Stellungnahme vom 24.04.2017
Der Deutsche Notarverein bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme.
Zusammenfassung
- Das Güterrechtsregister sollte beibehalten werden, weil es dem Verkehrsschutz dient. Die praktische Bedeutung des Güterrechtsregisters kann und sollte insbesondere bei Ehen, die ausländischem Güterrecht unterliegen, nicht allein an den Eintragungen, sondern auch an der Bedeutung der Nichteintragungen festgemacht werden. Insofern schützt das Schweigen des Registers den Rechtsverkehr, weil sich Dritte regelmäßig darauf verlassen können, dass der Geschäftspartner keinen anderen Beschränkungen als denen der Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts unterliegt.
- Daneben setzen einige materiell-rechtliche Vorschriften ein Güterrechtsregister voraus; die von diesen Vorschriften behandelten Problembereiche müssten bei einer Abschaffung rechtspolitisch anderweitig gelöst werden.
- Damit das Güterrechtsregister die ihm zugedachte Rolle des Verkehrsschutzes auch effizient erfüllen kann, sollte das Güterrechtsregister jedoch vom Kopf auf die Füße gestellt und modernisiert werden. Folgende Punkte eines „Updates“ auf ein „Güterrechtsregister 2.0“ sind aus unserer Sicht wesentlich:
• Das Güterrechtsregister sollte zentral und elektronisch geführt werden. Als zentrale Registerbehörde bietet sich die Bundesnotarkammer an, die bereits erfolgreich das Zentrale Vorsorgeregister und das Zentrale Testamentsregister führt. Dies würde auch zu einer Entlastung der Bundesländer führen.
• Es sollte überlegt werden, ob Eintragungen in das Güterrechtsregister konstitutive Wirkung haben sollten, was für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sorgen würde. Denn nach unseren Erfahrungen aus der Praxis wissen die Beteiligten oftmals nicht, ob sie überhaupt eine güterrechtliche Vereinbarung getroffen haben, was fatale Konsequenzen haben kann. Sofern Eintragungen konstitutiv ausgestaltet würden, sollte das Güterrechtsregister wegen der Geheimhaltungsinteressen der Beteiligten nicht öffentlich, sondern eine Einsicht nur bei einem berechtigten Interesse möglich sein.
Stellungnahme
Im Einzelnen nehmen wir wie folgt Stellung:
1. Status Quo
1.1 Funktion und Zweck des Güterrechtsregisters
Ursprünglich waren im Güterrechtsregister nur solche güterrechtlichen Tatsachen eintragungsfähig, die von dem Regelfall abweichen, mit dem ein Dritter zu rechnen hat (d. h. dem gesetzlichen Güterstand), mit denen also eine besondere, die Rechtslage eines Dritten möglicherweise nachteilig beeinflussende Wirkung verbunden ist.[1] Dementsprechend konnten nur Beschränkungen der Rechtsstellung der Ehegatten im Vergleich zum gesetzlichen Güterstand eingetragen werden, bei denen im Hinblick auf § 1412 BGB eine Zerstörung des Gutglaubensschutzes in Frage kommen konnte.[2]
Der BGH hat dies im Jahr 1976 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung erweitert und dem Güterrechtsregister eine umfassende Publikationsfunktion in zweierlei Hinsicht zuerkannt:[3] Zum einen dient das Güterrechtsregister dem Verkehrsschutz durch den Schutz gutgläubiger Dritter. Zum anderen können die güterrechtlichen Verhältnisse aber auch zwecks Erleichterung des Rechts- und Geschäftsverkehrs offengelegt werden.
1.2 Regelmäßiger Verzicht auf Eintragungen
In der Praxis werden güterrechtliche Vereinbarungen nach unseren – nicht repräsentativen – Beobachtungen nicht in jedem Fall in das Güterrechtsregister eingetragen; im Gegenteil, die Beteiligten verzichten in aller Regel auf eine Eintragung. Bei Scheidungsfolgenvereinbarungen wird ein solcher Antrag zumeist bereits deshalb nicht gewünscht, weil die Scheidung oftmals in nächster Zukunft vollzogen werden soll. Aber auch bei sog. vorsorgenden Eheverträgen wird ein Antrag nur selten gestellt. Aus unserer Sicht sind hierfür folgende Gründe wesentlich:
- Eintragungen im Güterrechtsregister sind nach deutschem Recht lediglich deklaratorisch, sie wirken nicht konstitutiv.
