Kapitalgesellschaften mit einem einzigen Gesellschafter – Konsultation durch die Europäische Kommission, GD Markt

Stellungnahme vom 08.08.2013

 

1.     Sind Sie auch der Ansicht, dass die KMU im Hinblick auf ihre Beteiligung an allen grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten in der EU hinter ihrem Potenzial zurückbleiben?

Ja.

Bereits heute sind viele KMU grenzüberschreitend tätig. Einer schrankenlosen Mobilität im Binnenmarkt stehen in erster Linie national uneinheitliche Regelungen im Steuer-, Arbeits- und Sozialversicherungsrecht entgegen. Auch verwaltungsrechtliche Genehmigungserfordernisse können die Aufnahme einer Tätigkeit im Ausland erschweren.

2.     Ist es für KMU schwierig, ihre Geschäftstätigkeiten durch Einrichtung einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft im EU-Ausland zu erweitern?

Nein.

Die Gründung einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft ist bereits heute umfassend geregelt und problemlos möglich. Der hiermit verbundene, aus Gründen der Rechtssicherheit erforderliche Aufwand ist kein Umstand, der ein KMU von der Aufnahme grenzüberschreitender Tätigkeit abschrecken würde. Schwierigkeiten können sich bei der Verwaltung von Tochtergesellschaften allerdings aufgrund eines fehlenden einheitlichen Konzernrechts ergeben.

3.     Ist es für KMU schwierig, ihren Firmensitz, ihre Hauptverwaltung oder den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ins EU-Ausland zu verlegen?

Nein.

Die Niederlassungsfreiheit und die sie konkretisierenden Legislativakte garantieren KMU schon heute eine Verlegung ihrer Tätigkeit ins EU-Ausland. Dort, wo Regelungen fehlen, hat der EuGH zutreffende Vorgaben für die Sitzverlegung gemacht (VALE). Schwierigkeiten können sich indes aus dem national unterschiedlichen Steuer- und Sozialrecht ergeben. Dass die Sitzverlegung kein drängendes Problem der europäischen Unternehmen ist, hat die jüngst abgeschlossene Konsultation der Kommission zur grenzüberschreitenden Verlegung von Firmensitzen gezeigt.

4.     Warum ist es schwierig, die Geschäftstätigkeiten durch Einrichtung einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft im EU-Ausland zu erweitern oder sie dorthin zu verlegen?

Schwierige Finanzierung wegen der grenzübergreifenden Dimension.

Bedeutende Faktoren bei der Aufnahme einer grenzüberschreitenden Finanzierung sind neben der Finanzierung bestehende Sprachbarrieren, Unterschiede bei Lohnkosten, verwaltungsrechtliche Genehmigungserfordernisse und unterschiedliche Steuervorschriften. Ebenfalls schwer wiegt, dass Geschäftsführung und Gesellschafter aufgrund eines fehlenden einheitlichen Konzernrechts mit erheblichen, mitunter strafrechtlichen Risiken bei der Verwaltung von Tochter- und Muttergesellschaft konfrontiert sind.

5.     Wodurch wird – im Zusammenhang mit den Befolgungskosten – die Erweiterung oder Verlegung der Geschäftstätigkeiten ins EU-Ausland (durch Einrichtung einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft im EU-Ausland) am meisten behindert?

Jährliche Betriebskosten einschließlich Berichterstattung, Buchhaltung und Rechnungsprüfung.

Das Mindestkapital ist in den Mitgliedstaaten bereits erheblich abgesenkt worden. Die für die Rechtssicherheit erforderlichen Eintragungsgebühren sind ungeeignet, die Aufnahme einer betriebswirtschaftlich sinnvollen Ausweitung unternehmerischer Tätigkeit zu verhindern. Die mit der formalen Gründung einhergehende rechtliche Beratung des Gesellschafters bei vergleichsweise niedrigen Kosten bedeutet vielmehr einen Mehrwert und sichert gerade KMU den Zugang zu hochqualifiziertem Rechtsrat.

