nicht verlässlich möglich ist, bleibt letztlich nur der Weg der Abschaffung des Güterrechtsregisters. Der mit dieser Abschaffung verbundene Wegfall der Schutzwirkungen des § 1412 BGB und der denkbaren internationalen Anwendung ist aus Sicht des Deutschen Notarvereins weiterhin bedauerlich, dürfte aber mit Blick auf das begrenzte praktische Bedürfnis für die Weiterführung des geltenden Registers und den erheblichen Aufwand eines andernfalls notwendigen zentralen elektronischen Registers vertretbar sein.
Ausdrücklich zu begrüßen ist die in der Entwurfsbegründung angestellte Überlegung,[7] dass bei einem entsprechenden Bedürfnis für die Eintragung ausländischer Güterstände oder einer Güterrechtswahl die Einführung eines neuen zentralisierten elektronischen Registers ausdrücklich vorbehalten werde. Damit ließe sich auf etwaige Änderungen ausländischer Rechtsordnungen reagieren und das deutsche Recht auch künftig im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig halten.
II. Neufassung des § 1412 BGB-E
Der vorgesehene Ersatz durch Umwandlung des § 1412 BGB-E in eine Gutglaubensvorschrift ist insoweit folgerichtig. Unter Fortführung der geltenden Formulierung stellt auch die Neufassung des § 1412 BGB-E darauf ab, dass
„der Ehevertrag dem Dritten … bekannt gewesen oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist“ [Hervorhebung nicht im Original].
Im Einklang mit der – soweit ersichtlich – einhelligen Meinung[8] weist die Entwurfsbegründung darauf hin, dass insoweit nicht erforderlich ist, dass dem Dritten der Ehevertrag als solcher bzw. der genaue Inhalt des Ehevertrags bekannt sein muss, es vielmehr ausreicht, wenn die güterrechtliche Modifikation und damit die (wesentliche) Tatsache bekannt sind. Vor diesem Hintergrund geben wir zu bedenken, ob diese Anforderung nicht auch in der Gesetzesfassung Niederschlag finden sollte.
Fußnoten:
[1] BGH NJW 1976, 1258; s. auch Kanzleiter, DNotZ 1971, 453, 455.
[2] Seit dem 1.1.2015 ist ferner eingetragenen Lebenspartnern das Güterrechtsregister eröffnet (§ 7 S. 2 LPartG i.V.m. §§ 1409 ff. BGB).
[3] Hierzu und zum Folgenden Grziwotz, in: Beck’sches Notar-Hdb., 7. Aufl. 2019, § 12 Rn. 113; Münch, in: Münchener Komm. BGB, 8. Aufl. 2019, Vor § 1558 BGB Rn. 6 ff.
[4] BGH NJW 1976, 1258.
[5] So hat z.B. Schweden nun die Eintragung von Rechtswahlvereinbarungen in das Skatteverket ermöglicht; vgl. Süß/Ring, Eherecht in Europa, 4. Aufl. 2021, Schweden Rn. 47.
[6] Begründung des Referentenentwurfs, S. 8 f.
[7] Begründung des Referentenentwurfs, S. 9.
[8] Statt aller Siede, in: Grüneberg, 81. Aufl. 2022, § 1412 BGB Rn. 9; Münch, in: Münchener Komm. BGB, 8. Aufl. 2019, § 1412 BGB Rn. 8 mit weit. Nachw.