- Die maßgebliche Verkehrsschutzvorschrift des § 1412 BGB gewährt lediglich Schutz für denjenigen, der auf das Schweigen vertraut („negative Publizität“).
- Für den Nachweis des Bestehens einer güterrechtlichen Vereinbarung bietet eine Eintragung im Güterrechtsregister keine Vorteile. Sofern ein Nachweis erforderlich ist, wird üblicherweise die entsprechende notarielle Urkunde vorgelegt, die den entsprechenden Beweis über den Abschluss der Vereinbarung ermöglicht (§ 415 ZPO). Ob daneben noch andere und insbesondere spätere Vereinbarungen getroffen wurden, ergibt sich zwar nicht aus der Urkunde, es ergibt sich aber auch ebenso wenig aus dem Güterrechtsregister. Denn auch in diesem könnte z. B. nur eine von mehreren Vereinbarungen eingetragen worden sein. Entsprechend wird die vom BGH ermöglichte Eintragung zwecks Offenlegung der güterrechtlichen Verhältnisse im Güterrechtsregister (siehe oben) in der Praxis wenig bis gar nicht genutzt.
- Daneben scheint teilweise auch ein Geheimhaltungsinteresse der Beteiligten für die Entscheidung zu sprechen, die Vereinbarung nicht im Register eintragen zu lassen.
1.3 Keine standardmäßige Einsichtnahme
Eine Einsichtnahme in das Güterrechtsregister erfolgt nach unseren Erfahrungen auch bei notariellen Amtstätigkeiten jedenfalls nicht standardmäßig. Ein Grund hierfür sind die oben genannten eingeschränkten materiell-rechtlichen Konsequenzen der Eintragungen. Ein wesentlicher und auch rein praktischer Grund für die eher seltene Einsichtnahme ist aber sicher, dass die Einsicht nur dezentral beim jeweiligen Amtsgericht und nicht elektronisch möglich ist.
2. Gründe für die Beibehaltung des Güterrechtsregisters
Vor dem Hintergrund dieses Befundes erscheint die Forderung der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister nach Abschaffung des Güterrechtsregisters auf den ersten Blick verständlich.[4] Gleichwohl sollte sie nicht vorschnell vollzogen werden. Denn erstens schützt das Schweigen des Registers den Rechtsverkehr (dazu 2.1) und zweitens entfalten gewisse Regelungen im Verhältnis zu Dritten nur Wirkung, sofern sie eingetragen sind (dazu 2.2). Schließlich kann die derzeit eher selten erfolgende Einsichtnahme erleichtert werden durch eine Zentralisierung verbunden mit einer elektronischen Einsichtnahmemöglichkeit, etwa bei der Bundesnotarkammer als registerführende Stelle (dazu 3.).
2.1 Schutz des Rechtsverkehrs durch das Schweigen des Registers
Nach § 1412 BGB können Ehegatten[5] einem Dritten gegenüber Einwendungen gegen ein Rechtsgeschäft, das zwischen einem von ihnen und dem Dritten vorgenommen worden ist, nur herleiten, wenn der Ehevertrag, in dem der gesetzliche Güterstand ausgeschlossen oder geändert wurde, im Güterrechtsregister eingetragen oder dem Dritten bekannt war, als das Rechtsgeschäft vorgenommen wurde.
1412 BGB schützt den guten Glauben Dritter an das Bestehen des gesetzlichen Güterstands aufgrund des Schweigens des Registers („negative Publizität“). Die praktische Bedeutung kann und sollte daher nicht allein aus der Zahl der tatsächlichen Eintragungen ermessen werden, sondern insbesondere auch aus der Wirkung der Nichteintragung entsprechender Vereinbarungen.
