Stellungnahme vom 21.05.2008
Der Deutsche Notarverein dankt für die Übersendung des oben genannten Referentenentwurfs (nachfolgend „RefE“ genannt) und nimmt die Möglichkeit zur Stellungnahme gern wahr.
Nach einer allgemeinen Vorbemerkung (I.) werden wir uns mit einzelnen Vorschriften des Referentenentwurfs beschäftigen (II), am Ende der Stellungnahme folgt eine Zusammenfassung unserer Vorschläge (III.).
I. Vorbemerkungen
Der RefE möchte das anwaltliche und notarielle Berufsrecht modernisieren, vereinfachen und transparenter machen. Anlass dazu bietet die FGG-Reform. Es stellt sich die Frage, ob der bisherige Verweis auf das Verfahrensrecht der freiwilligen Gerichtsbarkeit im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht auch unter Geltung des FamFG erhalten bleiben soll. Der RefE verneint diese Frage und möchte an die Stelle des FamFG die VwGO setzen.
Diese Grundentscheidung ist nach Überzeugung des Deutschen Notarvereins richtig. Notare handeln als unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes hoheitlich und unterliegen damit der staatlichen Organisationsgewalt. Maßnahmen der Dienst- und Standesaufsicht über Notare werden aufgrund von öffentlich-rechtlichen Ermächtigungsgrundlagen ergriffen, die es einem Träger hoheitlicher Gewalt (Justizverwaltung oder Notarkammer) ermöglichen, in die Unabhängigkeit des Notars ähnlich wie im Beamtenrecht im Rahmen eines Sonderstatusverhältnisses einzugreifen. Werden diese Maßnahmen gerichtlich angegriffen, handelt es sich daher um öffentlich-rechtliche Streitigkeiten. Vor diesem Hintergrund ist die VwGO deutlich konturierter und sachgerechter als das FGG (zukünftig: das FamFG). Ihre Anwendung wird nach Überzeugung des Deutschen Notarvereins zu sachgerechten Ergebnissen führen.
Entsprechend dieser grundsätzlichen Einordnung des Notaramtes ist es auch überzeugend, für das Verwaltungsverfahren gegenüber einzelnen Berufsträgern die Regelungen der einschlägigen Verwaltungsverfahrensgesetze für anwendbar zu erklären.
Die vorstehenden Ausführungen, die so auf den Notar, nicht aber auf den Anwalt zutreffen, lassen aber bereits Zweifel an der dem RefE zu Grunde liegenden These aufkommen, dass anwaltliches und notarielles Verfahrensrecht prinzipiell gleich zu strukturieren seien. Unter II.1. wird daher vorgeschlagen, die Verweisungstechnik des RefE (BNotO über BRAO auf die VwGO) zu überdenken.
Im Übrigen liegt dieser Stellungnahme eher die Perspektive des einzelnen Berufsträgers als die Perspektive der Kammer bzw. der Aufsichtsbehörde zu Grunde. Als Organisationen des Privatrechts ohne eigene Aufsichtsbefugnisse verfügen weder der Deutsche Notarverein noch seine regionalen Mitgliedsvereine über eigene Erfahrungen in berufsrechtlichen Streitigkeiten. Bereits an dieser Stelle sei jedoch angemerkt, dass der einzelne Berufsträger zwar einerseits ein großes Interesse an rechtsstaatlich ausgestalteten Verfahren hat, andererseits aber auch von effizienten, kurzen und funktionsadäquaten Verfahren profitiert.
II. Einzelfragen
1. Verweisungskette in § 111 BNotO
Das im notariellen Berufsrecht von den Behörden und Gerichten anwendbare Verfahrensrecht erschließt sich dem Rechtsanwender nicht unmittelbar, sondern nur über eine komplizierte Verweisungskette. § 111 BNotO verweist nämlich auf die BRAO, die dann wiederum die maßgebliche Verwaltungsgerichtsordnung in Bezug nimmt.
Der Deutsche Notarverein regt an, unmittelbar aus der BNotO auf die VwGO zu verweisen.
Für eine solche unmittelbare Verweisung spricht zunächst das ausdrückliche Ziel des Referentenentwurfs, die behördlichen und gerichtlichen Verfahren im anwaltlichen und (!) im notariellen Berufsrecht zu vereinfachen. Sowohl für den betroffenen Notar als auch für die beteiligten Behörden wäre die Ermittlung des anwendbaren Verfahrensrechts einfacher, transparenter und weniger fehleranfällig, wenn es eine unmittelbare Verweisung aus der BNotO gäbe.