6.     Würde eine EU-weite Angleichung der rechtlichen Anforderungen an Kapitalgesellschaften mit einem einzigen Gesellschafter grenzüberschreitende Tätigkeiten von KMU innerhalb der EU anregen bzw. erleichtern? (Die Angleichung könnte u.a. die Eintragung, die Gründungsformen, das Anfangskapital, den Gläubigerschutz, die Verlegung des Firmensitzes und die Eintragung von Zweigniederlassungen betreffen.)

Nein.

Was könnte sonst zur Verstärkung solcher Tätigkeiten von KMU beitragen?

Sonstiges.

Schon heute gewährleisten die bestehenden Regelungen in Verbund mit der Rechtsprechung des EuGH eine hohe Flexibilität für grenzüberschreitend tätige Unternehmen. So können schon heute im EU-Ausland gegründete Gesellschaften problemlos in einem anderen Mitgliedstaat Geschäftstätigkeiten entfalten. Der Bedarf für eine weitere Rechtsform ist daher nicht ersichtlich und würde auf eine Fehlallokation der gesetzgeberischen Ressourcen hinauslaufen.

III. Zahlenangaben

1.     Wie viele GmbHs gibt es zum Zeitpunkt der Ausfüllung dieses Fragebogens in Ihrem Land? Bitte Zahl angeben:

Ca. 1,07 Mio. (Quelle: Kornblum, GmbH-Rundschau 2012, 728, 729).

2.     Wie viele Aktiengesellschaften gibt es zum Zeitpunkt der Ausfüllung dieses Fragebogens in Ihrem Land? Bitte Zahl angeben:

Ca. 16.000 (Quelle: Kornblum, a. a. O.)

3.     Was ist die Mindestkapitalanforderung (in Euro) für die Errichtung einer GmbH mit einem einzigen Gesellschafter in Ihrem Land?

Ein Euro.

4.     Was ist die Mindestkapitalanforderung (in Euro) für die Errichtung einer Aktiengesellschaft mit einem einzigen Gesellschafter in Ihrem Land?

50.000 Euro.

5.     Wie hoch sind die Eintragungskosten (in Euro, einschließlich Gerichts- und/oder maximalen Notarkosten) für die Errichtung einer GmbH mit einem einzigen Gesellschafter in Ihrem Land?

Eintragungs- und Notarkosten bemessen sich anteilig-degressiv nach dem von den Gesellschaftern beschlossenen Stammkapital der Gesellschaft. Bei der Gründung einer „Ein-Personen-Gesellschaft“ mit einem Stammkapital von beispielsweise 5.000 Euro fallen 105 Euro an Notargebühren und 150 Euro an Eintragungsgebühren an.

6.     Wie hoch sind die Eintragungskosten (in Euro, einschließlich Gerichts- und/oder maximalen Notarkosten) für die Errichtung einer Aktiengesellschaft mit einem einzigen Gesellschafter in Ihrem Land?

Eintragungs- und Notarkosten bemessen sich nach dem von den Gesellschaftern beschlossenen Grundkapital der Gesellschaft. Bei der Gründung einer Aktiengesellschaft mit einem Stammkapital von beispielsweise 50.000 Euro fallen 547 Euro an Notargebühren und 300 Euro an Eintragungsgebühren an.

7.     Wie hoch sind die durchschnittlichen Rechtsberatungskosten (in Euro) in Zusammenhang mit der Errichtung einer GmbH mit einem einzigen Gesellschafter in Ihrem Land?

Die Rechtsberatungsgebühren richten sich in der Regel nach dem Zeitaufwand der Rechtsberater. Insbesondere in Konzernstrukturen ist der Bedarf an Rechtsberatung hoch. Sie liegen in der Regel um ein Vielfaches höher als die unter 5. genannten Kosten.

8.     Wie hoch sind die durchschnittlichen Rechtsberatungskosten (in Euro) in Zusammenhang mit der Errichtung einer Aktiengesellschaft mit einem einzigen Gesellschafter in Ihrem Land?

Die Rechtsberatungsgebühren richten sich in der Regel nach dem Zeitaufwand der Rechtsberater. Insbesondere in Konzernstrukturen ist der Bedarf an Rechtsberatung hoch. Sie liegen in der Regel um ein Vielfaches höher als die unter 6. genannten Kosten.