Zwar beinhalten die Modifizierung des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft oder die Vereinbarung von Gütertrennung als in der Praxis häufigste Fälle der güterrechtlichen Vereinbarungen üblicherweise keine rechtlichen Beschränkungen der Ehegatten gegenüber Dritten, aus denen entsprechende Einwendungen hergeleitet werden könnten, so dass eine Eintragung und § 1412 BGB letztlich regelmäßig keine Rolle spielen (so dass eine Eintragung regelmäßig auch nicht beantragt wird). In inländischen Fällen erlangt dies aber z. B. dann Bedeutung, wenn ursprünglich einmal eine Eintragung einer getroffenen Vereinbarung erfolgt ist (z. B. um diese gegenüber Dritten nachzuweisen) und danach eine abweichende güterrechtliche Vereinbarung getroffen wird. Erfolgt bei einem Wechsel, z. B. zurück in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, keine Eintragung bzw. keine Löschung der Eintragung, gilt etwa die Beschränkung des § 1365 BGB faktisch nicht, weil die Ehegatten sich wegen § 1412 BGB nicht hierauf berufen können.
In der Praxis bedeutsam ist das Schweigen des Registers in Fällen mit Auslandsberührung. Denn nach Art. 16 Abs. 1 EBGBG ist § 1412 BGB entsprechend anzuwenden, wenn die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe dem Recht eines anderen Staates unterliegen und einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat oder hier ein Gewerbe betreibt. Hiermit wird der inländische Rechtsverkehr vor Beschränkungen ausländischer Güterrechtsordnungen geschützt. Dritte können – bei Vorliegen der Voraussetzungen – darauf vertrauen, dass niemand anderen güterrechtlichen Beschränkungen unterliegt als denen der Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts (d. h. faktisch keiner anderen Beschränkung als der des § 1365 BGB), sofern keine Eintragung des ausländischen Güterstands im Güterrechtsregister erfolgt ist.
Dieses Bedürfnis nach dem Schutz des Rechtsverkehrs wird nach Inkrafttreten der Güterrechtsverordnungen am 29.01.2019 nicht vermindert sein. Auch nach den Güterrechtsverordnungen ist der Güterstand grundsätzlich unwandelbar (sofern keine Rechtswahl nach Eheschließung getroffen wurde, wodurch es ausnahmsweise zu einem Wandel des Güterstatuts kommen kann, vgl. Erwägungsgrund 46 Satz 1 EuGüVO).[6] Denn Art. 26 EuGüVO stellt für die Bestimmung des anwendbaren Rechts auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Eheschließung ab bzw. auf den ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt nach Eheschließung. Die Verhältnisse in diesem Zeitpunkt sind für einen Dritten jedoch ebenso wenig ersichtlich wie die bislang (primär) maßgebende Frage, welche Staatsangehörigkeit die Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung besaßen (Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB).
Vor diesem Hintergrund und wegen der weiter zunehmenden grenzüberschreitenden Mobilität der Bevölkerung ist aus unserer Sicht angesichts der Vielzahl von Rechtsgeschäften mit Ehegatten ein gewisser standardisierter Schutz Dritter, die sich darauf verlassen können sollen, dass ihre Geschäftspartner im normalen gesetzlichen Güterstand mit der typischen gesetzlichen Ausgestaltung leben,[7] weiterhin notwendig.
2.2 Bestimmte Vereinbarungen wirken praktisch nur bei Eintragung in das Güterrechtsregister
Des Weiteren entfalten nach derzeitiger Rechtslage bestimmte Vereinbarungen Dritten gegenüber nur Wirkung durch eine Eintragung in das Güterrechtsregister. Das betrifft etwa die sog. Schlüsselgewalt: Nach § 1357 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Ehegatte die Berechtigung des anderen Ehegatten, Geschäfte mit Wirkung für ihn zu besorgen, zwar beschränken oder ausschließen. Dritten gegenüber wirkt dies aber nur nach Maßgabe des § 1412 BGB, das heißt im Ergebnis nur, sofern eine Eintragung in das Güterrechtsregister erfolgt ist oder der Dritte Kenntnis von der Beschränkung oder von dem Ausschluss hat. Eine generelle Wirkung einer Beschränkung bzw. eines Ausschlusses kann faktisch also nur mittels einer Eintragung im Register erreicht werden. Insofern können wir von Fällen in der Praxis berichten, in denen die Ehegatten – insbesondere wegen der erkannten „Verschwendungssucht“ des einen Ehegatten – die Eintragung einer solchen Vereinbarung beantragt haben. Auch bestimmte Vereinbarungen bzw. Regelungen bei der Gütergemeinschaft sind durch den Verweis auf § 1412 BGB Dritten gegenüber praktisch nur wirksam bei einer entsprechenden Eintragung (vgl. §§ 1418 Abs. 4, 1431 Abs. 3 und 1449 Abs. 2 BGB).