Weiter entspräche eine unmittelbare Inbezugnahme der verwaltungsrechtlichen Vorschriften in systematischer Hinsicht der Rechtsstellung des Notars als Träger eines öffentlichen Amtes. Dieser steht statusrechtlich den Richtern und Beamten wesentlich näher als den Rechtsanwälten. So wird beispielsweise im Deutschen Richtergesetz sowohl für Disziplinarsachen (über das Bundesdisziplinargesetz) als auch für andere Streitigkeiten, die hoheitliche Maßnahmen gegenüber Richtern betreffen (z.B. Versetzungsverfahren, § 65 DRiG) in großem Umfang die VwGO als einschlägige Prozessordnung für anwendbar erklärt.
Daher erscheint es wenig sachgerecht, bei den Notaren den „Umweg“ über die staatsferneren Rechtsanwälte zu gehen. Dies gilt vor allem auch vor dem Hintergrund des aktuell laufenden Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland, in dem es gerade darum geht, das öffentliche Amt des Notars gegenüber dem Europäischen Gerichtshof überzeugend darzulegen.
Außerdem böte eine unmittelbare Verweisung aus der BNotO sowohl zum jetzigen Zeitpunkt als auch zukünftig eher die Möglichkeit, auf etwaige Besonderheiten des notariellen und des anwaltlichen Berufsrechts zu reagieren. Da sich die Berufsbilder und Berufsrechte von Anwälten und Notaren in den letzten Jahren deutlich auseinanderentwickelt haben, sind unterschiedliche Regelungen zum Teil auch erforderlich (Einzelheiten dazu unter 2. ff.).
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Inbezugnahme der BRAO historisch dem Umstand geschuldet war, dass bei Erlass der BNotO (1961) die VwGO erst ein Jahr in Kraft war und der Gesetzgeber damals an Stelle des Verweises auf die VwGO den Verweis auf das schon besser konturierte anwaltliche Berufsrecht vorgezogen hat.
Einen Formulierungsvorschlag für eine unmittelbare Verweisung aus der BNotO auf die VwGO hat die Bundesnotarkammer in Ihrer Stellungnahme unterbreitet. Der Deutsche Notarverein unterstützt den generellen Ansatz und die Regelungstechnik dieses Formulierungsvorschlages und würde es ausdrücklich begrüßen, wenn das Bundesministerium der Justiz auf dieser Grundlage weiter über die Verfahrensmodernisierung des notariellen Berufsrechts nachdenken würde.
2. Abdrängende Sonderzuweisung zu den ordentlichen Gerichten
Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für berufsrechtliche Streitigkeiten der Notare hat sich in der Vergangenheit bewährt. Die ordentlichen Gerichte sind wegen der notariellen Tätigkeiten auf dem (zivilrechtlichen) Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege sachnäher als die eigentlich zuständigen Verwaltungsgerichte. Es ist uneingeschränkt zu begrüßen, dass der Referentenentwurf an dieser abdrängenden Sonderzuweisung festhalten will.
3. Postulationsfähigkeit der Notare
Das bisherige Verfahren nach § 111 BNotO sieht als FGG-Verfahren keinen Vertretungszwang vor. Notare können sich daher in berufsrechtlichen Verfahren selbst vertreten, ohne einen Anwalt beauftragen zu müssen. Durch die vorgesehene Verweisung auf die VwGO (§ 67 Abs. 1 VwGO) würde dagegen zukünftig vor dem OLG und dem BGH ein Vertretungszwang bestehen, so dass sich hauptberufliche Notare (nicht dagegen Anwaltsnotare) in Zukunft nicht mehr selbst vertreten könnten. Die Ungleichbehandlung zwischen hauptberuflichen und Anwaltsnotaren ist sachlich nicht gerechtfertigt.
Die Verweisung auf die VwGO sollte daher § 67 Abs. 1 VwGO ausdrücklich ausnehmen und stattdessen die sachgerechte Vorschrift des § 67 Abs. 2 VwGO für anwendbar erklären. Dann könnte sich grundsätzlich jeder Notar selbst vertreten. Das Gericht hätte aber ggf. die Möglichkeit, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch Beschluss anzuordnen.