9.     Wie hoch sind Ihrer Erfahrung/Kenntnis nach die Gesamtmehrkosten bei der Errichtung einer GmbH mit einem einzigen Gesellschafter im EU-Ausland im Vergleich zur Errichtung eines solchen Unternehmens in Ihrem eigenen Land?

Ich weiß es nicht.
Sie liegen wesentlich über denen in unserem eigenen Land.
Deutschland / Frankreich

10.  Wie hoch sind Ihrer Erfahrung/Kenntnis nach die Gesamtmehrkosten bei der Errichtung einer Aktiengesellschaft mit einem einzigen Gesellschafter im EU-Ausland im Vergleich zur Errichtung eines solchen Unternehmens in Ihrem eigenen Land?

Ich weiß es nicht.
Sie liegen wesentlich über denen in unserem eigenen Land.
Deutschland / Frankreich

11.  Wie hoch sind Ihrer Erfahrung/Kenntnis nach zusätzlichen Rechtsberatungskosten bei der Errichtung einer GmbH mit einem einzigen Gesellschafter im EU-Ausland im Vergleich zur Errichtung eines solchen Unternehmens in Ihrem eigenen Land?

Ich weiß es nicht.
Auch diese können erhebliche Ausmaße erreichen, auch im Vergleich zu den Kosten in Deutschland.
Deutschland / Frankreich

12.  Wie hoch sind Ihrer Erfahrung/Kenntnis nach die zusätzlichen Rechtsberatungskosten bei der Errichtung einer Aktiengesellschaft mit einem einzigen Gesellschafter im EU-Ausland im Vergleich zur Errichtung eines solchen Unternehmens in Ihrem eigenen Land?

Ich weiß es nicht.
Auch diese können erhebliche Ausmaße erreichen, auch im Vergleich zu den Kosten in Deutschland.
Deutschland / Frankreich

 

IV. Gegenstand – Mögliche Initiative zu Kapitalgesellschaften mit einem einzigen Gesellschafter

1.     Sollte die mögliche Initiative einfache Regeln für die Online-Eintragung von Unternehmen mit einem EU-weit einheitlichen Eintragungsformular umfassen?

Nein.

Die Online-Eintragung gefährdet die für ein erfolgreiches unternehmerisches Umfeld notwendige Rechtssicherheit. Gerade für KMU bedeutet die im Zusammenhang mit der formalisierten Gründung erfolgende rechtliche Beratung, die über erhebliche (Haftungs-)Risiken für den Gesellschafter aufklärt und insbesondere die persönliche Situation des Gesellschafters (Erbrecht, Güterrecht) mit in Betracht zieht, einen erheblichen Mehrwert.

2.     Sollte die mögliche Initiative einfache Regeln für die Online-Errichtung von Zweigstellen im EU-Ausland über die zentrale Verbindungsplattform der nationalen Unternehmensregister umfassen?

Nein.

Eine Online-Verknüpfung ist abzulehnen, solange die Qualität der in den nationalen Registern gespeicherten Informationen so unterschiedlich ist. Eine automatische Verknüpfung droht die Qualität der Register, in die Informationen besonders sorgsam eingespeist werden, auf Kosten der Rechtssicherheit erheblich zu verschlechtern. Beeinträchtigungen der Rechtssicherheit erhöhen den Beratungs- und Nachforschungsaufwand und führen unmittelbar zu einer Steigerung der Transaktionskosten für Unternehmen.

3.     Sollte die mögliche Initiative den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestkapitalbetrag für die Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter vereinheitlichen?

Nein.

Die Frage des Mindestkapitals sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben. De facto haben die meisten Mitgliedstaaten Anforderungen an das Mindestkapital bereits erheblich abgesenkt und aneinander angenähert.

4.     Sollte die mögliche Initiative Regeln für Ausschüttungen/Dividendenzahlungen in dem Fall umfassen, in dem ein Unternehmen nach der Ausschüttung/Dividendenzahlung nicht mehr in der Lage wäre, seine Schulden zu bedienen?

Nein.

Es handelt sich hierbei um Fragen des Insolvenzrechts, die in Einklang mit den bestehenden Insolvenzrechtsordnungen der Mitgliedstaaten stehen müssten. Eine rechtsformspezifische Regelung insolvenzrechtlicher Fragestellungen ist abzulehnen.