Bei einer Abschaffung des Güterrechtsregisters müssten insbesondere diese Fälle ebenfalls bedacht und dann anderweitig rechtspolitisch gesetzlich gelöst werden.
3. „Update“ auf ein „Güterrechtsregister 2.0“
Aus den genannten Gründen sollte das Güterrechtsregister nicht abgeschafft werden, es sollte aber ein „Update“ auf ein „Güterrechtsregister 2.0“ durchgeführt werden.
- Ein Register, das in Papierform bei den jeweiligen Amtsgerichten lokal geführt wird, ist in Zeiten eines elektronischen Handelsregisters, eines elektronisch abrufbaren Grundbuchs und eines kommenden elektronischen Urkundenarchivs ein Anachronismus.
- Das zeigt letztlich auch der Umstand, dass derzeit de facto kaum Einsicht in das Register genommen wird. Das führt wiederum dazu, dass der gute Glaube Dritter an den Fortbestand der Bestimmungen des gesetzlichen Güterstands durch die Eintragung einer Änderung des gesetzlichen Güterstands faktisch einseitig zu deren Nachteil zerstört werden kann. Eine Eintragung in das Güterrechtsregister schützt damit in der Praxis mehr die Ehegatten als den Rechtsverkehr.[8] Drastisch formuliert versagt der von § 1412 BGB intendierte Verkehrsschutz, weil die Einsicht des Güterrechtsregisters nicht Standard ist.[9] Dass der Rechtsverkehr letztlich doch darauf vertrauen kann, dass der Geschäftspartner im gesetzlichen Güterstand lebt und nur dessen Beschränkungen unterworfen ist, liegt daran, dass Eintragungen – auch ausländischer Güterstände – so gut wie nicht beantragt und nicht vorgenommen werden.
Ein „Güterrechtsregister 2.0“ sollte im ersten Schritt die Möglichkeit der Einsichtnahme erleichtern und verbessern. Kernpunkte eines solchen „Güterrechtsregisters 2.0“ wäre die Schaffung einer elektronischen Einsichtnahmemöglichkeit verbunden mit einer Zentralisierung des Güterrechtsregisters (dazu 3.1). Im zweiten Schritt sollte darüber nachgedacht werden, das Güterrechtsregister aufzuwerten, indem Eintragungen konstitutive Wirkung haben (dazu 3.2).
3.1 Elektronische Einsichtnahmemöglichkeit und Zentralisierung
Das Güterrechtsregister sollte über ein entsprechendes Internet-Portal elektronisch eingesehen werden können. Dies vereinfacht die Einsichtnahme außerordentlich und führt dazu, dass in dringenden und in überörtlichen Fällen praktisch überhaupt erst eine Einsichtnahme möglich ist. Eine elektronische Einsichtnahmemöglichkeit dürfte damit zu einer größeren Nutzung des Registers in der Praxis beitragen und nicht zuletzt zu einer größeren Akzeptanz.
Ein solches elektronisches Güterrechtsregister sollte zentral geführt werden. Hierfür sprechen mehrere Gründe:
- Ein zentral geführtes Register vereinfacht erfahrungsgemäß das Aufsetzen einer entsprechenden IT-Infrastruktur, weil diese nur bei einer Stelle eingerichtet werden muss. Dies dürfte auch die damit verbundenen Kosten verringern.
- Für ein zentrales Register spricht auch die relativ geringe Anzahl der Eintragungen in das Güterrechtsregister; statt einer Führung des Güterrechtsregisters bei diversen Amtsgerichten, bei denen entsprechende Ressourcen für relativ wenige Eintragungen gebunden werden, wäre nur ein zentrales Register verantwortlich.
- Auch aus Gründen der Vereinfachung für Bürger und Verwaltung bietet sich eine Zentralisierung an. So erübrigen sich Abgrenzungsfragen, welches Register aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts der Ehegatten zuständig ist (§ 1558 Abs. 1 BGB). Des Weiteren würde die Wiederholung der Eintragung bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts überflüssig (§ 1559 BGB).