4. Erforderlichkeit eines Widerspruchsverfahrens
Die im RefE vorgesehene Verweisung auf die Vorschriften der VwGO führt dazu, dass nach § 68 VwGO zukünftig vor Klageerhebung grundsätzlich ein Vorverfahren durchzuführen ist.
Wir bitten im Verlauf des weiteren Gesetzgebungsverfahrens um Überprüfung, ob nicht im notariellen Berufsrecht die Durchführung eines förmlichen Vorverfahrens generell verzichtbar erscheint. Folgende Gründe lassen sich dafür anführen:
In Verfahren des notariellen Berufsrechts entscheiden vielfach die obersten Landesbehörden (z.B über die Besetzung von Notarstellen oder Amtsenthebungen). In diesen Fällen ist nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 VwGO die Durchführung eines Vorverfahrens ohnehin entbehrlich.
Soweit die Notarkammern oder obersten Landesbehörden Verwaltungsakte erlassen, sind diese nach § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 3 VwGO selbst Widerspruchsbehörden. Eine nochmalige Überprüfung durch dieselbe Behörde hat aber in den meisten Fällen wenig Aussicht auf Erfolg. Dies gilt besonders für die Notarkammern, denn deren belastende Verwaltungsakte gegenüber Notaren werden in der Regel in einem mehrstufigen Verfahren vorbereitet. Vor Erlass des Verwaltungsaktes werden die zuständigen Ausschüsse oder der Vorstand der Kammer beteiligt, so dass eine sorgfältige Prüfung durch mehrere Beteiligte gewährleistet ist. Aus Sicht des betroffenen Notars würde daher die Durchführung eines förmlichen Vorverfahrens in den meisten Fällen als überflüssige, in der Sache meist erfolglose und damit verzichtbare Verfahrensverlängerung wahrgenommen.
Außerdem steht in den Fällen, in denen Ausgangs- und Widerspruchsbehörde identisch sind, alternativ zum Widerspruchsverfahren das nicht so förmlich ausgestaltete Abhilfeverfahren zur Verfügung, in dem die Kammer oder Behörde ggf. nach nochmaliger Anhörung des Betroffenen einen Rechtsfehler korrigieren und damit die Klage vermeiden kann.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die Länder zum Teil von der in § 68 Abs. 1 VwGO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, die Nachprüfung von Verwaltungsakten durch ein Vorverfahren per Gesetz auszuschließen. Hier sei beispielhaft auf § 6 Abs. 1 AGVwGO Nordrhein-Westfalen verwiesen, der bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen das Vorverfahren weitgehend abschafft. Bayern geht für beamtenrechtliche Streitigkeiten (ausgenommen das Disziplinarrecht) in Art. 15 Abs. 1 Nr. 5 AGVwGO i.d.F. des Gesetzes vom 20.12.2007 (GVBl. S. 958) denselben Weg.
Es erscheint daher insgesamt zweifelhaft, ob sich die mit einem Vorverfahren grundsätzlich beabsichtigten Entlastungseffekte für die Gerichte erzielen lassen. Angesichts der sehr unterschiedlichen Rechtslagen in den einzelnen Bundesländern wird schließlich auch die mit dem Referentenentwurf beabsichtigte Verfahrensvereinfachung konterkariert, wenn § 68 VwGO für anwendbar erklärt wird. Wir regen daher an, § 68 VwGO ebenfalls aus der Verweisung auszunehmen.
5. Zulassungsberufung
Im anwaltlichen Berufsrecht soll die zweite Instanz grundsätzlich als Zulassungsberufung ausgestaltet werden. Eine Ausnahme soll lediglich bei den in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) besonders eingreifenden Entscheidungen über die Zulassung zur Anwaltschaft und deren Rücknahme und Widerruf gelten. Die Berufung soll generell zulässig sein (vgl. § 112e BRAO-E) .
Für das notarielle Berufsrecht ist nun in § 111 Abs. 1 BNotO-E eine Verweisung auf § 112e BRAO-E vorgesehen. Diese Verweisung zeigt exemplarisch die generelle Problematik der gestuften Verweisungstechnik und wird den Besonderheiten des notariellen Berufsrechts nicht gerecht.