5.     Sollte die mögliche Initiative bei einem Mindestkapital von mehr 1 Euro Regeln für den Einspruch von Gläubigern gegen eine erhebliche Kapitalherabsetzung umfassen?

Nein.

Die Frage des Einspruchsrechts von Gläubigern ist unabhängig von dem Erfordernis eines bestimmten Mindestkapitals. Das ausgewiesene Stamm- oder Grundkapital einer GmbH bzw. AG bedeutet einen Schutz für die Gläubiger dieser Gesellschaft. Jede Herabminderung dieses Kapitals ist für die Gläubiger daher grundsätzlich nachteilig. Wie das Mindestkapital, sollte die Regelung des Gläubigerschutzes den Mitgliedstaaten überlassen bleiben.

6.     Sollte die mögliche Initiative Regeln für die Verlegung des Firmensitzes umfassen?

Nein.

Regelungen für die Verlegung des Satzungssitzes sollten nicht rechtsformspezifisch ausgestaltet werden. In jedem Fall sollte auch mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH (VALE) die isolierte Verlegung des Satzungssitzes nicht ermöglicht werden, um die mit Briefkastengesellschaften verbundenen Gefahren zu vermeiden. In jedem Fall müsste sich eine Regelung an der für die SE gefundene Regelung orientieren.

7.     Sollte die mögliche Initiative bei Erhöhung der Zahl der Gesellschafter einer bisherigen GmbH mit einem einzigen Gesellschafter den Rückgriff auf nationale Gesetze durch Umwandlung der Gesellschaft in eine Gesellschaft mit einer anderen nationalen Unternehmensrechtsform vorsehen?

Nein.

Gegen die Aufnahme einer solchen Regelung spricht die Gefahr, dass die „Ein-Personen-Gesellschaft“ als Durchgangsstadium missbraucht wird, um anschließend die Rechtsform einer national etablierten Gesellschaftsform zu wählen. Sofern eine Regelung aufgenommen wird, muss sie daher sicherstellen, dass für die Gründung der nationalen Rechtsform vorgesehenen Anforderungen im Zuge der Umwandlung stets zu beachten sind.

8.     Sollte die mögliche Initiative eine Beschränkung der Zahl von GmbH mit einem einzigen Gesellschafter vorsehen, die eine einzige natürliche oder juristische Person errichten darf?

Nein.

Eine solche Beschränkung ist schwer kontrollierbar und leicht zu umgehen (Treuhandverhältnisse; Abtretung der Anteile).

9.     Sollte die mögliche Initiative Sonderregeln für KMU umfassen, die die Errichtung von GmbH mit einem einzigen Gesellschafter für sie leichter und billiger machen würde als für größere Unternehmen?

Nein.

Die meisten Mitgliedstaaten sehen bereits heute eine vom eingesetzten Kapital abhängige Gebührenstaffelung vor, deren Höhe nationalen Besonderheiten Rechnung trägt und sich in ein umfassendes Gebührensystem einfügt. Weitere Sonderregelungen auf europäischer Ebene stören das Regelungsgefüge und erweisen sich bei Änderungsbedarf als schwerfällig.

10.  Sollte die mögliche Initiative eine neue gemeinsame Abkürzung (wie etwa SEUP – Societas Europea UniPersonam) für alle Kapitalgesellschaften mit einem einzigen Gesellschafter in der EU vorsehen, um das Vertrauen in „ausländische“ Unternehmensrechtsformen zu stärken?

Ich weiß es nicht.

Das Vertrauen des Rechtsverkehrs in eine Unternehmensrechtsform hängt weniger von ihrer Bezeichnung als von den von ihr tatsächlich gewährleisteten Gläubigerschutz ab.

11.  Sollte die mögliche Initiative nicht nur für GmbH mit einem einzigen Gesellschafter, sondern auch für Aktiengesellschaften mit einem einzigen Gesellschafter gelten?

Nein.

Aktiengesellschaften mit einem einzigen Gesellschafter sind sehr selten, würden aber besondere Regelungen erforderlich machen, die eine an KMU ausgerichtete Initiative überfrachten würde.

 

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