- Ein zentrales Register würde nicht zuletzt auch der allgemeinen Tendenz zur Zentralisierung entsprechender Funktionen entsprechen, die wir insbesondere auch aus den vorgenannten Gründen bei Grundbüchern, Handels- und Vereinsregistern beobachten.
Als registerführende Stelle bietet sich aus unserer Sicht die Bundesnotarkammer an:
- Die Bundesnotarkammer führt bereits seit vielen Jahren das Zentrale Vorsorgeregister (rund 3,4 Millionen Registrierungen[10]) und das Zentrale Testamentsregister (rund 19,8 Millionen Registrierungen[11]), und zwar geräuschlos und erfolgreich.
- Die Bundesnotarkammer hat Erfahrungen mit der Überführung bestehender dezentraler Eintragungen in Papierform in ein zentrales elektronisches Register, wie der erfolgreiche Abschluss der Testamentsüberführung innerhalb des vom Gesetzgeber festgelegten Zeitrahmens[12] zum Ende des Jahres 2016 gezeigt hat. Dabei wurden über 18 Millionen Karteikarten bei rund 4.700 Standesämtern und der Hauptkartei für Testamente beim Amtsgericht Berlin-Schöneberg eingesammelt, digitalisiert und in das Zentrale Testamentsregister überführt.[13]
- Die Führung des Güterrechtsregisters würde im Übrigen auch die Justizverwaltung der Bundesländer entlasten.
3.2 Konstitutive Wirkung von Eintragungen im Güterrechtsregister
3.2.1 Rechtsklarheit und -sicherheit
Im zweiten Schritt sollte darüber nachgedacht werden, ob Eintragungen im Güterrechtsregister konstitutiv ausgestaltet werden sollten. Das würde bedeuten, dass eine güterrechtliche Vereinbarung nur dann wirksam wäre, wenn sie im Register eingetragen ist.
Für eine konstitutive Wirkung einer Eintragung spricht die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Nach unseren Erfahrungen aus der Praxis wissen die Beteiligten oftmals nicht, ob sie überhaupt eine güterrechtliche Vereinbarung getroffen haben. Zwar ist dies meist präsent in den Fällen, in denen allein ein notarieller Ehevertrag geschlossen wurde. Haben die Beteiligten etwa in einer notariellen Urkunde einen Erb- und Ehevertrag geschlossen (was unter Geltung der seit 1.8.2013 außer Kraft getretenen Kostenordnung aus Kostengründen häufig praktiziert wurde[14]), können sich die Beteiligten mitunter nur noch vage erinnern, zumal wenn der betreffende Vorgang bereits einige Zeit zurückliegt und seinerzeit das Hauptaugenmerk auf dem Erbvertrag lag. Tatsächlich wird von den Beteiligten eine Rechtswahl des anwendbaren Güterrechts oftmals übersehen, wenn eine solche Rechtswahl z. B. in einem Grundstückskaufvertrag in einer notariellen Urkunde „mitbeurkundet“ wird. Insbesondere in diesen Fällen wissen die Beteiligten – trotz notarieller Belehrung – häufig bereits nach relativ kurzer Zeit nicht mehr, dass sie eine derartige Rechtswahl getroffen haben, da für sie der Erwerb der Immobilie im Mittelpunkt stand und nicht die Errichtung eines Ehevertrages. Ein solches Vergessen oder Übersehen einer güterrechtlichen Vereinbarung kann dabei zu fatalen Folgen führen, etwa in Bezug auf die erbrechtlichen Konsequenzen. Dagegen hilft auch die beste (z. B. notarielle) Beratung nicht, weil der Berater aufgrund der objektiv falschen Angaben der Beteiligten von falschen Prämissen ausgeht.
Eine konstitutiv wirkende Eintragung in das Güterrechtsregister würde hier Abhilfe schaffen, weil die Vereinbarung ohne Eintragung nicht wirksam wäre. Die Eintragung würde daher für Rechtsklarheit und -sicherheit sorgen.