Soll die generelle Zulässigkeit der Berufung im notariellen Berufsrecht ausschließlich für die Bestellung zum Notar und die Amtsenthebung gelten oder sind etwa auch die Fälle der Amtssitzverlegung oder der befristeten Amtsenthebung mit erfasst? Was gilt weiter für den Zugang zum Anwärterdienst nach § 7 Abs. 1 BNotO? Im Bereich des hauptberuflichen Notariats dürfte die Ernennung zum Notarassessor fast die wichtigere Hürde auf dem Weg zum Notaramt darstellen, so dass Art. 12 GG hier ebenfalls besonders berührt ist. Die hier nur angedeuteten Fragen zeigen, dass der Verweis auf das anwaltliche Berufsrecht nicht weiterhilft und stattdessen eine eigenständige Regelung in der BNotO geboten erscheint. Dabei sollten die das Amt als Ganzes betreffenden Verwaltungsakte generell berufungsfähig sein. Bei den Disziplinarmaßnahmen Verweis und Geldbuße (§ 97 Abs. 1 BNotO) erscheint dagegen die Zulassungsberufung sachgerecht.
Die entsprechende Vorschrift (Regelungsstandort in den § 111 ff. BNotO) könnte in Anlehnung an die Formulierungen in § 112e BRAO lauten:
„(1) Gegen Endurteile, einschließlich Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu,
1. wenn die Bestellung zum Notar oder die Ernennung zum Notarassessor angestrebt wird,
2. wenn die Aufhebung der Amtsenthebung, der vorläufigen Amtsenthebung, der Entfernung aus dem Amt, der Entfernung vom bisherigen Amtssitz, der Entfernung aus dem Amt auf bestimmte Zeit oder der Entlassung aus dem Anwärterdienst verlangt wird oder
3. wenn sie vom Oberlandesgericht im Urteil zugelassen wird.
(…)“
Die Absätze 2 und 3 könnten wie in § 112e BRAO formuliert werden, wobei in Absatz 2 „Senat für Anwaltssachen“ durch „Senat für Notarsachen“ ersetzt werden müsste.
6. Zulässigkeit von Feststellungs- und Fortsetzungsfeststellungsklagen
Bislang werden Feststellungsanträge im berufsrechtlichen Verfahren als unzulässig angesehen. Allerdings hat der BGH wohl Feststellungsanträge ausnahmsweise für zulässig erachtet, wenn sonst die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG leer laufen würde. Daher bestehen gegen die Verweisung auf §§ 43, 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO aus Sicht des Deutschen Notarvereins keine grundsätzlichen Bedenken. Über die Zulässigkeitsvoraussetzung des „berechtigten Interesses“ ist die teilweise befürchtete „notarielle Popularklage“ vermutlich ebenso vermeidbar wie im allgemeinen Verwaltungsrecht.
7. Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung
Bislang sieht der auch im notariellen Berufsrecht einschlägige § 40 Abs. 2 BRAO vor, dass die gerichtliche Verhandlung grundsätzlich nichtöffentlich stattfindet und nur in Ausnahmefällen etwas anderes bestimmt werden kann. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis soll künftig über § 55 VwGO, der wiederum auf die allgemeinen Regeln des GVG verweist, umgekehrt werden.
Dies dürfte in dieser pauschalen Form den Besonderheiten der Verfahren im notariellen Berufsrecht nicht gerecht werden. Gerade § 18 BNotO (Verschwiegenheitspflicht des Notars) spricht nach Auffassung des Deutschen Notarvereins für eine Sonderregelung. Die allgemeinen Regeln der §§ 171b, 172 GVG reichen hier oft nicht aus, die Belange von Dritten zu schützen, die meist am Verfahren nicht beteiligt sind (sie sind nicht Verfahrensbeteiligte und oft auch keine Zeugen). Geht es in einem berufsrechtlichen Verfahren um Verfehlungen eines Notars, wird vor Gericht in der Regel auch der zu Grunde liegende konkrete Fall zu erörterten sein. Dies wird regelmäßig ein unter § 18 BNotO fallendes Amtsgeschäft sein. Die dem Notar von seinen Urkundsbeteiligten anvertrauten Informationen sind nun aber häufig höchstpersönlicher Art (etwa bei erbrechtlichen und familienrechtlichen Beurkundungen) und über § 18 BNotO besonders geschützt. Das Vertrauen in den durch § 18 BNotO geschützten Bereich sollte auch im Gerichtsverfahren gewahrt bleiben.