Darüber hinaus würde auch der weitere vom BGH seit den 1970er Jahren hervorgehobene Zweck des Güterrechtsregisters praktisch relevant, nach dem das Register auch der Offenlegung der güterrechtlichen Verhältnisse zwecks Erleichterung des Rechts- und Geschäftsverkehrs dient (siehe oben 1.1). Bei konstitutiv wirkenden Eintragungen ergäbe eine Einsicht im Gegensatz zu heute (siehe oben 1.2, zweiter Gliederungspunkt) zuverlässig, ob und ggf. welche güterrechtliche Vereinbarung zwischen den Ehegatten aktuell gilt. Damit würde eine echte Nachweismöglichkeit zur Erleichterung des Rechtsverkehrs geschaffen.
Eine konstitutive Wirkung einer Eintragung könnte der deutsche Gesetzgeber für Ehen bestimmen, die deutschem Recht unterliegen. Eine solche konstitutive Wirkung einer Eintragung existiert auch in anderen europäischen Ländern, z. B. in Finnland, Schweden und – insoweit beschränkt auf das Außenverhältnis gegenüber Dritten – in Lettland, Spanien und Griechenland.[15] Für Fälle, in denen die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe ausländischem Recht unterliegen, ist hingegen davon auszugehen, dass eine solche konstitutive Wirkung nicht durch den deutschen Gesetzgeber angeordnet werden darf. Insoweit wäre die Ausgestaltung der Gutglaubenswirkungen von Bedeutung (dazu sogleich).
3.2.2 Gutglaubenswirkungen bei ausländischem Güterrecht
Für Fälle, in denen die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe inländischem Recht unterliegen, bedürfte es im Falle einer konstitutiven Wirkung einer Eintragung keines Gutglaubensschutzes, weil ohne Eintragung die Abweichung vom gesetzlichen Güterstand ohnehin nicht wirksam wäre. Für Fälle, in denen die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe ausländischem Recht unterliegen, müssten die Wirkungen des Art. 16 EGBGB i. V. m. § 1412 BGB beibehalten werden. Denn der Rechtsverkehr muss weiterhin auf die Geltung des deutschen gesetzlichen Güterstands vertrauen dürfen, es sei denn, eine Eintragung im Güterrechtsregister ist erfolgt. Ob das der Fall ist, kann leicht und einfach festgestellt werden, wenn das Register elektronisch abrufbar ist.
Es sollte darüber nachgedacht werden, ob nicht die Voraussetzungen, unter denen der Gutglaubensschutz gewährt wird, analog zu Art. 28 EuGüVO ausgestaltet werden sollte. Bislang ist objektive Voraussetzung des Gutglaubensschutzes nach Art. 16 EGBGB, dass einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Das System der EuGüRVO weicht hiervon ab: Nach Art. 28 Abs. 1 EuGüVO ist ein Dritter vor güterrechtlichen Vereinbarungen der Ehegatten geschützt, wenn der Dritte keine Kenntnis von dem Recht hatte oder keine Kenntnis hätte haben müssen. Eine Kenntnis von dem auf den Güterstand anzuwendenden Recht wird nach Art. 28 Abs. 2 lit. a EuGüVO in drei Fällen vermutet: Das auf den Güterstand anzuwendende Recht ist das Recht des Staates,
(i) dessen Recht auf das Rechtsgeschäft anzuwenden ist,
(ii) in dem der Ehegatte und der Dritte ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder
(iii) in dem die Immobilie belegen ist.
Eine Kenntnis wird nach Art. 28 Abs. 2 lit. b EuGüVO ebenfalls vermutet, wenn die Ehegatten die Anforderungen an die Registrierung eingehalten haben in dem Staat,
(i) dessen Recht auf das Rechtsgeschäft anzuwenden ist,
(ii) in dem der Ehegatte und der Dritte ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder
(iii) in dem die Immobilie belegen ist.
Auch im nationalen Recht könnte für die Frage, ob ein Gutglaubensschutz gewährt wird, an diese Kriterien angeknüpft werden. Übertragen auf Art. 16 EGBGB würde das Folgendes bedeuten: Sofern die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe dem Recht eines anderen Staates unterliegen, könnten die Ehegatten hieraus einem Dritten gegenüber Einwendungen gegen ein Rechtsgeschäft, das zwischen einem von ihnen und dem Dritten vorgenommen worden ist, nur herleiten, wenn der Ehevertrag im Güterrechtsregister eingetragen oder dem Dritten bekannt war, als das Rechtsgeschäft vorgenommen wurde. Dies gälte allerdings nur dann, wenn inländisches Recht auf das Rechtsgeschäft anzuwenden ist, der Ehegatte und der Dritte ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben oder wenn das betroffene Grundstück im Inland belegen ist. Dabei würden dem Dritten solche Vereinbarungen als bekannt gelten, die im Güterrechtsregister eingetragen sind.
3.3 Einsicht nur bei berechtigtem Interesse
Derzeit ist das Güterrechtsregister uneingeschränkt öffentlich. Hätte eine Eintragung konstitutive Wirkungen, würde eine güterrechtliche Vereinbarung zwingend auch immer öffentlich werden. Die mit der Öffentlichkeit verbundenen Zwecke – die Informationsmöglichkeit Dritter über im Außenverhältnis beschränkende Wirkungen – sind gegen die Geheimhaltungsinteressen der Beteiligten, zumal in diesem Bereich, der in die persönliche Lebensführung weit hineinreicht, abzuwägen.
Aus unserer Sicht ist eine uneingeschränkte Öffentlichkeit zumindest dann eher nicht zu gewähren, wenn die Beteiligten zu einer Eintragung „gezwungen“ werden, weil die Eintragung konstitutiv ist. Dem Interesse Dritter an einer Einsicht kann ohne weiteres gedient werden durch die Möglichkeit der Einsichtnahme bei Darlegung und ggf. Nachweis eines berechtigten Interesses. Ein berechtigtes Interesse würde vermutet bei einer Einsicht durch Gerichte, Notare und zuständige Behörden. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen könnten entsprechende Auszüge aus dem Güterrechtsregister über Notare beantragen, die das Vorliegen eines berechtigten Interesses prüfen würden.
Fußnoten:
[1] BGH, Beschluss vom 28.2.1964 – IV ZB 586/63, NJW 1964, 1795.
[2] Kanzleiter, DNotZ 1971, 453, 455.
[3] BGH, Beschluss vom 14.4.1976 – IV ZB 43/75, NJW 1976, 1258; siehe auch Kanzleiter, DNotZ 1971, 453, 455. Dem lag letztlich die Erkenntnis zugrunde, dass seit Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes im Jahr 1957 ein Ausschluss des ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft im Rechtsverkehr der Ehegatten mit Dritten in der Regel keine Wirkungen hat, die Dritte benachteiligen. Der Ausschluss des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft oder die Vereinbarung von Gütertrennung als in der Praxis häufigste Fälle der güterrechtlichen Vereinbarung wären damit nicht eintragungsfähig gewesen.
[4] Mitunter wird das Güterrechtsregister sogar als „totes Register“ bezeichnet; vgl. J. Mayer, in Würzburger Notarhandbuch, Teil 3 Kap. 1 Rn. 399.
[5] Soweit in dieser Stellungnahme von der Ehe die Rede ist, ist hiermit auch die eingetragene Lebenspartnerschaft gemeint, auf deren jeweilige Erwähnung aus (sprachlichen) Vereinfachungsgründen verzichtet wird. Die eingetragene Lebenspartnerschaft unterliegt aber denselben Regelungen (vgl. § 7 LPartG).
[6] Weber, DNotZ 2016, 659.
[7] Vgl. Siede, in BeckOK BGB, § 1412 BGB Rn. 1.
[8] Vgl. Kanzleiter, in MüKoBGB, § 1412 BGB Rn. 1.
[9] Siede, in BeckOK BGB, § 1412 BGB Rn. 1.
[10] http://www.vorsorgeregister.de/Presse/Statistik/2016/index.php.
[11] http://www.testamentsregister.de/erbe/meldungen?view=detail&id=12c13c03-b9d1-4867-92d9-43b8ed572799.
[12] Nach § 1 Abs. 1 Testamentsverzeichnis-Überführungsgesetz musste die Überführung innerhalb von sechs Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgen.
[13] http://www.bundesnotarkammer.de/9:1150/Pressemitteilungen/2017/pm_bnotk_170208.html.
[14] Unter Geltung des seither geltenden Gesetzes über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare ergibt sich ein solcher Kostenvorteil nicht mehr.
[15] Eine Übersicht findet sich z.B. http://www.coupleseurope.eu/.