Daher schlagen wir vor, das bisherige Regel-Ausnahmeverhältnis beizubehalten. Die Öffentlichkeit kann dann ausnahmsweise zugelassen werden, wenn das öffentliche Interesse überwiegt und schutzwürdige Belange Dritter nicht betroffen sind, etwa bei Besetzungsstreitigkeiten.
Formulierungsvorschlag (in Anlehnung an § 40 Abs. 3 BRAO in der aktuellen Fassung):
„Die mündliche Verhandlung ist nicht öffentlich. Vertretern der Landesjustizverwaltung, dem Präsidenten des Oberlandesgerichts oder seinem Beauftragten, den Beamten der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht und Mitgliedern oder Vertretern des Vorstandes der Notarkammer ist der Zutritt zu der Verhandlung gestattet. Das Oberlandesgericht kann nach Anhörung der Beteiligten auch andere Personen als Zuhörer zulassen. Auf Verlangen des Klägers muss, auf Antrag eines anderen Beteiligten kann die Öffentlichkeit hergestellt werden wenn § 18 BNotO nicht entgegensteht; in diesem Fall sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Öffentlichkeit sinngemäß anzuwenden.“
8. Gerichtskosten
Der Deutsche Notarverein hat vorgeschlagen, von Verweisen auf das anwaltliche Berufsrecht soweit wie möglich abzusehen. Dann muss dies auch für die Gerichts- bzw. Prozesskosten gelten. Der RefE sieht in § 111 Abs. 1 und 2 BNotO-E einen Verweis auf die Neuregelung der §§ 193 und 194 BRAO-E vor, die wiederum auf das Gerichtskostengesetz (GKG) sowie auf ein als Anlage zur BRAO beigefügtes Gebührenverzeichnis weiterverweisen. Der einfachen Rechtsanwendung und Rechtsklarheit dient eine solche Gesetzgebungstechnik nicht.
Daher sollte eine eigenständige Regelung in der BNotO erfolgen. Diese könnte inhaltlich den §§ 193, 194 BRAO-E entsprechen. Der BNotO könnte sodann ein eigenes Gebührenverzeichnis als Anlage beigefügt werden. Auch hier verweisen wir auf den von der Bundesnotarkammer unterbreiteten Regelungsvorschlag.
9. § 10 Abs. 4 BNotO-E (weitere Geschäftsstelle/Sprechtage)
Der RefE ergänzt § 10 Abs. 4 BNotO dahingehend, dass eine erteilte Genehmigung widerrufen werden kann. Diese klarstellende Ergänzung ist sinnvoll. Weiter bietet sich an, in Anlehnung an den Wortlaut des § 25 Abs. 2 Satz 2 BNotO auch befristete oder mit Auflagen verbundene Genehmigungen ausdrücklich für zulässig zu erklären. Dies würde der von den Justizverwaltungen auf der Grundlage des geltenden Rechts ausgeübten Verwaltungspraxis entsprechen. Bliebe es bei der vom RefE vorgeschlagenen Formulierung, stellte sich die Frage, ob e contrario zu § 25 Abs. 2 Satz 2 BNotO Auflagen und Befristungen zulässig sind oder nicht.
Formulierungsvorschlag für § 10 Abs. 4 Satz 3 und 4 BNotO-E:
“Die Genehmigung kann mit Auflagen, dem Vorbehalt des Widerrufs verbunden sowie befristet werden. Vor der Erteilung oder der Aufhebung der Genehmigung ist die Notarkammer zu hören.“
10. § 19a Abs. 6 BNotO-E (Auskunft über Berufshaftpflicht)
Gegen die Ermächtigung der Landesjustizverwaltung, Mandanten Auskünfte über die Berufshaftpflichtversicherung einzelner Notare zu geben, bestehen keine Bedenken.
Ergänzend wird angeregt, auch die Notarkammern entsprechend zu ermächtigen. Dies würde der Entlastung der Justizverwaltung dienen, da sich die Bürger mit ihren Anfragen erfahrungsgemäß zunächst an die zuständige Notarkammer wenden.
Formulierungsvorschlag für § 19a Abs. 6 BNotO-E:
„(6) Die Landesjustizverwaltung und die Notarkammer erteilen Dritten zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf Antrag Auskunft über den Namen und die Adresse der Berufshaftpflichtversicherung des Notars sowie die Versicherungsnummer, soweit der Notar kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an der Nichterteilung der Auskunft hat.“
11. § 64a BNotO-E (Verweisung auf die Verwaltungsverfahrensgesetze)
Die in § 64a BNotO-E vorgesehene Verweisung auf die jeweils anwendbaren Verwaltungsverfahrensgesetze wird uneingeschränkt begrüßt. Schon bisher wurden mangels einer ausdrücklichen Verweisung „allgemeine Grundsätze“ eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens angewendet. Die ausdrückliche Verweisung sorgt hier für mehr Transparenz und Rechtssicherheit und ist auch aus Sicht der von Verwaltungsakten betroffenen Notare sinnvoll.
12. § 67 Abs. 4 BNotO-E – Ermächtigung der Notarkammern Versicherungseinrichtungen zu unterhalten
Gegen die redaktionellen Änderungen in § 67 Abs. 4 BNotO-E bestehen inhaltlich keine Bedenken.
Die in § 67 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 BNotO-E den Notarkammern neu eingeräumte Befugnis, eigene Versicherungseinrichtungen im Bereich der Vertrauensschadensversicherung zu unterhalten, wird ausdrücklich begrüßt. Die Begründung des RefE weist hier zutreffend darauf hin, dass in diesem Marktsegment auch ein vollständiger Rückzug der Versicherer nicht ausgeschlossen werden kann. Die den Notarkammern eingeräumte Option ermöglicht gegebenenfalls ein schnelles Handeln der Selbstverwaltungskörperschaften.
13. § 103 BNotO-E – Regelungen zu den Beisitzern
Gegen die vorgeschlagenen Ergänzungen bestehen keine Bedenken. Die Ausdehnung der Inkompatibilitätsregelungen auf die Präsidenten und Vorstände der Kassen sowie die Mitgliedschaft im Präsidium der Bundesnotarkammer erscheint sinnvoll, um jeden Anschein einer Befangenheit zu vermeiden.
14. § 108 Abs. 2 BNotO-E
Die Verweisung in § 108 Abs. 2 BNotO-E auf § 104 Abs. 1 BNotO ist in redaktioneller Hinsicht dahingehend zu berichtigen, dass auf die „Sätze 2 bis 4“ und nicht auf die „Sätze 2 bis 6“ verwiesen wird.
Bei der Verweisung in § 108 Abs. 2 BNotO-E auf die BRAO handelt es sich nicht um eine Mehrfachverweisung. Gleichwohl sollte unter dem Gesichtspunkt der einfachen und klaren Rechtsanwendung geprüft werden, ob der Regelungsgehalt der Verweisung (Status und Stellung der Notare als Beisitzer) nicht unmittelbar in die BNotO aufgenommen werden kann.
III. Zusammenfassung
1. Die BNotO sollte unmittelbar auf die VwGO verweisen. Die doppelte Verweisung über die BRAO auf die VwGO macht die Rechtsanwendung kompliziert und intransparent (vgl. oben II.1.). Dies gilt auch für die Prozess- und Gerichtskosten (vgl. oben II.8.).
2. Notare sollten in berufsrechtlichen Verfahren uneingeschränkt postulationsfähig sein. Dazu ist auf § 67 Abs. 2 VwGO anstelle von § 67 Abs. 1 VwGO zu verweisen (vgl. oben II.3.).
3. Ein Widerspruchsverfahren ist im notariellen Berufsrecht verzichtbar. Der Verweis auf die VwGO sollte § 68 VwGO ausnehmen (vgl. oben II.4.).
4. Alle die Berufsfreiheit besonders intensiv berührenden Verfahren sollten generell berufungsfähig sein. Die entsprechenden Verfahren sollten in der BNotO enumerativ aufgezählt werden. Der im RefE vorgesehene Verweis auf die BRAO wird den Besonderheiten des notariellen Berufsrechts nicht gerecht (vgl. oben II.5. mit Formulierungsvorschlag)
5. Die Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung sollte weiterhin die Ausnahme und nicht die Regel darstellen. Grund hierfür ist der Schutz des notariellen Berufsgeheimnisses nach § 18 BNotO, der bei einem öffentlichen Verfahren nicht zu gewährleisten wäre (vgl. oben II.7. mit Formulierungsvorschlag).
Wir würden uns freuen, wenn unsere Anregungen in Ihre weiteren Überlegungen mit einfließen würden. Für Rückfragen stehen wir jederzeit gern zur Verfügung